Ministerin Staudte versetzt das Kreislandvolk - Stimmung angespannt

Wardenburg/Landkreis – Irgendwie schwebte es über der Veranstaltung: Das Kreislandvolk Oldenburg hatte die Niedersächsische Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) als Gastrednerin zu seiner Jahreshauptversammlung eingeladen – und bereits im vergangenen Jahr eine Zusage von ihr erhalten. Doch von der Ministerin fehlte am Donnerstagnachmittag jede Spur. „Am vergangenen Freitagabend um 19.31 Uhr“ sei die Absage aus dem Vorzimmer der Ministerin per E-Mail gekommen, berichtet der Kreislandvolk-Vorsitzende Detlef Kreye. Auch der Staatssekretär sei verhindert, habe es geheißen. Als Begründung sei lediglich eine dringende Terminsache genannt worden. Einen Ersatzredner habe das Ministerium hingegen nicht avisiert. Erst auf Nachfragen des Landvolkes bei der agrarpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Karin Logemann (Berne), konnte Hannover dann am Dienstag doch noch einen Redner stellen: Dr. Cord Stoyke, Abteilungsleiter im Ministerium.

Drei Monate Vorbereitungszeit seien umsonst gewesen, sagte Kreye: „Sowas macht man nicht.“ Und wenn die Absage notwendig gewesen sein sollte, sorge man eben für adäquaten Ersatz. Manche Mitglieder und Gäste hätten sich sicherlich Zeit genommen, um die Ministerin zu hören. Dieses Verhalten aber sei unhöflich und signalisiere „Geringschätzung“ gegenüber dem Landvolk. In puncto Kommunikation sei das „die Note Sechs“, so Kreye. Dem Vernehmen nach soll auch der Kreislandvolkverband Cloppenburg für eine noch anstehende Veranstaltung zeitgleich ebenfalls eine gleichlautende Absage erhalten haben.
Cem Özdemir „macht seit 15 Monaten genau nichts“
Keine einfache Ausgangslage also für den Gast aus Hannover. Zumal sich das Publikum neben zahlreichen Vertretern aus Verwaltung – darunter Landrat Christian Pundt, der ein kurzes Grußwort hielt sowie den Bürgermeistern aus den Gemeinden – und Politik, (darunter die hiesigen Landtagsabgeordneten) natürlich viele Landwirte saßen. Deren Situation hatte ihr Vorsitzender in dem Vortrag „Tierhaltung, Flächenbewirtschaftung, Klimaallianz – Wie gestaltet sich die Zukunft unserer Region?“ umrissen. Dabei listete er eine ganze Reihe von Problemen auf – vom Dünge- und drohenden Pflanzenschutzmittelverbot auf bestimmten Flächen oder dem sich ausbreitenden Wolf – und forderte abermals verlässliche und damit langfristige Planungs- und somit Investitionssicherheit für seinen Berufsstand. Doch fehlten seitens der Politik weiterhin umsetzbare Antworten und Lösungen auf die gegenwärtigen Probleme. „Der derzeitige Bundeslandwirtschaftsminister macht schon seit 15 Monaten genau nichts. Er befindet sich in Parkposition“, urteilte Kreye. Die Realität müsse jetzt in das politische Handeln und auch bei den Verwaltungen Einzug halten: „Wir verkommen in der Moral von öffentlichen Bedenkenträgern und Ideologen.“ Habe denn niemand aus den vergangenen drei Jahren gelernt, dass Lieferketten zusammenbrechen und Warenverfügbarkeiten nicht gegeben sein könnten und deshalb die Importe von Nahrungsmitteln zunähmen, fragte Kreye. Letztere seien Waren, die man andern Ländern quasi wegkaufe. Lösung seien insgesamt dringend nötig, so der Großenkneter: „Landwirtschaftliche Familienbetriebe gehen auf dem Zahnfleisch und das nicht erst seit gestern.“
Veränderungen alternativlos
Das sei eine gewichtige Einleitung gewesen, sagte denn auch der Gast aus Hannover. Kreye liege in vielen Punkten richtig, habe den Finger in die Wunde gelegt. Doch bereitete er die Landwirte auf eine zwangsläufige Transformation ihres Berufes vor. Die Landesregierung wolle diesen Prozess begleiten, so Dr. Stoyke und nannte einige Themenfelder: So lebten etwa schon jetzt rund zwölf Prozent der Anfang-20-Jährigen fleischlos. Diese seien in ein paar Jahren Haushaltsvorstände, die dann über Einkäufe entscheiden werden. Ein anderer Bereich war die Wiedervernässung der Moore: 20 Prozent der Treibhausgas-Emissionen stammten aus den hiesigen Mooren, Landwirte nutzten 84 Prozent dieser Flächen. Angesichts der Größe des Problems bringe es wenig, den jetzigen Status quo zu verteidigen, sagte Dr. Stoyke. Doch solle auch dieses Problem zusammen mit den Landwirten gelöst werden. Bei den insgesamt notwendigen und teils auch gesellschaftlich geforderten Anpassungen werde das Land jedoch beraten und gegebenenfalls Förderprogramme bereithalten. Doch werden sich auch die Agrarier anpassen müssen, so wie es historisch gesehen immer erfolgreich getan hätten. „Niedersachsen will Agrarland Nummer eins bleiben“, so der Ministeriale, „dafür bedarf es auch des Mutes der Landwirte, mit voranzugehen.“