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Linotype-Setzmaschine lockt viele Besucher an

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An einem seiner Prachtstücke, der Linotype-Setzmaschine, nahm Michael Linke während der Ausstellungseröffnung in seinem Druckereimusem Platz. Links: seine Assistentin Brigitte Leder.
An einem seiner Prachtstücke, der Linotype-Setzmaschine, nahm Michael Linke während der Ausstellungseröffnung in seinem Druckereimusem Platz. Links: seine Assistentin Brigitte Leder. © Horst Friedrichs

Von Horst FriedrichsDer Duft von heißem Blei liegt in der Luft, wenn Michael Linke seine Linotype anwirft. Die monströse Maschine, an der Schriftsetzer in früheren Jahrzehnten Zeitungszeilen aus dem Schwermetall erzeugten, steht in Linkes Druckereimuseum an der Hoyaer Kirchstraße. Zurzeit läuft das schwarze Ungetüm zwar nicht, aber das soll sich bald ändern.

Den Anstoß dafür gab es am Sonntagnachmittag, als Michael Linke seine Museumsdruckerei im Rahmen einer gemeinsamen Ausstellung mit dem benachbarten Heimatmuseum öffnete. Das Motto „Wir machen Druck – von Gutenbergs Lettern zum Laptop“ sorgte in den der schwarzen Kunst gewidmeten Räumen an der Kirchstraße für einen ungeahnten Besucherandrang.

Linkes Zeitplan vom stündlichen Wechsel ins Heimatmuseum geriet dadurch gründlich durcheinander. „Nebenan“ stand für ihn – wie schon am Sonntag zuvor – das Schnitzen von Buchstaben aus Birnbaumholz auf dem Programm. Unter den Besuchern des Druckereimuseums aber fanden sich Fachleute, die Michael Linke dabei helfen werden, die alte Linotype-Setzmaschine wieder flottzumachen und neu in Betrieb zu nehmen. Kein Wunder, dass er es da nicht immer pünktlich zu seinem Platz im Heimatmuseum schaffte.

Wenn das so weit ist, wird die Linotype an der Kirchstraße wieder ihre Bleistangen schmelzen, um daraus Druckzeilen zu gießen, wie sie früher für die Zeitungsherstellung verwendet wurden. Dabei entwickelt sich dann der unvergleichliche Geruch eines Setzereibetriebs, von dem Fachleute aus der Buchdruck-Zeit schwärmen und zugleich beteuern, sie hätten ohne ihn nicht leben können.

Wenn Michael Linke sich an seine Linotype setzt, stilgerecht mit blauer Latzhose gekleidet, dann entsteht ein wahrhaftes Bild aus der Vergangenheit. Die Linotype „zwingt“ ihren Bediener, jene typische Haltung einzunehmen, in der Heerscharen von Setzern in Maschinensälen des 20. und des späten 19. Jahrhunderts ihre Arbeitstage verbrachten.

Und wenn Michael Linke vor der Tastatur der Linotype Platz nimmt, wird auch deutlich, warum er diese mächtige Maschine aus der Frühzeit der Industrialisierung als eines der beiden Prachtstücke seiner Sammlung betrachtet – neben der Kniehebelpresse von 1866, die aus Berlin stammt und als älteste Druckmaschine gilt.

Bevor Michael Linke und seine Ehefrau Sylke 1998 das ehemalige Hoyaer Pfarrhaus neben der alten Martinskirche kauften, um darin das Druckereimuseum unterzubringen, stand die Linotype in der Wecholder Schule. Linke, der dort als Lehrer arbeitete, betrieb dort auch die Anfänge des Druckereimuseums: „Wir haben eine Schülerzeitung in Bleisatz hergestellt. Die Begeisterung der Kinder für das Drucken hat mich angesteckt.“

So wurde Michael Linke zum Druck-Fan, der schon mal vom Schulrat sanft erinnert werden musste: „In erster Linie sind Sie aber Lehrer, Herr Linke.“ Heute, seit fünf Jahren pensioniert, räumt der damals Ermahnte mit einem Blick auf die inzwischen angesammelten Museumsstücke ein: „Man muss schon besessen sein, um so etwas zu machen.“

In der Gründerzeit seines Museums besuchte Michael Linke alte Buchdruckereien in ganz Deutschland und rettete erhaltenswerte Druckmaschinen und Zubehör, indem er sie kaufte. Beispielhaft dafür ist die Linotype, die er von der Druckerei Schröder in Großburgwedel erwarb. Die eineinhalb Tonnen schwere Maschine musste zerlegt und dann – zunächst in Wechold und später in Hoya – wieder aufgebaut werden.

Damit fand eine der wohl berühmtesten Druckmaschinen einen Dauerplatz in der Grafenstadt. Auch die Kreiszeitung und ihr Vorläufer, das Hoyaer Wochenblatt, wurden lange Zeit mit Linotypes gesetzt. Erfinder der Setzmaschine war der Deutsche Ottmar Mergentaler, der nach einer Uhrmacherlehre in die USA auswanderte und dort seine technische Begabung umsetzte. Als er die fertige Maschine 1886 dem Herausgeber der New York Tribune vorführte, soll dieser angesichts des Endprodukts begeistert gerufen haben: „A line of types!“ – eine Zeile aus Buchstaben! Damit war der Name der Maschine und ihrer Herstellerfirma, der Mergenthaler Linotype Company, geboren.

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