Rotenburger Stadtrat bleibt beim Namen Lent

Rotenburg - Von Michael Krüger. Während vom Pferdemarkt markige Worte heraufdonnern, ist für die Rotenburger Politik alles gesagt. Nur die Grünen melden sich noch einmal zu Wort, am Ergebnis ändert das aber nichts: Der Rotenburger Stadtrat hat mit großer Mehrheit seine Empfehlung vom September, am umstrittenen Namen der Lent-Kaserne festzuhalten, erneuert.
Jochen Richert gefällt das nicht. Der zweite Vorsitzende des Kreisverbandes der Linken und Sprecher vom „Unabhängigen Rotenburger Bündnis aller Parteien, Verbände und Bürger zur Umbenennung der Lent-Kaserne“ hat eine Demonstration zeitgleich zur Ratssitzung am Donnerstagabend angemeldet. Vertreter der Linken sind dabei, der Grünen, Teile der Wähler-Initiative Rotenburg (WIR) und ein paar Bürger. „Viele Rotenburger teilen diesen Beschluss nicht – auch wenn sie heute nicht hier sind“, meint Richert. „Das Abstimmungsergebnis im Rotenburger Stadtrat hat aufgezeigt, dass die Ratsherren einem hitlertreuen NS-Offizier mit blutiger Vergangenheit die Ehre erweisen wollen, die Rotenburger Kaserne nach ihm weiterhin zu benennen“, poltert der Hassendorfer.
Eigentlich wollte sich der Stadtrat nicht noch einmal mit dem Thema befassen. „Wir haben das Thema ausgiebig erörtert“, sagt Eike Holsten (CDU). Die Debatte sei nur noch einmal von außen hereingetragen worden. Tatsächlich hatten die Verwaltung drei Petitionen erreicht. Auch der Autor Jakob Knab aus Kaufbeuren hat sich wiederholt für die Umbenennung eingesetzt, war damit aber mehr oder weniger abgeblitzt. Knab beschwerte sich daraufhin beim niedersächsischen Innenministerium, da die Stadt seine Petition „nach Kenntnisnahme durch den Verwaltungsausschuss“ nicht weiter behandeln wollte. Der Hinweis der Kommunalaufsicht an die Verwaltung, das Thema im Rat nach dem erstmaligen Beschluss im September erneut zu behandeln, folgte. Vergangene Woche hatte der Verwaltungsausschuss bei zwei Enthaltungen für die erneute Empfehlung plädiert.
Nun also noch einmal der Stadtrat – allerdings bei sechs Gegenstimmen und fünf Enthaltungen. Die Grünen und Rotenburgs SPD-Chef Frank Grafe stimmten dieses Mal nicht dafür. Grünen-Fraktionssprecherin Elisabeth Dembowski begründete diese Haltung mit neuen Erkenntnissen und den Vorfällen um rechtsradikales Gedankengut in Kasernen. „Kasernennamen sollten frei sein von Altlasten der NS-Zeit.“ Inhaltlich gibt es dennoch während der Ratssitzung keine größeren Debatten mehr.
Wohl aber vor dem Rathaus. Richert und seine Mitstreiter attackieren dabei auch die Rotenburger Politik direkt, insbesondere Bürgermeister Andreas Weber (SPD) und Landrat Hermann Luttmann (CDU). Richert sieht einen „braunen Sumpf“ in der Kreisstadt: „Die meisten Ratsmitglieder schlichen nach der Sitzung durch den Hinterausgang aus dem Rathaus, um den diskussionsfreudigen Demonstranten auf dem Pferdemarkt aus dem Wege zu gehen. Es würde mich nicht wundern, wenn diese braunen Köpfe, die für einen NS-Offizier gestimmt haben, auf die Idee kommen würden, die Große Straße in Rotenburg wieder in Adolf-Hitler-Straße umzubenennen, wie sie bis 1945 hieß. Ein braunes Image hat Rotenburg nicht verdient.“ CDU-Sprecher Holsten bezeichnet diese Äußerungen als respektlos. „Unappetitlicher geht es nicht.“ Dieses Gebaren müsse man sich nicht gefallen lassen. Bürgermeister Weber allerdings bleibt ruhig. „Ich habe mittlerweile so ein dickes Fell, dass ich auch das ertrage.“ Die drei Petitionen enthielten keine neuen Erkenntnisse zu Lent, alle wissenschaftlichen Arbeiten führten zu dem Schluss: „Lent war kein Nazi.“ Und deswegen habe es auch den demokratischen Beschluss im Rat gegeben.
Neben dem Stadtrat hatten sich auch die Soldaten der Lent-Kaserne selbst und der Kreistag für eine Beibehaltung des Namens ausgesprochen. Doch alles sind nur Empfehlungen. Denn in der Frage, ob der 1944 gestorbene Wehrmachtspilot der NS-Zeit, Helmut Lent, nach dem die Kaserne 1964 benannt worden war, noch „sinnstiftend“ für die Bundeswehr ist, entscheidet allein das Bundesverteidigungsministerium um Ministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie wolle auf das Votum vor Ort hören, hieß es stets. Aber das Ministerium teilt mit: „Ein Ergebnis des Meinungsbildungsprozesses am Standort Rotenburg liegt bisher nicht vor. In der Zwischenzeit gefasste Beschlüsse der Kommune sind bekannt, stellen aber nicht den Abschluss des Prozesses dar.“