1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landkreis Rotenburg
  4. Rotenburg (Wümme)

Das bedeutet die Zinswende für Sparer in der Region 

Erstellt:

Von: Lars Warnecke

Kommentare

Haushalte, die „Geld übrig haben“, können damit jetzt wieder Zinsen erzielen.
Haushalte, die „Geld übrig haben“, können damit jetzt wieder Zinsen erzielen. © Warnecke

Fonds, ETFs oder das gute alte Sparbuch – spätestens seit der Energiekrise sind die Sparer verunsichert, ob und wo sie ihr Geld noch anlegen sollen. Was aber bedeutet die Zinswende für Anleger aus dem Landkreis und wie viel ist der Sparstrumpf noch wert? Die Banken der Region wissen mehr.

Rotenburg – Die Zeiten sind unsicher, und das wissen auch die Anleger. Die sogenannte Zinswende im vergangenen Jahr hat die Aktienmärkte zwischenzeitlich einbrechen lassen, und auch die hohe Inflation lässt die Kosten für Energie und Lebensmittel steigen. Zwar sind die Zinsen gestiegen, aber dennoch sind die Erträge auf dem Sparbuch kaum der Rede wert. Wie legen Kunden ihr Geld in diesen Zeiten also am besten an?

Bei der Sparkasse Rotenburg Osterholz weiß man: Langfristig kommt es auf die richtige Mischung des Vermögens und die Aufteilung auf mehrere Anlageklassen an; für die individuelle Aufteilung seien die eigenen Ziele, die Risikobereitschaft beziehungsweise die Renditeerwartung entscheidend. Vorstandsvorsitzender Stefan Kalt: „Für den langfristigen Aufbau und Erhalt von Vermögen gilt das Ziel, den Kaufkraftverlust durch die Inflation möglichst zu vermeiden – und das geht nicht allein über Tages-, Termingelder oder Sparguthaben.“ Für einen Teil des eigenen Vermögens könne es aber auch in diesen Zeiten durch eine geeignete Vermögensstreuung gelingen, den Kaufkraftverlust zu reduzieren.

Eigenkapital spielt wieder eine wichtige Rolle

Dass mit dem aktuellen Zinsumfeld bei den hohen Inflationsraten ein realer Werterhalt nur schwer möglich ist, sieht man auch bei der Volksbank Wümme-Wieste. Besonderes Augenmerk legt man dort auf eine dauerhafte Kapitaldienstfähigkeit bei den Finanzierungen. „Im aktuellen Marktumfeld spielt das Thema Eigenkapital wieder eine wichtige Rolle“, sagt Vorstand Matthias Dittrich. Daher erlebe der klassische Bausparvertrag wieder eine Renaissance. „Unsere Firmenkunden legen aktuell einen hohen Wert auf Liquidität und Warenbevorratung durch die bekannten Lieferengpässe; nicht notwendige Investitionen werden auf den Prüfstand gestellt und häufig auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.“

Bei der Sparkasse Scheeßel beobachtet man ein sehr differenziertes Investitionsverhalten. Vorstandsvorsitzender Jürgen Lange: „Im Zuge der Pandemie und der Ukraine-Krise haben viele Branchen einen neuen Kern gefunden, auf den es künftig aufzubauen gilt. Die Energiekrise hat bereits neue Leitplanken gesetzt, deren weiteren Verlauf es zu beobachten gilt.“ Ihm zufolge werde die Reise in den Unternehmensentwicklungen weiterhin geprägt sein vom stetigen Abwägen der Chancen und Risiken – „auf kurz-, mittel- und langfristige Sicht betrachtet.“ Ausschließlich auf weiter steigende Zinsen hoffen – und deshalb sein Geld nur sehr kurzfristig ohne nennenswerten Ertrag parken – sei aus seiner Sicht falsch. „Wie bisher gilt der Grundsatz der diversifizierten Geldanlage.“ Anlagen in Realkapital in Form von Wertpapieren würden nach wie vor die besten Ertragsalternativen versprechen, um der Geldentwertung zu trotzen.

Viele Kredite mit Niedrigzinsen vergeben

Eine krisentypische Frage, die bei jedem Zinsanstieg aufflammt: Warum werden die hohen Zinsen nicht weitergegeben beziehungsweise nur bei Krediten? Bei den drei großen Bankhäusern in der Region fallen die Antworten recht ähnlich aus. „Wir beobachten die Zinsentwicklungen und reagieren marktgerecht mit unseren Zinsanpassungen“, erklärt etwa Volksbank-Chef Matthias Dittrich. Bei der Sparkasse Rotenburg Osterholz werde indes aktuell geprüft, passende Anlageformen aufzunehmen, um so zeitnahe zu reagieren.

Banken und Sparkassen hätten in den vergangenen Jahren viele Kredite mit Niedrigzinsen vergeben, berichtet Stefan Kalt. Diese seien zur Absicherung der Kreditnehmer langfristig zugesagt worden, etwa für einen Immobilienkauf. „Für die Planungssicherheit dieser Kunden ist es gut, dass wir steigende Zinsen nicht einfach weitergeben können. Daher kann eine so schnelle und starke Leitzinserhöhung der EZB auch nicht unmittelbar zu einem Anstieg von Guthabenzinsen führen – im Zeitverlauf in Teilen aber schon. Und daran arbeiten wir.“

Jürgen Lange gibt indes zu bedenken, aus welchem Niveau der heute leicht ansteigende, aus seiner Sicht nicht hohe Zins komme: „Er wächst unter anderem aus dem Markt – und der ist zurzeit in vielerlei Hinsicht sehr strapaziert.“ Der Chef der Sparkasse Scheeßel erinnert daran, dass sein Haus die Einlagenzinsen im absoluten Zinstief nicht so weit gesenkt habe, wie es hätte müssen.

Zinswende hat bislang keine positiven Auswirkungen

Die Zinswende seit vergangenem Sommer hat bislang keine positiven Auswirkungen auf unser Guthaben bei der Bank. Warum? Der Einlagenzins ist maßgeblich für die Sparzinsen der Verbraucher. Ist er positiv, verdienen die Banken kurzfristig für ihre überschüssige Liquidität Geld. Diesen positiven Effekt sollten sie eigentlich in Form von erhöhter Verzinsung für Tagesgeld auf dem Girokonto an ihre Kunden weitergeben. Bislang hat sich da aber noch nichts getan.

Laut Matthias Dittrich würden Lockangebote von Direktbanken mit „Schaufensterzinssätzen für drei Monate“ auch gar nicht dem Anspruch der Volksbank Wümme-Wieste an eine langjährige und nachhaltige Kundenbeziehung entsprechen. „Und sie lösen auch nicht die Notwendigkeit einer qualifizierten Anlageberatung.“ Man beobachte die Zinsentwicklungen sehr genau und reagiere marktgerecht mit den Anpassungen.

Zu den ersten Kreditinstituten, die mit dem erstmaligen Anstieg der Leitzinsen das Verwahrgeld ad acta gelegt haben, gehörte die Sparkasse Scheeßel. Damit waren auch die Guthabenzinsen im mittel- und langfristigen Anlagebereich zurückgekehrt, sagt Vorstandsvorsitzender Lange. „Ich kann wirklich nur betonen: Eine 30-minütige Beratung gehört bei unseren Kunden zu den besten investierten Minuten im Jahr. Der Wert eines persönlichen Gesprächs gibt einen deutlich höheren Mehrwert als pauschale Aussagen, die sich nicht auf die persönlichen Risikoaffinitäten aller Kunden anwenden lassen.“

Auch interessant

Kommentare