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Das geschenkte zweite Leben: Fred Krüger spendet Stammzellen

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Von: Heinz Goldstein

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Fred Krüger
„Hier kann ich gefahrlos Leben retten“, sagt Fred Krüger über die Stammzellenspende. Sein Einsatz half Felix Hohmeyer, zu überleben. © Goldstein

Rotenburg – Lebensretter werden ist gar nicht so schwer: Das weiß auch der Rotenburger Kontaktbeamte Fred Krüger. Er hat Stammzellen gespendet und damit dem an Leukämie erkrankten Felix Hohmeyer eine Chance gegeben, zu überleben. Ein Gespräch über Motivation und Emotion.

Rotenburg – Die Diagnose war ein Schock für Felix Hohmeyer: Blutkrebs. Das Glück des Bielefelders ist, dass sich über die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) schnell ein Stammzellenspender findet. Der kommt aus Rotenburg: Der Kontaktbeamte der örtlichen Polizeiinspektion Fred Krüger ist bei der DKMS registriert und bekommt so die Möglichkeit, einem Fremden das Leben zu retten.

15 Jahre ist es her, dass Krügers Daten Teil der Datei geworden sind. Der zur Typisierung dienende Wangenabstrich führte im März 2020 zur Stammzellenspende an den zunächst noch anonymen Empfänger. Nach Ende einer zweijährigen Sperrfrist hat sich der 56-Jährige nun mit dem an Leukämie erkrankten Hohmeyer getroffen. Im Gespräch mit der Rotenburger Kreiszeitung erzählen der Spender und sein „genetischer Zwilling“ über Krankheit, Emotionen sowie Motivationen vor und nach der Transplantation.

Stammzellenspende als einzige Rettung

Hohmeyer erinnert sich noch gut an den Moment, als bei ihm Leukämie diagnostiziert worden war und an den Weg dorthin. „Bereits im Sommer 2019 litt ich an Kurzatmigkeit und ich fühlte mich bei den kleinsten körperlichen Tätigkeiten erschöpft. Ich konnte nicht mal mehr eine Kiste Wasser vom Auto ins Haus tragen“, schildert der Bielefelder seinen damaligen gesundheitlichen Zustand. Anfang Dezember sei er dann zum Hausarzt gegangen und habe sich untersuchen lassen. Weil seine Blutwerte nach der Analyse katastrophal waren, schickte der Arzt den Bielefelder zu weiteren Untersuchungen in eine Klinik nach Gütersloh. Dort stellten die Ärzte Ende Januar 2020 die schockierende Diagnose, dass Hohmeyer Blutkrebs hat.

Seine einzige Rettung, sein Weg zum Überleben und Gesunden, sei eine Stammzellenspende eines „genetischen Zwillings“, hieß es seitens der Fachärzte. „,Zumindest eine Überlebenschance‘, schoss es mir damals durch den Kopf“, sagt Hohmeyer heute. Zunächst unterzog er sich einer Chemotherapie, aber die habe bei seiner Diagnose keine Aussicht auf Erfolg gehabt.

Seit 2007 bei der DKMS

Als letzte Hoffnung hat sich der damals 38-jährige mit seinen Analyse-Werten im Februar 2020 bei der DKMS als Leukämiekranker, der Stammzellen benötigt, registrieren lassen. Dort laufen die Daten von potenziellen Spendern und Erkrankten zusammen. „Ich hatte großes Glück: Es wurde mir bereits nach kurzer Zeit ein passender Spender aus Deutschland angekündigt.“

Da kam Polizist Fred Krüger ins Spiel. „Ich bin seit 2007 bei der DKMS registriert. Mir ist es wichtig, Menschen zu helfen. Hier kann ich gefahrlos Leben retten. Das ist meine Motivation und Überzeugung“, so der Kontaktbeamte. Ende März seien dann die Stammzellen unter strengen gesundheitlichen Bedingungen und hygienischen Auflagen in einer Kölner Klinik aus seinem Blut gefiltert worden. „Viele Menschen haben Angst vor einer Knochenmarkentnahme. Die wird in den seltensten Fällen vorgenommen. Aber bei mehr als 90 Prozent der Spenden werden die Stammzellen, so wie bei mir, aus dem Blut gefiltert. Das ist schmerzlos und in fünf Stunden ist man damit durch“, erklärt Krüger.

