Immer wieder freitags

Stemmen – Was für eine tolle Idee: Der „Fintau-Shuttle“, der Bürgerbus der Samtgemeinde Fintel, rollt trotz vorläufiger Einstellung seines Passagierbetriebes selbst in der Corona-Krise weiterhin über die Straßen – mit einer Mission, die durchaus auch in anderen Kommunen Schule machen könnte. „Wir haben uns überlegt, wie wir aus der Not eine Tugend machen können“, sagt Hans-Jürgen Schnellrieder, Vorsitzender des Trägervereins. Und so sei unter den Ehrenamtlern schnell der Plan gereift, für die Zeit, in der viele Bürger nicht mehr so mobil sein können oder durch das Virus und entsprechende Verordnungsmaßnahmen an die Wohnung gebunden sind, einen motorisierten Lebensmittellieferservice ins Leben zu rufen. Sprich: Waren werden vom Bus auf Wunsch bis vor die Haustür der Besteller gefahren.
Dazu ist der Verein mit Karsten Indorf eine Kooperation eingegangen – ganz fix und unbürokratisch. Seit Dezember 2018 betreibt der Stemmer Landwirt einen Hofladen, in dem er frische, regionale Selbsterzeugnisprodukte wie Eier, Nudeln, Gemüse, Obst und Fleisch, aber auch Honig, Marmeladen und Säfte feilbietet. „Theke der norddeutschen Direktvermarkter“ nennt sich sein Geschäftsmodell, für das er mittlerweile mit 17 Zulieferern aus der Landwirtschaft zusammenarbeitet. „Die meisten meiner Partner kommen aus der näheren Region, aber auch in Hannover sitzt einer“, berichtet der 42-Jährige. Der Handel erfolge fast ausschließlich über das Internet – über seinen Onlineshop könne die Klientel die Waren bestellen und zugleich einsehen, woher die Produkte kommen beziehungsweise welcher Betrieb sie produziert hat. Das übliche Prozedere erfolge dann immer wochenweise, sprich: Bis Montagmorgen, 8 Uhr, könne geordert und am Freitag darauf das Bestellgut von seinem Hof am Eichenweg, dem Brunkshof, abgeholt werden. „Lebensmittel landen danach nie im Müll“, versichert Indorf. „Meine Partner liefern nur die Menge hierher, die auch wirklich nachgefragt wird.“
Eigentlich wolle er „in dieser furchtbaren Situation“ auch gar nicht so viel Werbung für seine Theke machen, lenkt der Landwirt ein. „Ich habe kein gutes Gefühl dabei, aber das Projekt mit dem Bürgerbus finde ich total klasse.“ Dieses Kompliment kann Schnellrieder, der politisch auf Kreis- und Samtgemeindeebene für die Grünen aktiv ist, nur zurückgeben: „Wir verfolgen Karstens Aktivitäten mit seinen Blühstreifen und in der extensiven Landwirtschaft schon eine ganze Weile.“ Dass man mit dem Lieferdienst, welcher sich ausschließlich auf die fünf Mitgliedsgemeinden beschränken würde, eine CO2-arme Sache auf die Beine habe stellen können, sei seinen Worten nach „charmant“. „Im Grunde genommen fördern wir vom Bürgerbusverein die Direktvermarktung und sind für solche Leute da, die momentan selber nicht die Waren abholen können.“ Und nicht zuletzt, betont der 73 Jahre alte Finteler, sei es für ihn und seine Mitstreiter eine gute Aufgabe, den abgeschnittenen Menschen aus der Samtgemeinde helfen zu können, an Lebensmittel zu kommen, und die so, falls sie nicht in häuslicher Quarantäne sein sollten, sich auch nicht hinter den derzeit langen und eben auch nicht mit Blick auf eine Ansteckungsgefahr risikoarmen Schlangen an den Supermarktkassen anzustellen bräuchten.
Bereitwillige, die freitäglichen Liefertouren zu übernehmen, die gebe es aus den Reihen des ehrenamtlichen Fahrerteams jedenfalls genug, äußert sich Karl-Heinz Poludniok (68) vom Vereinsvorstand erfreut. „Klar, einige von uns sind altersbedingt selbst in der Risikogruppe, die sind da ein bisschen zurückhaltender.“ Um überhaupt aber die Warenübergabe an den Haustüren der Besteller so gefahrenfrei wie möglich zu händeln, habe man sich schon Handschuhe sowie Desinfektionsmittel zurechtgelegt, ergänzt Schnellrieder. „Und natürlich bleibt der erforderliche Abstand gewahrt.“
Bezahlt werden könne entweder per Banküberweisung oder in bar in einem Briefumschlag, den die Bürgerbusfahrer direkt bei der Übergabe entgegennehmen würden. „Momentan überlegen wir noch, wie wir auch bargeldlos den Transfer hinbekommen können – für Leute, die das Geld nicht zu Hause haben, die nicht zur Bank können oder die gerade nicht in der Lage sind, Überweisungen vorzunehmen“, erläutert Schnellrieder. Solche Menschen würde es ja durchaus auch noch geben.
Sowohl er als auch Poludniok und Indorf sind überzeugt: Der Lieferservice in Zeiten der Corona-Pandemie ist ein echtes Win-Win-Projekt. Und es fördere auf lokaler Ebene ganz nebenbei noch das Gemeinschaftsgefühl – trotz der gebotenen Abstandseinhaltung. Auch die Samtgemeinde selbst zieht da mit: Sie hat inzwischen eine Bestellhotline (04267 / 930034) eingerichtet, welche montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 13 bis 15 Uhr angewählt werden kann. Einen Überblick über sämtliche zu ordernden Produkte, die Karsten Indorf in seiner „Theke“ vertreibt, gibt es im Netz unter www.brunkshof.de, wo auch direkt Bestellungen online aufgegeben werden können. Der Bürgerbus, der selbst in Zeiten wie diesen seinem Namen alle Ehre macht, liefert dann immer wieder freitags von 16 bis 19 Uhr die Waren aus. Schnellrieder: „Ich bin überzeugt, dass unser Angebot angenommen wird.“