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Vortrag: So sah Wildeshausen früher aus

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Von: Holger Rinne

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Kennen sich mit der Wildeshauser Geschichte aus: Die Referentinnen Eva-Maria Ameskamp (links) und Cornelia Harms, die beim Bürger- und Geschichtsverein unter der Führung von Klaus Schultze arbeiten.
Kennen sich mit der Wildeshauser Geschichte aus: Die Referentinnen Eva-Maria Ameskamp (links) und Cornelia Harms, die beim Bürger- und Geschichtsverein unter der Führung von Klaus Schultze arbeiten. © hri

Vollkommen neue Einblicke für Neu- aber auch für Alt-Wildeshauser bot ein Vortrag des Bürger- und Geschichtsvereins. Dabei ging es um „Hundehütten“, „12 Apostel“ und die „Klagemauer“.

Wildeshausen – Die Vortragsreihe „Geschichte im Rathaus“ des Wildeshauser Bürger- und Geschichtsvereins erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Am Dienstagabend mussten die Sitzplatzreihen um etliche Stühle ergänzt werden, sodass die mehr als 90 Gäste am Ende eine Sitzgelegenheit fanden.

Sie bereuten ihr Kommen nicht, denn die beiden Referentinnen Eva-Maria Ameskamp und Cornelia Harms boten Neubürgern in ihrem Vortrag „Das Verborgene und das Offensichtliche – Spurensuche in Wildeshausen“ jede Menge Wissenswertes über die Geschichte der Huntestadt. Auf der anderen Seite erhielten langjährige Wildeshauser einige vollkommen neue Perspektiven auf ihre Heimatstadt. Können viele alteingesessene Einwohner Begriffe wie „Die 12 Apostel“ und „Klagemauer“ noch zuordnen, war die „Oldenburger Hundehütte“ als Bezeichnung beispielsweise gänzlich unbekannt.

Hatte die Alexanderkirche zwei Türme?

Klaus Schultze vom Bürger- und Geschichtsverein stellte die langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Vereins als versierte Wissenschaftlerinnen vor. Ameskamp ist frisch promovierte Ethnologin (europäische Ethnologie), Harms hat hingegen in Oldenburg Geschichte und Geografie studiert.

Ameskamp begann die sehr übersichtlich gegliederte Ausarbeitung mit Hintergründigem rund um die Alexanderkirche. Nach einer allgemein bekannten Theorie sind im Wappen der Stadt der heilige Alexander sowie die zwei Türme des Gotteshauses zu sehen. Ob es die beiden Türme jemals gegeben hat, ist aber keineswegs sicher. „Mauerreste im Westbau könnten auf den Einsturz von zwei Türmen in den Jahren 1214 und 1219 hinweisen. Sie könnten aber auch darauf hindeuten, dass schon während der Bauzeit von der Anlage zweier Türme, wie sie für Stifts- und Klosterkirchen weiterhin üblich waren, abgerückt wurde“, so die Wissenschaftlerin. Denn zwischenzeitlich war die Basilika zu einer Pfarrkirche geworden. Und die wurden üblicherweise nur mit einem Turm ausgestattet. An anderen Stellen der Kirche ließen sich Baureste von Anbauten oder Kapellen finden, die zum Teil heute unter der Erde liegen.

„Oldenburger Hundehütte“

„Baukultur und Bau-Moden“ war ein weiteres höchst interessantes Kapitel überschrieben. „In der Vergangenheit wurde in Wildeshausen fast jedes Gebäude in der Fachwerkbauweise errichtet. Nur wenige waren aus Stein gebaut“, berichtete Harms in ihrem Part. Bis Ende des 19. Jahrhunderts habe sich daran kaum etwas geändert. „Heute sind allerdings nur noch verhältnismäßig wenige davon erhalten. Durch Brände und Abriss ist ein Großteil verschwunden“, so die Historikerin. Offensichtliche Fachwerkbauten sind unter anderem noch an der Sägekuhle, Grünen Straße und der Düsternstraße zu sehen. Häufiger sind Häuser, bei denen das Fachwerk verborgen ist. Ein Beispiel, das kaum jemand kennt, ist das Strahlmannsche Haus an der Westerstraße (ehemals „Ihr Platz“), dessen dreifach auskragender Fachwerkgiebel hinter Putz verborgen ist.

Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts kam das Oldenburger Giebelhaus, im Volksmund „Oldenburger Hundehütte“ genannt, in Mode. Die Bauform ist auch heute noch typisch für Wildeshausen und am Westertor sowie an der Heemstraße und an der Sögestraße präsent. Es folgten Bauten im Jugendstil sowie in den 1930ern der Klinkerexpressionismus, wie er in der Westerstraße noch anzutreffen ist.

Mit Kriegsende kamen Tausende Flüchtlinge aus den Ostgebieten nach Wildeshausen, die zunächst in Behelfsbauten (Baracken) untergebracht waren. Mitte der 1950er entstanden die ersten sechs Siedlungshäuser an der Pestruper Straße, die schnell den Namen „Klagemauer“ erhielten. Ihnen folgten die „12 Apostel“ auf dem Katenbäker Berg, eine Siedlung von zwölf Satteldachhäusern.

Gedenksteine auf dem Marktplatz

Gedenksteine (Brunnenplatten auf dem Marktplatz, Bürgermeister Lickenberg-Stein) und Denkmale spielten in dem detailreichen Vortrag ebenso eine Rolle wie die Pumpengemeinschaften und die Straßennamen der Huntestadt. Kenntnisreich vertieften Harms und Ameskamp vorhandenes Wissen über historische Gebäude wie die Hoffmannshöhe und das Huder Zollhaus.

Ein Aha-Erlebnis hatte am Ende der ehemalige Gymnasiallehrer Jürgen Linnhoff. „Guck mal, da ist ja die Sandsteintafel. Hast Du die gekannt?“, richtete er sich fragend an einen gebürtigen Wildeshauser, nachdem Harms von dieser Tafel aus dem Jahr 1545 berichtet hatte. Der fast 60-jährige Ex-Schüler Linnhoffs kannte die Tafel, die bis 1808 das Westertor zierte und heutzutage über der Rathaustreppe ausgestellt ist, aber nicht – genau wie manch anderer Gast.

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