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Wenn jede Minute zählt: Mobile Retter unterstützen Einsatzkräfte und Notärzte

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Von: Nina Baucke

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Patrick Blom (l.), Tobias Rosenbrock und Florian Mügge von der Einsatzleitstelle Zeven sind von dem Konzept der Mobilen Retter überzeugt.
Patrick Blom (l.), Tobias Rosenbrock und Florian Mügge von der Einsatzleitstelle Zeven sind von dem Konzept der Mobilen Retter überzeugt. © Baucke

Seit acht Monaten läuft bereits das Projekt der Mobilen Retter im Landkreis Rotenburg, mit dem die Wartezeit auf den Rettungsdienst überbrückt werden soll. 290 Menschen stehen ehrenamtlich auf Standby, wenn in ihrer Nähe ein Notfall ist.

Zeven – Patrick Blom ist auf dem Weg zur Arbeit, als sein Smartphone sich bemerkbar macht: Plötzlicher Alarm ist für den ehrenamtlichen Feuerwehrmann nichts Ungewöhnliches, doch der Signalton ist ein anderer. Es ist die App für die Mobilen Retter, und in einer Autominute Entfernung braucht ein älteres Ehepaar dringend Hilfe – es geht um Leben und Tod. An diesem Tag absolviert Blom seinen ersten Einsatz als Mobiler Retter. Es ist ein Projekt des Landkreises Rotenburg, um mit Ehrenamtlichen die regulären Einsatzkräfte zu unterstützen.

Bereits seit acht Monaten ist die App, die die Mobilen Retter alarmiert, scharf geschaltet, inzwischen sind 290 von ihnen im System, 40 weitere absolvieren derzeit die Schulung. „Das ist für uns ganz toll und sehr wertvoll“, betont Raphaela Vink, die für den Landkreis das Projekt koordiniert, bei einem Pressegespräch in der Feuerwehrtechnischen Zentrale in Zeven. Denn die Mobilen Retter können den Einsatzkräften wertvolle Minuten verschaffen: Neun Minuten braucht ein Rettungswagen durchschnittlich von der Wache zum Einsatzort, ein Mobiler Retter ist mitunter bereits in der Hälfte dieser Zeit vor Ort.

„Gerade in einem Flächen-Landkreis wie unserem spielt das eine Rolle“, sagt Tobias Rosebrock als ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Landkreis. „Herz-Kreislauf-Stillstand ist ein Klassiker für Notfälle. Da sind die ersten Minuten entscheidend, nicht nur in der Frage des Überlebens, sondern auch, was den neurologischen Ausgang betrifft.“ Aus seiner Sicht kommt das Projekt an – „die Rückmeldungen von Rettungskräften und Notärzten sind positiv“.

Es ist wichtig, dass man die Angehörigen aus dieser Situation herausholt – je früher, desto besser.

Tobias Rosebrock, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes

Und nicht nur deren: Auch wenn für den älteren Mann Bloms Hilfe trotz allem zu spät kommt, ist er von der Sinnhaftigkeit seines Engagements überzeugt: „Für die Angehörigen zum Beispiel ist es das Wissen, dass da jetzt jemand kommt, der hilft. Das ist für viele auch eine Erleichterung.“ Denn: „Es ist wichtig, dass man die Angehörigen aus dieser Situation herausholt – je früher, desto besser“, weiß Rosebrock.

Die Alarmierung erfolgt über das Einsatzleitsystem: Geht ein Notruf ein, leitet der Disponent diesen nicht nur an den Rettungsdienst weiter, sondern ortet auch den Mobilen Retter, der in diesem Augenblick innerhalb eines Fünf-Minuten-Radius’ zum Notfall ist. Ist das bei einem der Fall, meldet sich dessen Smartphone: „Es ist ein app-basiertes System“, erklärt Vink.

Ehrenamtler bleiben beim Einsatz eingebunden

In wenigen Schritten kann der Retter sich mit einer Pin einloggen und Rückmeldung geben, ob er den Einsatz annimmt oder nicht. Wenn nicht, ortet der Disponent die zwei nächst näheren Retter, die sich in diesem Radius befinden. Wenn ja, startet die Navigation zum Einsatzort, der Mobile Retter erhält über die App einen Ausweis zur Identifikation für die Angehörigen und den Rettungsdienst.

Bis dieser vor Ort ist, übernehmen die Mobilen Retter die Reanimation. Auch, wenn die Einsatzkräfte eintreffen, haben diese die Möglichkeit, sich vorzubereiten. Wenn sie übernehmen, bleibt der Mobile Retter in alles eingebunden und hilft. Selbst im Nachgang soll der Ehrenamtliche nicht alleine bleiben, „wir sehen ja, wer einen Einsatz hatte, und fragen auch noch einmal nach“, erläutert Vink. Außerdem führt jeder Retter ein Minikit mit Einmalhandschuhen und einer Visitenkarte der Seelsorge mit sich.

Medizinische Vorbildung als Voraussetzung

Auch die Schulung zum Mobilen Retter wird von Ehrenamtlern gestützt, unter anderem von Sven Schnakenburg aus dem Landkreis Stade, der sich im Nordkreis als Multiplikator engagiert. Unter anderem geht es dort darum, wie die App funktioniert und wie man sich in den Einsätzen verhält. „Ansonsten kann Mobiler Retter nur werden, wer eine medizinische Vorbildung hat – beruflich oder als Aktiver in einer Hilfsorganisation, wie zum Beispiel der Feuerwehr“, so Schnakenberg. Bislang gab es in den ersten Monaten des Projektes im Landkreis rund 90 Alarmierungen der Mobilen Retter.

„Wir sind froh und dankbar, dass es die Mobilen Retter gibt“, erklärt Frank Thies, Leiter des Ordnungsamtes des Landkreises. „Und wir freuen uns, dass schon so viele Menschen mit dabei sind. Jeder, der durch dieses Engagement gerettet werden kann, ist ein Erfolg.“ Das gilt auch für Patrick Blom, er wird als Mobiler Retter weitermachen: „Wenn ich in so einer Situation helfen kann, ist das ein schönes Gefühl.“

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