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Landkreis - (ck) · Schon den Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin „unterstützte“ Helmut Fokkena. Damals hatte er mit dem früheren SPD-Abgeordneten Dietmar Schütz abgemacht, dessen letzten Koffer per Kutsche vom Rhein bis an die Spree zu transportieren. Jetzt steuerte Fokkena, im Hauptberuf als Regionalleiter des Verkehrsbetriebs „Weser-Ems-Busverkehr“ ohnehin versierter Fachmann für alles, was rollt, das Europäische Parlament in Straßburg an – ebenfalls per Kutsche. Am Dienstag bog sie auf den Innenhof des „Hohen Hauses“ ein. Mit auf dem Bock saß der Eigentümer dieses von zwei Schimmeln gezogenen Hinguckers, Gerold Claußen aus Wardenburg.
„Es war das erste Mal überhaupt, dass eine Kutsche in den Innenhof des Parlaments durfte“, berichtete Fokkena gestern stolz nach der Rückkehr. Klar, dass er und Claußen die Chance nutzten, um mit Oldenburg- und Deutschland-Fahnen Farbe zu bekennen. Schließlich rollen dort sonst nur motorisierte Staatskarossen vor.
Am Sonntag starteten Fokkena, Claußen, Stute Hilda und Wallach Hitzko im Transporter von Wardenburg aus das Elsass an. „20 Kilometer vor Straßburg haben wir am Montag Quartier bezogen und anschließend erst einmal das Parlaments-Terrain erkundet. Ursprünglich wollten wir ja sogar ins Gebäude fahren – aber dafür bekamen wir dann doch keine Genehmigung.“ Die Hufeisen hätten sie aus Rücksicht auf den Marmor extra entfernt.
Mit dem Ziel der Reise verzeichnete die „Oldenburgkutsche“ einen weiteren spektakulären Auftritt. Zur Begrüßung standen Ex-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU), die CDU-Europaabgeordneten Prof. Dr. Hans-Peter Mayer aus Vechta und Burkhard Balz aus der Region Hannover sowie SPD-Abgeordneter Matthias Groote aus Ostrhauderfehn „Spalier“. Wenig später nahmen die Politiker in der Kutsche Platz. Und einige wollten gar nicht mehr aussteigen: „Sie meinten, wir könnten noch stundenlang weiterfahren“, erinnerte sich Fokkena schmunzelnd. Und auch er genoss die Ankunft: „Da wird man fotografiert ohne Ende.“
Zu diesem außergewöhnlichen Besuch kam es nach einer Verabredung von Kutschen-Initiator Helmut Fokkena mit dem Europa-Abgeordneten Hans-Peter Mayer (CDU). „Die Idee entstand während des Oldenburger Grünkohl-Essens in Berlin und wurde per Handschlag besiegelt“, erinnert sich Fokkena. Er wollte mit der Aktion „nachhaltig Werbung für das Oldenburger Land, aber auch das Oldenburger Pferd betreiben. Denn ich bin mir sicher, dass in dieser Region die Weltspitze der Züchter ansässig ist.“ Der Name Paul Schockemöhle aus Mühlen im Landkreis Vechta war vielen begeisterten Franzosen, mit denen die beiden Kutscher ins Gespräch kamen, jedenfalls ein Begriff.
Ihren Ursprung hatte die „Oldenburgkutsche“ am 27. August 1998 während der Stadtfest-Eröffnungs-Fete im „Ratskeller“. Während einer legendären Herrenrunde entstand die Idee, zum Bundestags-Umzug 1999 den letzten Koffer des damaligen Oldenburger Bundestagsabgeordneten und späteren Oberbürgermeisters Dietmar Schütz per Kutsche nach Berlin zu transportieren. Unter starkem Medieninteresse lief diese logistische Leistung quer durch die Republik vom 1. bis 16. Juli ab.
Auf die spektakuläre Premiere folgten eine Vielzahl verschiedener Auftritte – immer mit dem selben Vehikel. Höhepunkt war zweifelsohne die Teilnahme an der 49. Steubenparade 2006 auf der 5th Avenue in New York. Zudem fuhr die Kutsche in mehreren Fernsehsendungen, während der größten europäischen Marschmusik-Tournee sowie bei Hochzeiten und Jubiläen vor.
Viele Prominente nahmen im Gefährt bereits Platz – unter anderem Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wullf, der ehemalige niedersächsische Wirtschaftsminister Walter Hirche, Ex-Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke, Moderator Carlo von Tiedemann, das Oldenburger Gesangs-Duo „Judith & Mel“ sowie viele „Miss Germanys“. Stets sicher kutschierte sie Gerold Claußen, Besitzer der „Oldenburgkutsche“.