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Förderschule Lernen schafft erfolgreiche „individuelle Lern- und Berufsgeschichten“

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Von: Gero Franitza

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Die Gäste aus de Politik schauen sich bei der Schülerfirma um, wo gerade fleißig produziert wird.
Die Gäste aus de Politik schauen sich bei der Schülerfirma um, wo gerade fleißig produziert wird. © fra

Liberale Kreistagsgruppe informiert sich über das geplante Ende der Förderschulen Lernen

Ganderkesee/Landkreis – Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen sollen ab 2028 der Vergangenheit angehören – das hat die Niedersächsische Landesregierung so beschlossen. Schüler, die im Landkreis Oldenburg sonst eine dieser Einrichtungen besucht hätten, werden dann im Sinne der Inklusion an Regelschulen (Haupt-, Real- und Oberschulen sowie Gymnasien) unterrichtet. Die Kreistagsgruppe FDP/Freie Wähler/UWG und CDW hat der „Schule am Habbrügger Weg“ in Ganderkesee einen Besuch abgestattet und sich vor Ort über die konkreten und möglichen Auswirkungen der Umstellungen informiert. Die Einrichtung bietet bislang zwei Förderschwerpunkte an: Neben dem des Lernens noch „emotionale und soziale Entwicklung“ – für Letzteren sind die Ganderkeseer für den gesamten Landkreis zuständig.

„Es wird keine Aufnahmen in den kommenden fünften Jahrgang geben, da es keine Grundlage mehr gibt, ihn zu bilden“, sagt Schulleiter Rainer Müller zu den Folgen für den Schwerpunkt Lernen. Die Schule sei vor rund 50 Jahren gegründet worden, hatte der Pädagoge seinen Gästen aus der Politik berichtet, „für Schüler, die in anderen Schulen nicht richtig aufgehoben waren“.

Viele könnten nach Ende ihrer Zeit dort eine Berufsbildende Schule besuchen, andere legten im Anschluss an die Förderschul-Klasse neun ihren Hauptschulabschluss ab – das gelinge sogar den meisten seiner Schützlinge. Doch gebe es auch erfolgreiche „Rückschulungen“, so Müller: wenn Mädchen und Jungen nach einiger Zeit wieder eine Regelschule besuchen könnten. Generelles Ziel sei es, dass die Jugendlichen später im ersten Arbeitsmarkt „kleben bleiben“, umschrieb der Schulleiter. Im Schulalltag bedeute das viel Projektarbeit, etwa in der erfolgreichen und vom Land ausgezeichneten Schülerfirma, aber auch mit Praktika mit zahlreichen Firmen, wo die Jugendlichen im Hauptschulbereich zwei Tage die Woche verbringen. So gelinge es erfolgreich „individuelle Lern- und Berufsgeschichten zu schreiben“.

Bereits ein „gutes System im Landkreis“

„Wir sind im Landkreis in der glücklichen Lage, mit einem sehr guten Förderschul-System ausgestattet zu sein“, sagte die Gruppenvorsitzende Marion Daniel (FDP) in dem Gespräch. Durch das Auslaufen des Lern-Schwerpunktes werde zwangsläufig „ein immenser Lehrerbedarf“ an den Regelschulen erzeugt. „Wir alle sind für Inklusion“, so Daniel, gleichwohl müsse überlegt werden, ob Schüler, die an den Regelschulen nicht gut dastehen, an einer entsprechende Förderschule nicht doch besser aufgehoben seien.

Er bedauere es sehr, dass es künftig keine Wahlmöglichkeiten für die Eltern mehr gebe, sagte Müller: „Wir haben ein erfolgreiches viertes System angeboten.“ Und dieses sei voll ausgestattet und können „alles anbieten“. Nun müsse die Schule den Eltern erklären, dass dieses nicht mehr bereitsteht Die rund 80 Schüler, die sonst die Ganderkeseer Förderschule Lernen besuchen, an andere Einrichtungen zu verteilen, werde sicherlich eine Herausforderung sein. Auch, wenn es dort bereits Kollegen gebe, die gut in das Thema eingearbeitet seien, meinte Müller.

Eltern sollten zumindest wählen können

Die Politiker waren sich einig, dass es zumindest eine Wahlmöglichkeit für Eltern geben müsse. Arnold Hansen (Freie Wähler) zeigte sich skeptisch, dass die Umstellung „von heute auf morgen klappt“. Leidtragende seien die Eltern, aber auch die Schüler sowie die Lehrer an den Regelschulen, die „schon jetzt überfordert sind.“ Christin Rollié (CDW) gab zu bedenken, dass die Oberschulen und Gymnasien mit der steigenden Anzahl an Flüchtlingen, etwa aus der Ukraine, noch ganz andere Aufgaben zu schultern hätten. Auch sei die Frage nicht geklärt, was mit den Kindern geschehe, die dann in der Regelschule durch das Raster fielen. Nicht alle Landkreise verfügten über solche Förderschulen, ergänzte Daniels. Doch wo es sie gebe, sollten sie auch weiterhin Bestand haben. Thomas Leppin (FDP) hinterfragte, welches Ziel die Inklusion verfolgen sollte, beziehungsweise, wie der Gedanke der Integration in die Gesellschaft umgesetzt werden könnte. Dies sei nicht zuletzt eine politische Entscheidung, sagte Müller: Gelte der inklusive Gedanke pauschal, oder könne es auch bedeuten, dass die jungen Menschen am Ende ihrer Ausbildung einen festen Platz im ersten Arbeitsmarkt erhielten – wie dies in der Ganderkeseer Schule seit mehr als 50 Jahren der Fall sei – auch wenn dies bedeute, dass man sie vorher „trenne“. Doch wenn Politik den Gedanken „zeitlich nach vorne schiebe“, dann müsse die Aufgabe eben bei den Regelschulen angesiedelt sein.

Nicole Kornetzki, stellvertretende Leiterin des Schulamtes des Landkreises, berichtete, dass viele Eltern unglücklich über den Wegfall der Lern-Förderschulen seien. Wie sich die Änderung auf die hiesige Schullandschaft auswirken werde, und wie darauf reagiert werden könnte, soll in der kommenden Kreis-Schulausschusssitzung beraten werden. Die Verwaltung bereite gerade eine entsprechende Vorlage vor.

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