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„Ganz milde Strafe“ für vernachlässigte Hufpflege

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Von: Dierk Rohdenburg

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Die Pferde nach der Wegnahme: Für den Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gab es eine milde Strafe für einen 55-Jährigen.
Die Pferde nach der Wegnahme: Für den Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gab es eine milde Strafe für einen 55-Jährigen. © Mediengruppe Kreiszeitung

Wildeshausen - Von Dierk Rohdenburg. Als eine „ganz milde Strafe“ bezeichnete Amtsrichter Jens Lobschat gestern sein Urteil im Prozess wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz gegen einen 55-jährigen Mann aus Beckeln. In der Begründung übte der Richter deutliche Kritik am Verhalten des Angeklagten und des damaligen Veterinäramtsleiters.

60 Tagessätze zu je zehn Euro muss der ehemalige Pferdehalter und jetzige Hartz-IV-Empfänger zahlen. Zudem muss er die Hälfte der Verfahrenskosten übernehmen, die andere Hälfte zahlt die Staatskasse.

„Sie haben mit Ihrem Verhalten fünf Pferden länger anhaltende und sich wiederholende Schmerzen zugefügt“, so der Richter. Mehr sei seiner Ansicht nach nicht zweifelsfrei beweisbar, obwohl die Wahrscheinlichkeit hoch sei, dass die Verfehlungen deutlich umfangreicher gewesen seien.

Am 18. März 2011 hatte das Veterinäramt des Landkreises Oldenburg den Hof in Bargloy mit 43 Pferden auf Druck des Ministeriums räumen lassen, die Tiere anderweitig untergebracht und später versteigert. Seit Jahren hatte es immer wieder Anzeigen gegen den Halter gegeben. Der damalige Veterinäramtsleiter, Dr. Jochen Vahrenhorst, hatte jedoch keinen Grund zum Einschreiten gesehen.

Die Staatsanwaltschaft warf dem 55-Jährigen im Prozess vor, die Tiere nicht ausreichend bewegt und ernährt zu haben. Der Zustand des Hofes sei verwahrlost gewesen, die Pferde hätten hüfthoch im Mist gestanden, die Hufpflege der Tiere sei seit Monaten unterblieben, was den Pferden große Schmerzen bereitet hätte.

Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden unter anderem der frühere Leiter des Veterinäramtes, Tierärzte des Landkreises sowie ein Veterinär, der die Pferde nach der Wegnahme begutachtet hatte, gehört. Ein Polizist berichtete von der Räumung des Betriebes, ein Zuchtverbandsleiter gab seine Einschätzung ab, und eine Gutachterin taxierte die Schäden anhand von Fotos und Videos.

Vahrenhorst hatte angegeben, noch wenige Tage vor der Wegnahme keine Verstöße gegen das Tierschutzgesetz gesehen zu haben. Wenn er das Ausmaß der Hufschäden bemerkt hätte, so seine Aussage vor Gericht, dann hätte er dem Pferdehalter „eine verbrannt“. Seiner Einschätzung nach hätte man den Betrieb geordnet zu einem Ende bringen können, die Zahl der Tiere sei ja schon reduziert worden. Der gleichen Ansicht war auch ein Veterinär, der noch wenige Tage vor der Wegnahme im Betrieb war und sich nur fünf Pferde zeigen ließ – bei denen er ebenfalls keine extreme Verwahrlosung feststellte.

Nach zahlreichen Verhandlungsstagen wurden alle Anklagepunkte bis auf die vernachlässigte Hufpflege mangels ausreichender Beweise fallen gelassen.

„Mit hinreichender Sicherheit lassen sich jedoch bei sechs Pferden strafrechtliche Verfehlungen feststellen“, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Es handele sich zudem nicht um einen vorsätzlichen tierschutzrechtlichen Verstoß, sodass auch ein Tierhaltungsverbot nicht in Frage komme. Angesichts der finanziellen Situation plädierte der Anklagevertreter auf die Zahlung von 60 Tagessätzen zu 15 Euro. Eine Freiheitsstrafe sei nicht zu verhängen.

Der Anwalt sprach davon, dass es keine bewusste extreme Vernachlässigung der Pferde gegeben habe. Der Betrieb habe „beachtenswerte Zuchterfolge“ nachweisen können, der Halter habe sich kooperativ verhalten und es habe durch Druck von außen eine „aufgeheizte Stimmung“ gegeben. 60 Tagessätze zu zehn Euro seien mehr als angemessen. Da es „eigentlich einen Teilfreispruch“ geben müsse, so der Verteidiger, seien die Kosten des Verfahrens nicht ausschließlich dem mittellosen Angeklagten aufzubürden.

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