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Rotenburger Kreistag fordert mehr Transparenz und Verteilungsgerechtigkeit in Sachen Windkraftausbau

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Von: Judith Tausendfreund

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Angestrengte Gesichter, am Ende beschließt der Kreistag einstimmig.
Angestrengte Gesichter, am Ende beschließt der Kreistag einstimmig. © GUIDO MENKER

Die Ausweisung neuer Flächen für die Windenergie kommt, im Landkreis Rotenburg sind fast fünf Prozent der Gesamtfläche künftig für den Bau von Windkraftanlagen vorgesehen.

Rotenburg – In Sachen Flächen für den Ausbau der Windenergie ist das Kind in den Brunnen gefallen. „Egal, was passiert, es werden deutlich mehr Windräder kommen“, so lautet das deutliche Fazit von Landrat Marco Prietz (CDU) am Ende der Debatte. Diese führt der Kreistag mit Blick auf die anstehende Einleitung eines Verfahrens zur Ausweisung der Vorranggebiete Windenergienutzung im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP). Hinter dem langen Satz verbirgt sich das Windflächenenergiebedarfsgesetz, welches in Kraft getreten ist. Und dies führt dazu, dass der Landkreis in Zukunft knapp fünf Prozent seiner Fläche für die Windenergie ausweisen soll. Das geht nur, wenn das RROP wieder angepackt wird.

Das Thema polarisiert. Zum einen sind sich wohl alle Mitglieder des Kreistags darüber bewusst, dass die Energiewende zwingend notwendig ist. Zum anderen ist die genannte Zielfläche mehr als fünfmal so viel Fläche wie die bisher im aktuellen RROP 2020 ausgewiesene. Schon im Umweltausschuss und im Kreisausschuss wurden Argumente ausgetauscht. Im Ergebnis ist ein Beschlussvorschlag entstanden, der den Landrat beauftragt, sich gegenüber dem Land für mehr Transparenz und stärkere Verteilungsgerechtigkeit einzusetzen. Ein zweiter Auftrag lautet, dass das Planänderungsverfahren eingeleitet wird.

Landrat Marco Prietz (CDU) wird sich für mehr Transparenz einsetzen

Landtagsabgeordneter Marco Mohrmann (CDU) eröffnet die Debatte. „Wir müssen in Sachen Klimaschutz ins Handeln kommen, das ist unstrittig“, so Mohrmann. Man wolle mutig an das Thema herantreten. Gelingen könne die Umsetzung nur, wenn Bürger und Kommunen beteiligt werden. „Der Landkreis Rotenburg hat den ersten Platz in Niedersachsen angenommen, aber das Verfahren ist zur Zeit intransparent“, kritisiert er. Harald Hauschild (CDU) kommt zu dem Schluss, dass jeder Einwohner des Landkreises in Zukunft ein Windrad sieht, sobald er vor die Haustür tritt.

Das Landschaftsbild wird sich verändern, wir werden Einschränkungen in Kauf nehmen müssen.

Harald Hauschild

„Das Landschaftsbild wird sich verändern, wir werden Einschränkungen in Kauf nehmen müssen“, befürchtet er. Auch positive Aspekte wie Einnahmen für die Kommunen benennt er. Um den gesamten Prozess auch den Bürgern verständlich zu machen, wünsche er sich mehr Transparenz. Und trotz aller Fragen, die noch offen sind, plädiert er für einen schnellen Start, „damit das Projekt sachlich gelingt“.

Bernd Petersen (WFB) geht auf den Kriterienkatalog ein, der in einem ersten Entwurf vorliegt und Modifizierungen benennt, die am Ende dazu führen können, dass so viel mehr Flächen in Zukunft für die Windenergie ausgewiesen werden können. Da geht es zum Beispiel um die Reduzierung des Abstands zu Wohngebäuden. „Wir sollten die Kriterien noch nicht beschließen, auch um nicht zu signalisieren ,Der Landkreis, der macht das schon'“. Petersen begrüßt die Information, die einen Tag vor der Kreistagssitzung vom Niedersächsischen Landkreistag (NLT) veröffentlicht wurde: NLT-Präsident Landrat Sven Ambrosy kritisiert die übermäßige Belastung einzelner Landkreise, das NLT-Präsidium schlägt eine Obergrenze vor, die noch zu ziehen sei.

Niedersächsische Landkreistag kritisiert übermäßige Belastung einzelner Landkreise

Volker Kullik (SPD) geht ebenfalls auf die Mitteilung ein und spricht von Hoffnung. Hans-Jürgen Schnellrieder (Grüne) stellt lapidar fest, dass er keine Alternative zum Ausbau der erneuerbaren Energien sieht. Elisabeth Dembowski (Grüne) spricht von einer Herausforderung für die Regionalplanung, aber auch davon, dass das Flächenziel nicht aus der Luft gegriffen sei, sondern nach wissenschaftlichen Kriterien erfasst wurde.

Landrat Prietz bezieht sich in seiner Abschlussrede ebenfalls auf den Schulterschluss aller Landräte, die hinter der Mitteilung des NLT stecke: „Wir Rotenburger erreichen alleine in Hannover nichts, nur der kommunale Spitzenverband kann etwas erreichen“. Glücklicherweise habe nicht jeder Landkreis für den eigenen Kreis plädiert, sondern im Gegenteil habe man sich solidarisch gezeigt. „Wir werden Spitzenreiter bleiben, aber wir sind guter Dinge, dass wir noch etwas erreichen“, erklärt er. Es gehe um eine Doppelstrategie: Zum einen um für weniger Flächen-Prozente zu kämpfen, zum anderen dennoch die Energiewende nach vorne zu bringen. „Wir machen das, wir ziehen das zusammen durch“, so Prietz' fast schon kämpferische Ansage.

Am Ende beschließt der Kreistag die Vorlage einstimmig.

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