Paukenschlag beim Musikkorps-Konzert

Wildeshausen - Von Holger Rinne. Das Eröffnungskonzert des Musikkorps Wittekind begann am Samstagabend in der Widukindhalle wie gewohnt – mit dem Marsch „ A la mi presente“ von Friedrich Deisenroth. Doch nach dem Applaus der etwa 400 Besucher folgte der Paukenschlag: „Ich habe soeben den letzten Takt für das Musikkorps Wittekind dirigiert“, erklärte Ingo Poth dem überraschten Publikum. „Ich werde die nächsten 25 Jahre nur noch im Orchester sitzen.“ Dann übergab er den Taktstock an Holger Becker, der zukünftig das Musikkorps leiten wird.
Poth trat vom Dirigentenpult und stieg auf ein für ihn bereitgestelltes Tandem, ließ sich eine Helikontuba umhängen und drehte in Begleitung zweier Trompeter zu den Klängen des „Wildeshauser Liedes“ unter dem Beifall des Publikums eine Ehrenrunde durch die Halle. Schließlich nahm er in der Reihe der Waldhörner seinen zukünftigen Platz ein.
Für Becker, gleichzeitig Leiter des Blasorchesters Wildeshausen (BLOW), ist das Dirigat die Rückkehr zu familiären Wurzeln. Sein Vater Helmut Becker gehörte 1960 sowohl zu den Gründern des Musikkorps-Vorläufers als auch 1982 nach Streitigkeiten im Musikkorps zu den Initiatoren der Freizeitmusikanten, dem heutigen BLOW. Da stellt sich natürlich die Frage, ob nach fast 30 Jahren eine Fusion beider Klangkörper bevorsteht, zumal am Sonnabend einige BLOW-Musiker auf der Bühne saßen.
Während Poth noch Vorbehalte bei wenigen Mitgliedern sieht, verweist Becker auf das nächste gemeinsame Projekt. „Wir erarbeiten mit beiden Orchestern und 70 Musikern in einem Filmmusikprojekt ein Konzert, das am 7. September in der Christuskirche in Harpstedt stattfinden soll. Wenn das der Beginn einer gemeinsamen Zukunft sein sollte, habe ich nichts dagegen.“
Die Zukunft des neuen Dirigenten im Musikkorps begann in der Widukindhalle mit der Ouvertüre zu Gioacchino Rossinis „Wilhelm Tell“ spektakulär. Ein Paradestück für das tiefe Blech, das mit zwei Kaisertuben mächtig vertreten war. Becker bewies, dass die Bindung zum Orchester bereits sehr gut funktioniert. Als die Musiker zum Einstieg in das „Allegro vivace“ versuchten, davon zu galoppieren, fing der Dirigent sie souverän wieder ein. Musikalisch erwähnenswert ist auch das Oboen-Solo als Übergang zu den Fanfaren vor dem Galopp, das Oboistin Rebekka Böckmann perfekt meisterte.
Dass die Tuba kein langweiliges Instrument ist, demonstrierte Lennart Schröder mit der Solopolka für Tuba „Der Herr Tubist“. Für die bestandene Feuertaufe als Solist bekam er vom Registerführer und vom Dirigenten einen Humpen Bier, die Solistentaufe sozusagen.
Mit der musikalischen Darstellung eines Alpenfluges ging es wieder in Richtung Schweiz. „Flight“ ist eine zeitgenössische Komposition des Schweizer Komponisten, Musikers und Dirigenten Mario Bürki.
Zum Ende des ersten und Beginn des zweiten Teils trat Poth dann doch wieder ans Dirigentenpult, allerdings in seiner Eigenschaft als Leiter des Jugend- und Kinderorchesters sowie des Big-Band- Projektes der Kreismusikschule. „Havanna“ und „Conga“ hießen die Werke, die der Musikernachwuchs eindrucksvoll präsentierte.
Für die Moderation hatte sich ein ganzes Ansagerteam etwas Besonderes ausgedacht. Marco Wittrock, Ann Christin Segelke, Tom Pössel, Elissa Jäschke, Sara Baecke sowie Lena und Celine Niester kündigten die Programmpunkte im Stil der Tagesschau an. Als Anchorwoman führte Lotta Matthiesen das Team an.
Auch der zweite Teil bestach durch musikalische Vielfalt. Das Eröffnungsstück der Olympischen Spiele 1984, „Olympic Fanfare and Theme“ von John Williams, kontrastierte mit den bekanntesten Stücken von Falco, zusammengefasst und arrangiert von Stefano Conte. In die träumerische Welt der Filmmusik führte die Musik zum Kinohit „Drachenzähmen leicht gemacht“.
Bei den Zugaben überkam die Zuschauer eine andachtsvolle Stille, als Trompeter Ralf Pöperny, den Tränen nahe, in Gedenken an seinen im vergangenen Jahr verstorbenen langjährigen Registerkollegen Winfried Famulla die Polka „Böhmischer Traum“ ansagte. Es war Famullas Lieblingsstück.
Die zweite Zugabe „Die Sonne geht auf“ von Rudi Fischer ließ das Publikum wiederum auch angesichts eines begeisternden Konzertabends durchatmen.