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Grüne spricht sich gegen Digitalisierung aller Vorlagen aus

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Von: Gero Franitza

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Der Stecker eines LAN-Kabels
Nur noch digital: Künftig sollen die Kreistagsabgeordneten ihre Unterlagen weitestgehend papierlos erhalten. © Symbolfoto: dpa

Wildeshausen/Landkreis – Ein neuer Kreistag, ein neuer Landrat – und eine neue Geschäftsordnung, die die Abläufe und Verfahren des Gremiums regelt. Letzteres stand auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung am Dienstagabend in der Turnhalle des Wildeshauser Gymnasiums. Ein Unterpunkt war die Umstellung der Sitzungsvorlagen und Schreiben von Papier auf digitale Formate.

Dafür erhalten die Abgeordneten auf Wunsch ein Gerät gestellt sowie entsprechende Schulungen oder aber 150 Euro jährlich als Aufwandsentschädigung. Nach Ende einer Übergangsphase von einem Jahr, so die Vorstellung der Kreisverwaltung, sollten ausgedruckte Elemente dann weitestgehend der Vergangenheit angehören. Ausnahmen, etwa der rund 600 Seiten starke Kreishaushalt für die Finanzexperten, sollen auf Wunsch aber weiterhin möglich sein.

Für die Grünen-Abgeordnete Elke Szepanski war das nicht akzeptabel. In einem mehr als fünf Minuten langen Monolog lehnte sie die Änderung zugunsten der vollständigen Umstellung ab. Sie müsse eingangs unterstreichen, dass die Grünen natürlich nichts gegen die Digitalisierung hätten, sagte sie. Im Gegenteil, diese sei ökologisch sinnvoll. Doch sähen einige Mitglieder der Fraktion die Umstellung auf eine ausschließlich digitale Abwicklung „mit Skepsis“ – und sie ebenso. Bisher hätten sich die Kreistagsabgeordneten aussuchen können, wie sie die Unterlagen erhalten wollten – das sei „gut und richtig“ und „nur zu begrüßen“. Doch nun solle die papierlose Variante „flächendeckend“ eingeführt werden. Sie wolle, dass man den Abgeordneten „das Recht lässt“, zu entscheiden, wie sie informiert werden wollen. Und auch wenn es eine Kostenpauschale für das Ausdrucken von Dokumenten daheim gebe, sei das keine Alternative, so Szepanski: „Es gehört nicht zu unseren Aufgaben, am Drucker zu stehen.“ Zugunsten der physischen Variante führte sie eine bessere Aufnahmefähigkeit ins Feld. Für Abgeordnete, die noch rein mit Papier aufgewachsen seien, sei es nicht vorstellbar, vielseitige Dokumente – wie etwa den Haushalt – ausschließlich am Bildschirm zu lesen. Sie selbst sehe „noch viel Papier im Kreishaus“, attackierte sie den Verwaltungschef Christian Pundt: „Herr Landrat, vielleicht äußern Sie sich mal zu dem Thema.“

Sie beantrage, die vorgeschlagene Umstellung rückgängig zu machen. Ein Jahr Übergangszeit „ist ja nett“, so die Grüne. Doch gebe es da ihrer Meinung nach insgesamt noch „Fehler im System“. Durch die Schulungen werde die Verwaltung sicherlich viele Abgeordnete überzeugen. Durch mehrheitliche Beschlüsse im Kreistag „erreichen Sie das nicht“, wandte sie sich an Pundt. „Ich möchte nicht ausschließlich digitalisiert werden.“

Er könne Szepanski Bedenken ja „ein Stück weit nachvollziehen“, sagte Thore Güldner (SPD). Doch habe der Landrat einen „großzügigen“ Übergang vorgeschlagen. Und auch wenn es immer wieder Fehler in dem digitalen System geben werde, werde die Umstellung von den Mitgliedern des Kreistages kritisch mit begleitet. „Wir müssen den Schritt gehen“, so der Sozialdemokrat. Die Mehrheit wolle so arbeiten, und er sei sich sicher, dass es eine breite Zustimmung geben werde.

Marion Daniel (FDP) erinnerte daran, dass der alte Kreistag vor fünf Jahren bereits über eine papierlose Arbeit nachgedacht habe. „Wir leben in einer digitalen Welt“, sagte sie, alles andere sei heute „überhaupt nicht mehr zeitgemäß“. Ihre Gruppe wünsche sich eine zügige Umstellung. Sie wolle nicht weitere fünf Jahre warten. „Der Zeitpunkt ist jetzt der richtige“, so die Freidemokratin, „wir dürfen das nicht verpassen“. Er glaube nicht, dass ein Abgeordneter während der Umstellung von der Verwaltung im Regen stehen gelassen werde, ergänzte Wolfgang Sasse (CDU). Der Wechsel erfolge ja auch nicht von „null auf hundert“. Bis dahin könne jeder für sich entscheiden, welche Vorlagen er wie haben wolle.

„Ich verstehe auch die Einwände“, entgegnete Landrat Pundt Szepanski, die diese in ihrer „langen Ausführung“ gemacht habe. Es gelte, eine Arbeit ohne Reibungsverluste zu gewährleisten. Das sehe er, auch im Rückblick als ehemaliger Bürgermeister auf die Umstellung in der Gemeinde Hatten, positiv. Nur 17 von 50 Abgeordneten hätten aktuell um eine gedruckte Ausgabe des Kreishaushalts gebeten – allein dadurch hätten 30 000 Seiten nicht ausgedruckt werden müssen. Im Kreistag werde auch über die digitale Zukunft entschieden, so Pundt. Deswegen müsse auch in dem Gremium dieser Schritt gemacht werden. Er nannte Szepanski anschließend kurz ein paar Punkte, wie die Digitalisierung von der Verwaltung umgesetzt wird.

Da die angestrebte Umstellung Teil einer weitergehenden Veränderung der Kreistags-Geschäftsordnung war, beantragte Götz Rohde (Grüne) eine getrennte Abstimmung über Szepanskis Antrag, da sonst das gesamte Paket verworfen worden wäre. Das Gremium lehnte dies bei acht Gegenstimmen und einer Enthaltung ab. Der Kreistag billigte daraufhin die komplette Änderung bei zwei Enthaltungen und Szepanskis Gegenstimme.

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