Alles, was mich in Kontakt zu Keimen bringen konnte, war tabu. Bereits ein Keim im Zimmer wäre mein Todesurteil gewesen.

Felix Hohmeyer

„Ich als Stammzellenempfänger habe eine schwere Zeit mit Hoffnung und Zweifel durchgemacht. Aber es hat sich am Ende gelohnt“, sagt Hohmeyer zurückblickend. „Nachdem mein Immunsystem platt gemacht worden ist, um eine Abwehrreaktion meines Körpers zu vermeiden, sind die Stammzellen durch Infusion in meinen Blutkreislauf gebracht worden“, erläutert der Empfänger. Das Schlimmste an der gesamten Prozedur seien aus seiner Sicht die vier Wochen Isolation. „Die einzigen Kontakte waren über eine Schleuse vier Mal am Tag das Pflegepersonal. Ansonsten durfte man sich nicht einmal Lektüre ins Zimmer bringen lassen. Alles, was mich in Kontakt zu Keimen bringen konnte, war tabu. Bereits ein Keim im Zimmer wäre mein Todesurteil gewesen.“

Die Gedanken an seine Lebensgefährtin, seine neunjährige Tochter und sein elfjähriger Sohn aus erster Ehe und die Vorstellung, dass er alle in wenigen Wochen wieder in die Arme schließen kann, hätten ihm geholfen, immer neuen Mut zu fassen. „Mit einfachen Worten: Ich habe mich auch wegen meiner Familie nie aufgegeben.“

Mit der Angst im Nacken

Letztendlich hat es mehr als fünf Wochen gedauert, bis seine Werte gut genug waren, um nach Hause entlassen zu werden – anfangs immer noch mit der Angst im Nacken, dass sich doch noch Abwehrreaktionen durch falsche Ernährung oder Kontakt mit Pflanzen oder Tieren zeigen. Psychisch sei das eine schwere Zeit gewesen. Nicht nur für ihn, sondern auch für seine Lebenspartnerin. Glücklicherweise sei es nach der Behandlung aber schnell wieder bergauf gegangen.

In dieser Zeit hat auch der erste anonyme Schriftverkehr über die DKMS als Vermittler mit Spender Krüger begonnen. Nach zwei Jahren, im Frühjahr 2022, war die Sperrfrist aufgehoben und schnell war telefonisch ein Treffen in Norden an der Nordseeküste vereinbart. Der Kontakt hält seitdem an. Beiden bleibt der Moment besonders in Erinnerung, als sie sich das erste Mal umarmten. „Es sind auf beiden Seiten viele Freudentränen geflossen“, erklären der Spender und der Empfänger. Dieses Gefühl lasse sich nicht mit Worten beschreiben, sind sie sich einig. „Für mich war und ist es überwältigend, jemanden kennenzulernen, der sich wissentlich dazu entscheidet, einem fremden Menschen das Leben zu schenken“, so Hohmeyer.

Jeder kann Retter werden

Krüger und Hohmeyer rufen alle Bürger aus der Region zur Teilnahme an einer Typisierungsaktion im Rotenburger Ratssaal auf. Während der „Rowdinale“ am Sonntag, 4. Juni, von 13 bis 17 Uhr können Interessierte mitmachen. Krüger und Hohmeyer werden ebenfalls anwesend sein, um Fragen zu beantworten und zur Registrierung zu motivieren.

„Blutkrebs kann jeden treffen und das sollten sich die Menschen vor Augen führen: Eine Stammzellenspende ist die letzte Chance für Patienten, die an Leukämie erkrankt sind. Spender kann jeder werden, der zwischen 18 und 55 Jahre alt ist“, betont Lebensretter Krüger.

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