Gedenken an ermordete Wildeshauser Juden

Wildeshausen – Es war der 27. Januar 1945, als die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz befreite. Zu diesem Zeitpunkt waren die zwölf Wildeshauser Juden, die in der Nazi-Zeit ermordet wurden, vermutlich bereits alle tot – entrechtet, ausgehungert und gequält starben sie in Gettos in Minsk, Warschau und Theresienstadt, aber auch im KZ Auschwitz. An sie und die insgesamt sechs Millionen ermordeten Juden erinnerten am Montagvormittag, 75 Jahre nach der Befreiung des Lagers, Vertreter der jüdischen Gemeinde Oldenburg, rund 100 Schüler aus Wildeshausen sowie christliche Geistliche und Bürger der Stadt anlässlich des Holocaustgedenktages. Dazu hatten sie sich auf dem jüdischen Friedhof an der Ecke Delmenhorster Straße/Im Hagen in Wildeshausen versammelt.
Die beiden Hauptschüler Amina Ramadan (17) aus Wildeshausen und Leandro Leite-Marques (17) aus Neerstedt verlasen die Namen der ermordeten Wildeshauser Juden, die auch in eine Stele auf dem Friedhof eingraviert sind. Bürgermeister Jens Kuraschinski sprach davon, dass ein Gedenktag wie dieser nur sinnvoll sei, „wenn sich Auschwitz nicht wiederholt“. Die Schüler müssten selbst recherchieren, um Zugang zum Holocaust zu gewinnen. „Das ist für sie Geschichte.“ Besonders Berichte von Zeitzeugen würden einen großen Eindruck hinterlassen.
Aber je länger die Nazi-Zeit zurückliegt, desto weniger Menschen können davon berichten. „Wir sind dem Punkt ganz nah, wo es keine Zeitzeugen mehr geben wird“, blickte Bodo Gideon Riethmüller aus Wildeshausen in die Zukunft. Er ist in der jüdischen Gemeinde Oldenburg aktiv und forderte, dass „junge Menschen alles über die Schoah erfahren, damit sie nicht auf alte und neue Rattenfänger hereinfallen“. Riethmüller sprach von einer „immerwährenden moralischen Verantwortung gegen das Vergessen“, stellte aber auch klar, dass die „jetzige Generation nicht für die Gräuel verantwortlich ist“.
Riethmüller sprach davon, dass Juden häufig sensibel auf antisemitische oder ausländerfeindliche Vorfälle reagieren. „Wir haben nicht nur das Recht, sondern die Pflicht aufzubegehren – seien es Schmierereien auf jüdischen Friedhöfen oder Gewalt gegenüber Ausländern.“ Der Anschlag auf die Synagoge in Halle sei nur das vorläufige Ende einer Serie von Gewalttaten gegen Juden.
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung bewegten sich die Teilnehmer in die Hauptschule, wo Neunt- und Zehntklässler eine Ausstellung zum Holocaust konzipiert hatten. Inhaltlich geht es bei der Schau unter anderem um das Leben in den Gettos, in den Vernichtungs- und Arbeitslagern sowie um Auswanderungs- und Rettungsversuche.
Die Ausstellung ist Dienstag und Mittwoch jeweils von 8 bis 9.30 Uhr, 10 bis 11.30 Uhr und 11.45 bis 13.15 Uhr sowie morgen von 14.15 bis 15.45 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich. bor