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Süderwalsede - Von Jens Wieters. An einem normalen Sonntagmorgen sind die Glocken der Kirchwalseder St.-Bartholomäus-Kirche, die zum Gottesdienst rufen, in Süderwalsede nur knapp zu hören. Und nur dann, wenn der Wind richtig steht. Aber was ist schon normal in diesen Wochen? Und so waren die Glocken am Sonntag in Süderwalsedes Dorfmitte sowie an der Straße „Lustiger Strumpf“ laut und deutlich zu vernehmen. Allerdings nur aus der Konserve, beziehungsweise vom digitalen Tonträger, den Pastor Matthias Wilke auf der Ladefläche des VW-Pritschenwagens aufgebaut hatte.
Ein rollender Gottesdienst ist nämlich das neueste Projekt, mit der Wilke seine Gemeindeglieder überrascht. Und eine, auf die die Leute in dieser schweren Zeit offenbar nur gewartet haben. Denn an allen fünf Standorten, an denen der schwarze VW T 3 mit Doppelkabine und Ladefläche hielt, hörten jeweils Dutzende Einwohner den Worten ihres ideenreichen Pastors zu.
„Wir haben als Kirchenvorstand überlegt, wie wir trotz des geschlossenen Kirchengebäudes miteinander in den Sonntag starten können. Alle sollen Zuhause bleiben – und doch ihre Gedanken für einen Moment zusammenbringen können“, erläuterte Wilke. So sei die Idee geboren, einfach die St.-Bartholomäus-Kirche im Miniformat durch die Straßen fahren zu lassen. „Probieren wir uns als eine Art Fenster- und Gartenzaungemeinde aus“, erläuterte Pastor Wilke.
Damit stieß er beim Kirchenvorstand Henning Heuer auf offene Ohren, der spontan seinen VW-Bus zur Verfügung stellte. Für den richtigen Sound von der Pritschenkanzel und damit auch jeder Zuhörer den Worten des Pastors lauschen konnte, hatte eine Clique aus dem Walseder Raum diesen ungewöhnlichen Gottesdienst mit einer Lautsprechenanlage ausgestattet.
Während Wilke in seinen jeweiligen siebenminütigen Andachten mit dem Psalm des guten Hirten den Bogen zu den wegen der Corona-Krise zurzeit geltenden Kontaktbeschränkungen spannte, hörten die Dorfbewohner aufmerksam zu. Natürlich mit gehörigen Abstand zueinander. „Wir hatten schon ein bisschen Furcht, dass sich die Leute vielleicht zu nahe kommen könnten, aber das ist zum Glück nicht der Fall“, betonte ein erleichterter Pastor morgens um halb elf nach den ersten beiden Andachten.
Junge und ältere Menschen standen einfach am Straßenrand, lehnten am Gartenzaun oder hatten es sich mit dem Klappstuhl in den Hofeinfahrten gemütlich gemacht. Auch, um Mitglieder des Kirchwalseder Posaunenchors zu hören, die die Gottesdienste musikalisch bereicherten – ebenfalls mit gehörigem Abstand.
„Es handelt sich erst einmal um einen Versuch“, hatte Wilke im Vorfeld betont. „Wenn wir aber sehen, dass die Idee angenommen wird, werden wir an einem der kommenden Sonntage bestimmt auch noch in andere Ortsteile unserer Kirchengemeinde fahren, um für sieben Minuten zur Andacht einzuladen.“
Und da wird er nach dem erfolgreichen Versuchsballon wohl kaum drumrumkommen, denn selbst aus Visselhövede waren Zuhörer angereist: „Ganz im Sinne des Gedankens der Kirchenregion Kirchwalsede, Brockel, Visselhövede.“