Dem Müller reicht’s: „Flügel kommen runter“

Harpstedt – Wird sich die Windmühle von 1871, eines der Wahrzeichen des Fleckens Harpstedt, nicht mehr im Wind drehen? Betreiber Helmut Nienaber hat nach dem jüngsten Sturmschaden offenbar endgültig genug. „Die Flügel kommen runter. Ich bin schon dabei, sie abzubauen. Und dann ist Schluss! Mehr will ich dazu nicht sagen“, äußerte sich der Müller am Montagmorgen auf Nachfrage unserer Zeitung.
Er blieb extrem kurz angebunden. Das in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag abgerissene Flügelteil mit Lamellen ist nach Überzeugung des aufgebrachten Müllers nicht allein dem Orkantief Nadia zu verdanken; es sei vielmehr das Ergebnis handwerklichen Pfuschs, der schlimmstenfalls Todesopfer zur Folge hätte haben können, schimpfte der Müller. Im vergangenen Jahr hatte er sein Entsetzen über drei Windbretter zum Ausdruck gebracht, die unvermittelt von der Mühle herabgefallen waren. Sie seien mit 70 Kilogramm pro Stück viel zu schwer und zudem mit Spack- statt Schlossschrauben befestigt gewesen. Solch unfachmännischer Leichtsinn gehört in den Augen Helmut Nienabers bestraft.
„Pfusch“-Vorwürfe reißen nicht ab
Wo er „Pfusch“ im ursächlichen Zusammenhang mit dem aktuellen Schadensfall sieht, konkretisierte der Müller nicht. Aus seinen Worten ließ sich ausschließlich Brass heraushören. „Die Mühle steht seit 150 Jahren. Nie zuvor ist so was passiert. Nicht ein einziges Mal. Und über diese Mühle ist schon so mancher Sturm gezogen“, grantelte Nienaber.
Mit Vorwürfen reagiert er seit über zehn Jahren, wann immer er auf den Galerie-Holländer angesprochen wird. Die letzte große Restaurierung mit Mitteln des Fleckens Harpstedt und der Europäischen Union ist nach seiner Ansicht gründlich in die Hose gegangen und unfachmännisch ausgeführt worden. Sein Urteil über später erledigte Arbeiten von Handwerksfirmen fällt kaum besser aus.
Zu einem Langzeitproblem mutierte der Antrieb: In das Königsrad eingesetzte Kämme aus Robinie brachen ständig heraus, weil, so der Mühlenbetreiber, dieses Holz einfach ungeeignet gewesen sei; auch habe die „Teilung“ nicht gestimmt. Das Ende vom Lied: Nienaber erneuerte die Kämme selbst. Andere Arbeiten, etwa an der Bremse, führte er mit Unterstützung Ehrenamtlicher aus. Der Amtshof beobachtete sein Werkeln an dem denkmalgeschützten Bauwerk dem Vernehmen nach mit Argwohn. Nienaber lässt indes kein gutes Haar an der Gemeinde. Kurzum: Das Verhältnis wirkt zerrüttet.
„Die Mühle steht seit 150 Jahren. Nie zuvor ist so was passiert. Nicht ein einziges Mal. Und über diese Mühle ist schon so mancher Sturm gezogen.“
Dass der Flecken Harpstedt die Windmühle gegen Sturmschäden hat versichern lassen, scheint den Müller nicht mehr zu interessieren. Die Motivation, den Galerie-Holländer weiterhin in einem betriebsfähigen Zustand zu halten, ist offenkundig weg.
Zersägen war alternativlos
Gegenwärtig erweckt Nienaber keineswegs den Eindruck, als sei er gewillt, sich umstimmen zu lassen. Die Gemeinde dürfte aber wohl gar nicht umhinkommen, das Gespräch mit ihm als Eigentümer zu suchen. Denn es liegt im öffentlichen Interesse, das Wahrzeichen, in dem bekanntlich viel Steuerzahlergeld steckt, möglichst lange zu erhalten – mitsamt der Flügel.
Nichts zu kritisieren hat Helmut Nienaber nach eigenem Bekunden an der Art und Weise, wie die Freiwillige Feuerwehr Wildeshausen am Sonntagnachmittag den Sturmschaden beseitigte. Sie zersägte das abgebrochene Flügelteil und beförderte es stückweise in der Drehleitergondel zu Boden. Es ganz zu lassen, wäre aus Sicht des Müllers gar nicht möglich gewesen – schon wegen des viel zu hohen Gewichts: „Das wiegt ‘ne Tonne.“