Hubschrauberflug ab Rotenburg: Bundesanstalt misst Torfdichte Gnarrenburger Moore

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe nimmt die Moore südlich von Bremervörde unter die Lupe. Dabei kommen ein Hubschrauber und eine torpedoförmige Sonde zum Einsatz, die elektromagnetische Felder entstehen lässt.
Rotenburg/Gnarrenburg – Als der Hubschrauber vom Grün des Rotenburger Flugplatzes abhebt, ist die Geräuschkulisse groß. Der Wind der Rotorblätter haut in die Augen der wenigen Beobachter, die dabei zusehen, wie die rote Sikorsky S-76B mit langer Kabelage und Messsonde in den Himmel aufsteigt. Für die Fotografen dreht der Pilot zwei Runden und verschwindet dann über den Bäumen der Kaserne in Richtung Norden.

Das eigenwillige Gespann gehört der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Sie wird mit dem zehn Meter langen Gerät, das optisch ein wenig an einen Torpedo erinnert, in den kommenden zwei Wochen Moore rund um Gnarrenburg unter die Lupe nehmen. Wobei „Lupe“ irreführend simpel klingt: Die Technik, im und unterm Hubschrauber ist hochkomplex. „Das Gerät sendet ein elektromagnetisches Feld aus, das in den Boden dringt. Ein Sensor misst, welche Signale zurückkommen. Wir ermitteln das Verhältnis von dem, was reingeht und wieder rauskommt“, erklärt Bernhard Siemon. Je nach Bodenbeschaffenheit können die Experten so über die Zusammensetzung der Erde bis hin zu 150 Metern Tiefe treffen – die Methode wird normalerweise zum Beispiel dafür genutzt, Grundwasser zu finden.
Natürlich hat sich der Zustand der Moore seit den 70er-Jahren gewandelt.
Vor drei Jahren kam das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) auf Siemon zu, um zu fragen, ob sich das Verfahren nicht auch dazu eigne, die niedersächsischen Kollegen bei der neuerlichen Moorkartierung zu unterstützen. Immerhin sei ein guter Teil der vorliegenden Daten zu den Gebieten vor Jahrzehnten entstanden, weiß Siemon. „Und natürlich hat sich der Zustand der Moore seit den 70er-Jahren gewandelt“, fügt er hinzu. Zuerst war der Physiker skeptisch, weil die sogenannten aeroelektromagnetischen Erkundungen auf ganz andere Tiefen ausgelegt sind als die wenigen oberen Meter, die von Mooren eingenommen werden. „Aber doch, es geht, sogar überraschend gut“, weiß Siemon jetzt.
Das nun mit entsprechenden Daten zu untermauern, ist Aufgabe des Forschungsprojekts „D-AERO-Moore“, in dessen Rahmen die Befliegung nun stattfindet. „Das Projekt dient dazu, regional einsetzbare Methoden zu entwickeln, um Ausdehnung und Mächtigkeit von Mooren noch schneller und präziser erfassen zu können“, fasst das BGR in der hauseigenen Pressemitteilung zusammen. Im Kern geht es dabei um die Ausprägung und Dichte von Torfen.

Und so fliegt der rote Hubschrauber nun bis zu zweimal täglich im Bereich zwischen Bremervörde und dem Teufelsmoor – in der Regel so, dass die Sonde in 30 bis 40 Metern Höhe ihre Aufgaben wahrnehmen kann. Bei Hindernissen wie Strommasten oder Häusern werden andere Höhen erforderlich: Die elektromagnetischen Störfaktoren beeinflussen das Signal. Also geht es auch mal etwas höher über das Gebiet. Meist mit einer Geschwindigkeit von 140 Stundenkilometern – also viel effektiver als es Bodenmessungen je sein könnten. „Das sind ja im Prinzip nur Nadelstiche“, sagt der Physiker. Und dennoch müssen die Experten gelegentlich auf traditionellere, quasi bodenständigere Verfahren zurückgreifen – allerdings auch dort unterstützt durch tragbare Geräte zur Erzeugung elektromagnetischer Felder.
Ebenfalls im Flieger an Bord: ein Gammastrahlenspektrometer, mit dem die natürliche Strahlung des Bodens gemessen wird. „Die Biomasse des Moors und das Wasser nehmen diese Strahlung gut auf“, erklärt Siemon. Auch das lässt Rückschlüsse auf die Moorbeschaffenheit zu. Was an Technik in dem Flieger steckt, was 40 Meter tiefer unter ihm hängt und was noch an Kleingeräten dazu kommt, dürfte laut Siemon etwa einen Gegenwert von einer Million Euro haben – so viel habe das BGR zumindest in das Projekt investiert.
Nach Ende der Flüge geht für Siemon und seine Kollegen vom BGR die eigentliche Arbeit los: Die Auswertung der umfangreichen Datensätze, die der Physiker und seine Kollegen jeweils nach der Landung direkt mehrfach kopieren, wird mindestens einen Monat in Anspruch nehmen – noch länger dauert es, bis der Bericht steht. „Das sind riesige Datenmengen“, so der Wissenschaftler. „Die meiste Zeit wird daraus bestehen, das aus den Daten heraus zu sortieren, was stört.“ Arbeit, die einen nicht unbedingt abheben lässt.