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Kreis Rotenburg: Deutschlandticket wirft Fragen auf

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Von: Andreas Schultz

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Zug am Bahnhof Rotenburg, vorne verschwommen eine wartende Frau
Am Bahnhof Rotenburg wartet man nicht nur auf den nächsten Zug, sondern auch auf die Einführung des Deutschlandtickets. Der Landkreis sinniert derweil über die den Umgang mit den Fahrpreisen für das Astrow nach Einführung des Tickets. © Schultz

Das 49-Euro-Ticket kommt. So viel scheint sicher. Allerdings ergeben sich für den Landkreis Rotenburg noch etliche Fragen rund um den deutschlandweit geltenden Tarif des öffentlichen Nahverkehrs. Trotzdem stimmten der Verkehrsausschuss und der Kreisausschuss der Einführung zu.

Rotenburg – Der Landkreis Rotenburg will der Einführung des bundesweit geltenden 49-Euro-Tickets nicht im Wege stehen. Das ist eine Gewissheit, die sich aus dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr mitnehmen lässt – er hat einstimmig die Empfehlung ausgesprochen: „Der Einführung des Deutschlandtickets im Landkreis Rotenburg wird zugestimmt.“ Das war es dann aber auch schon mit den Gewissheiten, denn ansonsten gibt es bei den Beteiligten noch viele Fragezeichen, wie Erster Kreisrat Torsten Lühring deutlich macht.

„Das ist ein weites Feld, auch sehr spannend. Aber so richtig entscheidungsreif ist die Sache noch nicht“, sagt der Verwaltungsjurist. Dabei drängt die Zeit, denn die Einführung ist zum 1. Mai geplant. Für den Fahrgast sei klar, dass er für 49 Euro bundesweit im Nah- und Regionalverkehr beispielsweise im Bus und in der zweiten Klasse auf der Schiene unterwegs sein kann. „Nicht so klar ist die Sache für die beteiligten Unternehmen – die müssen befördern, und es muss auskömmlich sein“, sagt Lühring. Dafür sollen Bund und Länder Einnahmeverluste ausgleichen, als Referenzjahr gilt 2019 – problematisch, findet das der Erste Kreisrat, denn seither hat es neben der allgemein spürbaren Inflation auch große Preissprünge bei Kraftstoffen gegeben, und auch die Personallage im öffentlichen Nahverkehr ist eine andere. Der Landkreis ist in seinem Zuständigkeitsbereich sozusagen Mittelsmann: Er leitet die Mittel an die Buslinienkonzessionäre weiter. „Alle warten jetzt sehr angespannt auf diese Fördermittel, die eigentlich schon März kommen sollten. Jetzt steht der April im Raum“, schildert Lühring. Das habe schon zu Drohungen vonseiten der Verkehrsunternehmen geführt, weil sie den Ausgleich nicht als sichergestellt sehen.

Viele Fragen bleiben also vorerst offen. Zusätzlich zu den genannten sind das aus Lührings Sicht etwa diese: Warum begünstigen Bund und Länder nur Vielfahrer, bieten aber nichts für Gelegenheitsfahrer, die das Ticket ebenfalls mit ihren Steuern finanzieren? Und: Soll der Landkreis das Anrufsammeltaxi „Astrow“ ebenfalls für das Deutschlandticket öffnen?

Astrow: Gefragter Dienst in Bothel

„Das ist etwa ein Fahrgastwunsch pro Werktag“, bilanziert Torsten Lühring: Mit 20 Fahrgastwünschen pro Monat, 242 in Summe, ist die Linie 887 des Anrufsammeltaxis „Astrow“ in Bothel am stärksten nachgefragt, und auch in Tarmstedt (209 Anrufe) habe sich das Angebot etabliert, sagt Verkehrsplaner Frank Wiesner. Das sind zwei Ergebnisse, die die Auswertung der Astrow-Nutzerzahlen für das Jahr 2022 zutage fördert. Für die beiden Linien in Sittensen (33) und Zeven (19) ist die Nachfrage eher gering – die Linie 866 in Sittensen ist überhaupt nicht genutzt worden: null Anrufe. Laut dem Ersten Kreisrat gibt es derzeit Gespräche darüber, ob Anpassungen bei den Fahrplänen größeres Interesse an dem Dienst hervorrufen könnten, der Lücken in der Versorgung mit öffentlichem Nahverkehr auf dem Lande schließen soll.

Für Letzteres gibt es schon Ideen: Der Landkreis könnte das Ergänzungsangebot zum öffentlichen Nahverkehr für Deutschlandticketnutzer zugänglich machen – dann allerdings gegen einen sogenannten Komfortzuschlag. Sechs Euro kostet die Fahrt normalerweise in der Samtgemeinde Bothel, vier in Sittensen, Tarmstedt und Zeven. Nun steht einerseits eine Vereinheitlichung des Tarifs auf vier Euro im Raum.

Wer ein 49-Euro-Ticket hat, könne mit zwei zusätzlichen Euro auch das Astrow benutzen, lautet ein anderer Einfall. „Das wäre ein kleiner Aufschlag. Man darf nicht vergessen: Immerhin fährt man mit Limousine vom Rotenburger Bahnhof bis beispielsweise fast vor die Haustür in Westerwalsede“, so Lühring. Verkehrsplaner Frank Wiesner hält es für zielführend, diesen Aufschlag jetzt mit zwei Euro zu beziffern – eine spätere Erhöhung von einem niedrigeren Betrag könne kontraproduktiv sein. „Vieles ist noch im Entstehen“, fasst Lühring zusammen.

Dass der Landkreis die Einführung des Deutschlandtickets unterstützt, bestätigte auch der nicht öffentlich tagende Kreisausschuss. Nächste Station: Kreistag. Dass es grünes Licht aus der Politik gibt, sei laut Wiesner für die Arbeiten im Hintergrund wichtig. Denn selbst, wenn noch nicht alle Fragen rund um das Deutschlandticket geklärt sind, so ist es den Planern auf diese Weise möglich, für den Landkreis die Weichen zu stellen. Oder wie Wiesner sagt: „Mit dem Beschluss können wir hinter den Kulissen arbeiten.“

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