Interview: Über mutig rockende Frauen

Reinhard „Luffy“ Lüdemann und Bobby Meyer widmen sich in ihrem Infotainment-Format „Talking ‘bout my Generation” dem Thema „Starke Frauen“.
Rotenburg – Beatles, Stones, Pink Floyd oder Hurricane Festival – das Infotainment-Format „Talking ‘bout my Generation” von Reinhard „Luffy“ Lüdemann und Bobby Meyer hat Kultcharakter. Nun haben sich die beiden Musikkenner das Thema „Starke Frauen” vorgenommen, das am Sonntag im Rotenburger Kantor-Helmke-Haus zu erleben sein wird. Im Interview vorab sprechen sie über bewegende Lebensgeschichten, weibliches Empowerment und die Frauenquote bei Festivals.
„Frauen in Rock“ – wenn Sie das Thema Ihrer neuen Ausgabe von „Talking ‘bout my Generation“ erwähnen, wie oft folgt dann ein Witz?
Meyer: Witze eher nicht, aber schon die ein oder andere Nachfrage: „Frauen in oder im Rock?“ Das werden wir in unserem Trailer zum Einstieg ins neue Programm sogar thematisieren.
Lüdemann: Auf die Anfrage vom VHS-Leiter Michael Burgwald, ob wir etwas zu deren Semesterthema „Starke Frauen“ machen wollen, war meine erste Reaktion: „Und was sollen ausgerechnet wir dazu beitragen?“ Nach einer Nacht drüber schlafen haben wir zugesagt und in Anlehnung an das Deep-Purple-Album „In Rock“ stand auch ziemlich schnell der Titel.
Die Veranstaltung
Talking ‘bout my Generation – Starke Frauen in Rock” startet am Sonntag, 26. Februar, um 17 Uhr im Auditorium des Kantor-Helmke-Hauses, der Eintritt beträgt acht Euro. Karten sind im Vorverkauf bei der VHS und dem Info-Büro der Stadt sowie an der Abendkasse erhältlich.
...ihres elften musikalischen Infotainment-Programms. Waren Sie bei den Vorbereitungen zu vorherigen Programmen schon gelegentlich auf „Frauen in der Musik“ gestoßen?
Lüdemann: Nein, von allein hätten wir das wohl Thema eher nicht gemacht. Aber es purzelten sofort die Namen und Ideen.
Meyer: ...auch bei den Leuten, mit denen wir darüber gesprochen haben – interessanterweise fiel allen etwas anderes ein. Das werden wir vielleicht am Sonntag auch mit dem Publikum testen.
Welche Namen waren denn bei Ihnen als erstes im Kopf?
Meyer: Mir ist sofort Janis Joplin eingefallen, obwohl das vor meiner Zeit war. Die Single „Me and Bobby McGee“ lief bei uns zuhause rauf und runter, meine sechs Schwestern haben sie so oft gehört, dass mein Vater sie irgendwann zerbrochen hat – deshalb hoffe ich darauf, dass sie an dem Abend jemand aus dem Publikum mitbringt.
Lüdemann: Da gibt es so viele Namen: Tina Turner, Patty Smith, Inga Rumpf, Joni Mitchell, Joan Baez, später Nina Hagen. Oder auch Carole King, die hat jahrelang für andere Songs geschrieben und sich erst spät selbst rausgewagt; eine Art Empowerment, genau wie bei Tina Turner.
Wobei King, Baez oder Mitchell ja nicht gerade der Kategorie „Rock“ zuzuordnen sind.
Lüdemann: Ja, da liegt unser Fokus eher auf den „starken Frauen“ als auf dem musikalischen Genre. Mitchell und Baez waren oft Vorbilder für große Bands, nicht nur musikalisch. Joan Baez hat mehr Haltung gezeigt als Bob Dylan und viele andere Männer, ist in Kriegsgebiete gereist.
Meyer: Das Kriterium für uns war eher, wer uns oder andere beeindruckt hat. Mitchell hat musikalisch Bands wie Crosby, Stills and Nash geprägt.
Wie haben Sie Ihre Auswahl eingegrenzt? Große aktuelle Namen wie Beyoncé, Rihanna, Adele oder Miley Cirus sind noch gar nicht gefallen.
Lüdemann: Wie immer bei unseren Programmen geht es um unseren persönlichen Zugang. Als Faustregel gehen wir von unseren musikalisch prägenden 1970er-Jahren aus, plus zehn Jahre. Aber es geht auch um Lebensgeschichten. Und da gibt es so viel Material, das uns beim Sichten zu Tränen be- und gerührt hat, dass es fast schade ist, sich auf einige wenige inspirierende Beispiele zu beschränken.
Meyer: Ja, und man entdeckt bei der Beschäftigung immer wieder Neues – wie die reine Frauenband „Fanny“ – die ist 1973 glatt an mir vorbei gegangen. Wobei: Bei den Festivals 1973 und 1977 in Scheeßel stand wohl keine einzige Frau auf der Bühne, aber auch bei heutigen Festivals wie beim Hurricane sind Frauen eher weniger repräsentiert.
Woran liegt das, gerade, wenn man sich die Zahl der Musikschülerinnen sowohl im instrumentalen Bereich als auch am Mikro vergegenwärtigt? Da sind eher Jungs in Unterzahl.
Lüdemann: Das hat wohl mit den Rollenklischees und dem Frauenbild der Zeit zu tun. Wenn man bedenkt, dass Frauen bis in die 1970er nur mit der schriftlichen Erlaubnis des Ehemanns arbeiten gehen konnten, sind die Leistungen der Frauen umso größer einzuschätzen.
Meyer: Die Rockwelt der Männer mit Groupies und allem war wohl von damals ganz normalen Hierarchien geprägt.
Befürworten Sie eine Frauenquote auf Festivals, zu der sich beispielsweise das Reeperbahn Festival, nicht aber das Hurricane verpflichtet hat?
Meyer: Warum nicht? Mehr Chancengleichheit ist immer gut, und letztendlich geht es unabhängig vom Geschlecht ja um Professionalität.
Lüdemann: Ich kann mit Quoten wenig anfangen. Ich würde mir wünschen, dass das von allein in den Köpfen passiert und es keine Unterscheidung gibt, ob die Musik von Männern oder Frauen gemacht wird – Hauptsache es ist gute Musik.
Und warum wird ausgerechnet bei diesem Abend keine Frau den Part der Live-Musik übernehmen?
Lüdemann: Wir haben keine gefunden.
Haben Sie gesucht?
Meyer: Nein (lacht). Mit Thomas Voss sind wir halt ein eingespieltes Team, wo jeder weiß, worum es geht.
...nämlich ein in der Gemeinde Scheeßel verwurzeltes Team, dass ein neues Programm erstmals nicht im Beekeort, sondern in Rotenburg präsentiert…
Lüdemann: Ja, da das Programm mit den Zuschauern steht und fällt, ist das Stammpublikum in Scheeßel normalerweise schon eine beruhigende Bank. Allerdings haben sich viele schon für das Kantor-Helmke-Haus angemeldet.
Meyer: Wir hoffen, einen großen Bogen zu schließen – und wenn wir das Gefühl haben, dass es richtig gut war, machen wir es woanders nochmal.