Lothar Krist und seine „Hot Five“ begeistern mit New Orleans Jazz

Bücken - Von Horst Friedrichs. Diese Jazzer entzückten ihr Publikum schon, bevor sie loslegten. Allein die Ankündigung der guten, alten Titel genügte, um den Zuhörern in der Kleinkunstdiele freudige „Oohs“ und „Aahs“ zu entlocken, ehe der erste Ton erklang. Die das bewirkten, waren Lothar Krist und seine „Hot Five“ aus Hannover. Auf der Dielenbühne des Bücker Kulturmittelpunkts traten die sechs Spitzenmusiker abermals den Beweis für den guten Ruf an, der ihnen vorauseilt. Peter Klein, Betreiber der Kleinkunstdiele, formulierte es in seinen Begrüßungsworten so: „Diese Band versteht es, jedes Publikum wirklich zu unterhalten.“
Diesem Ruf mehr als gerecht geworden zu sein, bescheinigte Peter Klein der Band nach zwei begeisternden Konzertstunden, die erst nach zwei Zugaben endeten. Lothar Krist hatte es verstanden, zwischen den einzelnen Titeln die Jazzgeschichte als einfühlsamer Geschichtenerzähler darzulegen – nicht eine Sekunde trocken oder gar langweilig. Kurzweilig und bildhaft schilderte der passionierte Jazzmusiker die Entstehungsgeschichte der ureigenen amerikanischen Musik am Beispiel ihrer bekanntesten Persönlichkeiten – von Louis Armstrong über Sidney Bechet bis Duke Ellington.
So gab es zu jedem Stück, mit dem die Band die Anfänge des Jazz in Erinnerung rief, kurzweilige Erzählungen aus der schillernden Welt der einschlägigen Musikszenen von New Orleans, Chicago und New York. „Danke für die Zeitreise und die Einführung in die Thematik dieser Musik durch Lothar Krist – und für die fantastische Interpretation der Titel durch die Band“, äußerte Peter Klein denn auch seine Begeisterung am Ende eines rundum gelungenen Konzertabends. Für die Jazzfans gab es eine bedeutende Ankündigung: Pianist Andy Mokrus, der am Freitagabend zum ersten Mal auf dem neuen Konzertflügel der Kleinkunstdiele spielte, wird im September dieses Jahres an ebenjenem Flügel ein Solokonzert geben.
Neben Lothar Krist (Klarinette) und Andy Mokrus gehörten zur aktuellen Bandbesetzung: Daniel Zeinoun (Trompete), Jürgen Kauer (Posaune), Ulli Füller (Bass) und Lennart Schmidt (Schlagzeug). Alle sind Mitglieder der Hannover Big Band – wie auch Axel Prasuhn, der eigentlich gemeinsam mit Ulli Füller und weiteren Mitgliedern der Big Band aus der Landeshauptstadt für den Konzerttermin am Freitagabend in der Kleinkunstdiele vorgesehen war. Wegen einer Erkrankung musste Prasuhn jedoch absagen, und so waren Lothar Krist und seine Hot Five für ihn eingesprungen. Mit dem „Spirit of New Orleans“, den sie in der Kleinkunstdiele zelebrierten, spielten sich die sechs Vollblutjazzer – nach ihrem Auftritt im vergangenen Jahr – erneut in die Herzen ihrer Bücker Zuhörer.
Mit der „Bourbon Street Parade“, dem Superhit des New Orleans Jazz, eröffnete die Band das Konzert. Die gefällige Harmonienfolge von „On The Sunny Side of the Street“ zeitigte besondere solistische Leistungen – so von Trompeter Daniel Zeinoun, der in höchsten Tonlagen brillierte. Lothar Krist gefiel mit einem souveränen und zugleich virtuosen Solo auf der Klarinette, und Jürgen Kauer entlockte der Posaune sanft fließende Tonfolgen. Mit perlenden Läufen spielte Andy Mokrus die Vorzüge des neuen Flügels voll aus. Andächtig lauschte das Publikum so gefühlvoll vorgetragenen Titeln Duke Ellingtons wie „Creole Love Call“ und „Mood Indigo“. Bix Beiderbeckes „Royal Garden Blues“ fehlte ebenso wenig im Programm wie der Standardtitel „I’ve Found a New Baby“, den Lennart Schmidt mit einem furiosen Schlagzeug-Solo garnierte, bevor es in die Pause ging.
„Es kommt nicht darauf an, welches Stück du spielst, sondern darauf, dass du es mit dem Herzen spielst“, zitierte Lothar Krist einen berühmten Satz von Louis Armstrong. Dass Krist und die Hot Five sich von ganzem Herzen danach richteten, war während der gesamten Konzertdauer deutlich zu spüren. In der zweiten Hälfte spielte die Band W.C. Handys „St. Louis Blues“ und sorgte mit dem Standard „All Of Me“ für nicht enden wollenden Applaus. Herausragend war Lothar Krists Interpretation von Sidney Bechets Komposition „Petite Fleur“ und als gelungener Exkurs in die frühen Jahre der „Tiger Rag“, den die Original Dixieland Jazz Band einst als erste Schallplattenaufnahme des Jazz herausbrachte.
Nachdem Lothar Krist Louis Armstrongs zu Herzen gehendes „What a Wonderful World“ gesungen hatte, sollte eigentlich Schluss sein. Doch es verstand sich fast von selbst, dass das Publikum die Musiker noch nicht nach Hause gehen lassen wollte. So gab es „Sweet Georgia Brown“ als gewohnt „posaunenlastige“ erste Zugabe, und es folgte als Zugabe Nummer zwei „Summertime“ aus George Gershwins Oper „Porgy and Bess“.