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Waldsterben nimmt immer weiter zu – auch in der Region

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Von: Horst Friedrichs

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Abgestorbene Fichten sind vielerorts im Hoyaer Land zu sehen, wie unser Bild aus Eitzendorf zeigt. Auch andere Bäume sind vom neuerlichen Waldsterben betroffen, das auf Klimawandel und Trockenheit zurückgeführt wird.
Abgestorbene Fichten sind vielerorts im Hoyaer Land zu sehen, wie unser Bild aus Eitzendorf zeigt. Auch andere Bäume sind vom neuerlichen Waldsterben betroffen, das auf Klimawandel und Trockenheit zurückgeführt wird. © Horst Friedrichs

Magelsen – Wie riesige verdorrte Weihnachtsbäume sehen sie aus, die sterbenden Fichten in heimischen Wäldern. Aber auch andere Bäume sind betroffen – vom neuerlichen Waldsterben. Mit voller Wucht hat es auch im Hoyaer Land eingesetzt. An vielen Orten künden dürre Zweige ohne jegliches Grün vom Tod der Bäume. Der Anblick weckt Erinnerungen an das Waldsterben der 80er-Jahre und an die „Kalk-Kanone“. So wurde das „schwere Geschütz“ genannt, das Hans Hittmeyer aus Magelsen damals gegen die Auswirkungen des sauren Regens auffuhr. Gegen das heutige Waldsterben, mutmaßlich verursacht durch Klimawandel und Trockenheit, scheint allerdings noch kein Kraut gewachsen zu sein.

In akribischer Arbeit entwickelte Hans Hittmeyer in Magelsen Anfang der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts seine „Kanone“, die Kalk tonnenweise bis zu 150 Meter weit in die Wälder blasen konnte. Das mächtige Gebläse wurde von einem 200 PS starken Motor angetrieben und war in der Lage, den Kalk gleichmäßig auf den Waldboden zu stäuben. In einem Artikel der Kreiszeitung vom 23. Februar 1984 heißt es weiter, die Kanone und ein ausreichend großer Kalkbehälter seien auf einem dreiachsigen Holzrückefahrzeug montiert gewesen, das von einem zweiten 200-PS-Motor angetrieben wurde.

„Fünf Tonnen Kalk pro Hektar mussten ausgebracht werden, um gegen den sauren Regen eine ausreichende Wirkung zu erzielen“, erläutert Hartmut Westermann vom Verein „Alte Schule Magelsen“ im Gespräch mit der Kreiszeitung. Westermann hat gemeinsam mit Wilhelm Meyer und Wilken Brüns im Archiv des Vereins nachgeforscht und Berichte über die Kalk-Kanone aufgespürt. „Das Gerät war in ganz Norddeutschland im Einsatz“, berichtet Wilhelm Meyer, und Wilken Brüns fügt hinzu: „In Fachkreisen war es hochgelobt.“

Als Gebrauchsmuster angemeldet und vom Technischen Überwachungsverein (TÜV) als Arbeitsmaschine anerkannt, konnte Hittmeyers Magelser Kanone bis zu acht Tonnen Kalk pro Stunde in den Wald schleudern. Fachleute waren damals von der hohen Wirksamkeit der Maschine begeistert. Nach technischen Schwierigkeiten stellte die Kanone aber einige Zeit später ihre Arbeit ein. Hubschrauber übernahmen das Regiment an der Kalk-Front, weitere großangelegte Umweltschutzmaßnahmen wurden verwirklicht, und das in den Achtzigern befürchtete große Waldsterben blieb aus.

Dafür setzte eine neue Form des Waldsterbens ein, die nun auch in Magelsen und Umgebung an vielen Stellen deutlich erkennbar ist. Mit den Erinnerungen an die Kalk-Kanone erwächst aber zugleich die Erkenntnis, dass eine solche Maschine wohl nicht das probate Mittel gegen die aktuellen Todesursachen des Waldes sein könnte. Neben der verheerenden Trockenheit, die Wissenschaftler dem Klimawandel zuschreiben, machen Schädlinge wie der Borkenkäfer und der Eichenprozessionsspinner den Bäumen schwer zu schaffen. Berichten zufolge sollen mehr als 110.000 Hektar Wald in Deutschland bereits abgestorben sein. Mehr als eine halbe Milliarde Euro, so das Bundeslandwirtschaftsministerium, soll für den Waldschutz aufgewendet werden. Im Gespräch sind in Deutschland Anpflanzungen von Baumarten aus Amerika oder Asien, die den Auswirkungen von Hitze und Trockenheit buchstäblich besser gewachsen sind.

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