Nach Peta-Forderung: Harsche Kritik an Angelverbot

Rotenburg - Von Michael Krüger. Nachdem Rotenburgs Bürgermeister Andreas Weber (SPD) am Dienstag angekündigt hat, Angel-Angebote wegen tierschutzrechtlicher Bedenken aus dem Rotenburger Kinderferienprogramme zu streichen, hagelt es massive Kritik.
Die Tierrechtsorganisation Peta geht bundesweit gegen solche Programm vor und hatte auch der Kreisstadt mit einer Klage wegen Tierquälerei gedroht. Dass Bürgermeister Weber daraufhin gleich die Notbremse gezogen hat, um Rechtsstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen und um nicht eine Diskussion zu führen, die „nicht gewonnen“ werden könne, sorgt nun für große Debatten.
Seitdem die Kreiszeitung den Artikel veröffentlicht hat, wurden hunderte Kommentare in den sozialen Netzwerken gepostet. Einzelne Ratsmitglieder beschwerten sich, erst über die Berichterstattung von dem Vorgang zu erfahren, die meisten Leser äußerten ihren Unmut, dass die Stadt damit vor der von vielen Seiten kritisch betrachteten Tierrechtsorganisation Peta einknickt.
Angelsportverein zeigt sich enttäuscht
Andreas Heitmann, Jugendwart des Angelsportvereins Wümme, mit dem die Kurse in Kooperation durchgeführt wurden, meinte: „Ich bin entsetzt! Das darf nicht wahr sein, wir vom Verein versuchen, der Jugend etwas über die Gewässer und deren Bedeutung für uns alle nahe zu bringen, und dann wird es abgesagt. Ich bin enttäuscht, dass unser Bürgermeister so schnell einknickt.“
In einer offiziellen Erklärung teilte der Angelverein zudem mit, dass die Peta-Vorwürfe „ein Schlag ins Gesicht eines jeden Anglers unserer Stadt“ sind. In der Vereinssatzung sei schließlich festgehalten, dass die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege an erster Stelle stehen. Seit Jahrzehnten setzen sich bundesweit Angler für Renaturierungen und verbesserte Lebensbedingungen am Wasser ein.
Der Verantwortung gegenüber Tieren bewusst
Damit stellen die Petrijünger einen der größten Naturschutzverbände Deutschlands, so der Vereinsvorsitzende Bastian Mengel. Seit vielen Jahre bringe man den Kindern der Kreisstadt die Natur im und am Wasser näher. Nur so lasse sich das Bewusstsein für die Bedeutung schärfen. Zum Angeln gehöre eben auch die Entnahme und das Töten des Fisches. Dazu seien die Angler in Deutschland ausgebildet und seien sich der Verantwortung dem Tier gegenüber bewusst.
Mengel: „Ist es nicht sinnvoll, dass auch Kinder wissen, wo ein Nahrungsmittel herstammt und dass sie ihre Freizeit in der Natur verbringen?“
Harte Kritik kommt auch von der CDU in Rotenburg. „Wir sind völlig fassungslos“, kommentierte der Gemeindeverbandsvorsitzende Eike Holsten im Namen seiner Stadtratsfraktion die Entscheidung von Weber. „Der Bürgermeister hätte in unseren Augen gut daran getan, derlei Unsinn dieser Aktivisten schlicht zu ignorieren und den anerkannten Naturschützern unsere Stadt sinnbildlich nicht derart heftig vor das Schienbein zu treten“, meinte Holsten.
„Angeln ist gelebter Naturschutz“
Seine Fraktionskollegin und Sprecherin im Umweltausschuss, Franziska Kettenburg, ergänzte in der CDU-Mitteilung: „Angeln ist gelebter Naturschutz. Wir können der Auffassung des Bürgermeisters nur massiv widersprechen, dass eine Auseinandersetzung auf diesem Feld nicht zu gewinnen sei. Unsere politische Unterstützung für diese Auseinandersetzung hätte er gehabt“, so Kettenburg.
Und auch ihr Fraktionskollege Frank Peters von den Freien Wählern zeigte sich irritiert. „Das erinnert etwas an die Debatte 1. Mai. Der Bürgermeister entscheidet, und die Politik in Gänze wird in Sippenhaft genommen. Zumindest das bürgerliche Lager im Stadtrat kann über diese vermeintliche Haltung des Herrn Weber nur den Kopf schütteln.“
Unverständnis bei FDP-Landtagsabgeordneten
Auch der Sottrumer FDP-Landtagsabgeordnete Jan-Christoph Oetjen sprach von „völligem Unverständnis“ über die Absage der Angel-AG des Kinderferienprogramms durch den Rotenburger Bürgermeister. Oetjen: „Ich kann nicht verstehen, warum diese sinnvolle Institution abgesagt wird, nur weil ein paar weltfremde, militante Tierschützer von Peta diese kritisieren.“
Mit der Angel-AG würden seit über 20 Jahren Kinder und Jugendliche an die Natur herangeführt und lernten, dass Nahrungsmittel aus der Natur stammen und nicht vom Himmel fallen, argumentiert der FDP-Landtags- und Kreistagspolitiker. Nach seiner Ansicht gebe es bereits heute eine starke Entfremdung der Jugend von der Natur.
Entscheidung sollte zurückgenommen werden
„Hier entgegenzuwirken ist sinnvoll. Die Entscheidung der Stadt Rotenburg ist daher kontraproduktiv“, so der Freidemokrat. Oetjen appelliert an die Stadtverwaltung, die Entscheidung rückgängig zu machen. Dass das möglich sein könnte, sieht auch der Angelsportverein so. Der Vorsitzende Mengel: „Wir werden zeitnah das Gespräch mit der Stadt suchen und versuchen mit den Verantwortlichen an den Tisch zu kommen. Wir gehen davon aus, dass zu diesem Thema noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.“
In Scheeßel übrigens, wo es ebenfalls Angelangebote im Kinderferienprogramm gibt, zeigt man sich deutlich entspannter. Bürgermeisterin Käthe Dittmer-Scheele (CDU) sagte, dass sie sich mit dem Thema noch nicht näher befasst habe. Auch habe es bislang keinen Kontakt zu Peta gegeben. Letztlich sei es die Entscheidung der Eltern, ihre Kinder in die Kurse der Vereine zu schicken. „Es wird ja niemand dazu gezwungen.“
+++Aktualisierung+++
Nach der massiven Kritik lenkte Bürgermeister Andreas Weber ein: Die Wissensvermittlung rund um Fische und das Angeln soll doch im Rotenburger Kinderferienprogramm bleiben.
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