Inflationsprämie: NGG wirft Betrieben Drückebergertum vor

Landkreis – Drücken sich Betriebe im Landkreis Nienburg vor der Zahlung der Inflationsprämie? Diesen Vorwurf macht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) den etwa 3200 Unternehmen, die im Landkreis Nienburg ansässig sind. Das geht aus einer Pressemitteilung der Gewerkschaft hervor.
Die NGG hat nach eigenen Angaben rund 200 000 Mitglieder (Stand 2020) und vertritt die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Branchen wie dem Gastgewerbe, der Backwaren-, der Getränke-, Süßwarenindustrie, dem Bäckerhandwerk, dem Fleischerhandwerk, der Tabak-, der Zucker- und der Fleischindustrie. Lena Melcher, Geschäftsführerin der NGG-Region Hannover bemängelt, dass sich ein Großteil dieser Betriebe davor drücken würde, die eigenen Mitarbeiter zu unterstützen. Betroffen seien „alle Branchen – von Bäckereien über Hotels bis zu Lebensmittelbetrieben“, ergänzt Melcher. Dabei sei die Prämie ein Instrument, das die Bundesregierung extra geschaffen habe, um die Härte der Krise abzufedern.
Für alle Beschäftigten im Kreis Nienburg, die bislang leer ausgegangen seien, sei es an der Zeit, einen „Inflationspuffer“ zu bekommen, meint Melcher. Es gehe schließlich darum, den Schwund bei der Kaufkraft ein Stück weit aufzufangen. Immerhin habe die Inflation auch im Januar mit einer Teuerungsrate von 8,7 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr für eine spürbare Belastung der privaten Haushaltskassen geführt, so Melcher weiter.
NGG: Betriebe sollten Prämie nutzen
Die NGG fordert Unternehmen im Kreis Nienburg auf, sich „nicht vor der Inflationsausgleichsprämie zu drücken“. Und: „Die Prämie von bis zu 3000 Euro sollte genutzt werden. Sie kann auch in Etappen ausgezahlt werden. Wer noch keine Inflationsprämie bekommen hat, sollte beim Chef anklopfen. Ideal ist es natürlich, wenn ein Betriebsrat nachfragt“, berichtet die Geschäftsführerin der NGG-Region Hannover, Lena Melcher.
Henrik Dreyer ist der Vorsitzende des Dehoga-Kreisverbandes Nienburg (Deutsches Hotel- und Gaststättengewerbe) mit derzeit 85 Mitgliedern. Auf Nachfrage erklärt er, dass sein Verband die Inflationsprämie sehr positiv sehe. „Wir sehen uns auch in der Pflicht, unsere Mitarbeiter zu belohnen“, betont er. Dreyer zufolge hält ein Großteil der Dehoga-Mitglieder die Inflationsprämie für eine gute und sinnvolle Maßnahme. Den verbalen Angriff der NGG speziell auf das Hotel- und Gaststättengewerbe bezeichnet er als „interessant“. „Ich kann nur aus der Perspektive der Betriebe sprechen, die ich kenne. Und die suchen händeringend nach Leuten. Natürlich wollen wir die auch vernünftig bezahlen“, betont Dreyer.
In seinem Betrieb, dem Hotel Gasthaus Dreyer in Husum, werde die Inflationsprämie derzeit noch nicht gezahlt. „Ich bin der einzige Festangestellte“, erläutert er. Das übrige Personal habe Aushilfsverträge. Dreyer: „Ich bin im Gespräch mit unserem Steuerberater, wie wir die Leute belohnen können.“ Auch in seinem Betrieb herrsche Personalnot. „Wir suchen händeringend Mitarbeiter für die Küche, den Service, das Hotel und die Reinigungsarbeiten“, listet er auf. „Derzeit ist die Lage so: Wir nehmen, wen wir kriegen können.“ Daher habe man keinen Grund, sich vor einer Prämie zu drücken.
Henrik Dreyer (Dehoga): Stückelung sinnvoll
„Wir versuchen es“, sagt Henrik Dreyer, aber die meisten Betriebe seien auch noch von der Corona-Pandemie arg gebeutelt. Vor diesem Hintergrund hält er eine Stückelung der Inflationsprämie für sinnvoll. „3000 Euro am Stück auszuzahlen ist für die meisten Betriebe Utopie.“
Lena Melcher ist es wichtig, dass es sich bei der Inflationsausgleichsprämie nicht um einen Ersatzlohn handele: „Die Prämie ist eine Art finanzielles ‚Inflations-Pflaster‘, das jedoch die langfristige und dauerhafte Tariferhöhung nicht ersetzt“, sagt Lena Melcher. Die Gewerkschafterin kündigte Lohnforderungen von „10 plus X“ Prozent an. Azubis müssten mindestens 200 Euro mehr pro Monat bekommen. Dafür werde sich die NGG in den kommenden Wochen am Verhandlungstisch einsetzen: „In der Brot- und Backwaren-Industrie wie auch der Süßwaren-Industrie stehen Lohnverhandlungen bevor. Auch für die Beschäftigten in der Milch- und Zuckerindustrie wird es um ein kräftiges ‚Lohn-Update‘ gehen“, so Melcher.