Zoff um EU-Abgasnorm: Autobauer in Niedersachsen enorm unter Druck

Volkswagen schlägt Alarm, weil aufgrund der neuen Abgasnorm Euro 7 Jobverluste drohen. In Wolfsburg ist die Rede von „völlig unrealistischen zeitlichen Zielvorgaben“.
Berlin/Wolfsburg – Aufgrund der geplanten EU-Abgasnorm Euro 7 kommen Autobauer wie Volkswagen in Niedersachsen aktuell enorm unter Druck. Es drohen Jobverluste, sagt auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der mit Blick auf die neuen Pläne der EU-Kommission zu Abgasen ebenfalls vor einer zu scharfen Regulierung warnte. „Regulierung muss Mobilität fördern, nicht verhindern“, sagte der FDP-Politiker am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Zoff um EU-Abgasnorm: VW warnt vor „völlig unrealistischen zeitlichen Vorgaben“ - Jobs in Gefahr
Die systematische Verknappung durch Regulierung gefährde nicht nur den weiteren Hochlauf der E-Mobilität, sondern zunehmend auch unzählige Arbeitsplätze. „Wenn Fahrzeuge immer teurer werden, ohne dass damit mehr Umweltschutz verbunden ist, wird Mobilität zum Luxusgut“, so Wissing. „Wir brauchen in der Fläche Teilhabe durch individuelle Mobilität – auch in Zukunft.“
Scharfe Kritik kommt auch aus Wolfsburg, von Autobauer Volkswagen. Dort sprach man von „völlig unrealistischen zeitlichen Vorgaben“. Hersteller und Behörden könnten diese kaum so rasch umsetzen wie gefordert. Die geplante Strenge der Standards würde „große personelle und finanzielle Ressourcen binden, die wir sinnvoller und zukunftsgerichtet für die Elektrifizierung einsetzen könnten“.
Zoff um EU-Abgasnorm: Geforderte Abgastechnik würde Kleinwagen erheblich teurer machen
Die Autobranche moniert überdies, dass die Kriterien für Abgastests nach den neuen Vorgaben zu speziell seien. „Der Luftqualität ist nicht geholfen, wenn wir die Abgasemissionen eines neuen Verbrenners mit Vollgas und Pferdeanhänger im ersten Gang auf einem Bergpass in den Alpen zum Maß der Dinge machen“, hieß es aus dem Haus von VW-Geschäftsführer Oliver Blume. Die reale Nutzung sehe meist anders aus – während die geforderte Abgastechnik „gerade günstige Kleinwagen erheblich teurer“ machen dürfte.
„Wenn die Automobilindustrie davor warnt, dass die Regulierung Fahrzeuge unnötig verteuert und die Beschleunigung der E-Mobilität behindert, ist das sehr ernst zu nehmen“, sagte Wissing. „Die EU-Kommission kann nicht einerseits hohe Klimaschutzziele einfordern und andererseits deren Erreichung durch Regulierung verhindern.“ Der Verbrennungsmotor könne mit synthetischen Kraftstoffen Klimaschutz und Mobilität vereinen. „Europa darf diese technologische Lösung nicht verhindern.“
Neben Niedersachsen hatten die Autoländer Bayern und Baden-Württemberg die Bundesregierung aufgefordert, die Pläne der EU-Kommission zur Abgasnorm Euro 7 nicht zu akzeptieren. Die drei Länder fürchten im Fall einer Umsetzung erhebliche Nachteile für die deutsche Autoindustrie, wie es in einem Brief der drei Ministerpräsidenten an Kanzler Olaf Scholz (SPD) heißt, der der dpa vorlag.
Zoff um EU-Abgasnorm: Durch Euro 7 sollen Stickoxidemissionen durch Autos bis 2035 um 35 Prozent sinken,
Im November hatte die EU-Kommission ihre Vorschläge für eine verschärfte Abgasnorm vorgelegt. Der Straßenverkehr sei die größte Quelle für Luftverschmutzung in Städten. Mit den neuen Normen sollten sauberere Fahrzeuge auf den Straßen und eine bessere Luftqualität zum Schutz der Gesundheit der Bürger und der Umwelt gewährleistet werden. Durch Euro 7 sollen etwa die Stickoxidemissionen durch Autos bis 2035 um 35 Prozent sinken, bei Bussen und Lkw um mehr als 50 Prozent.
Die neue Abgasrichtlinie soll ab Juli 2025 für neu zugelassene Fahrzeuge gelten. Europaparlament und EU-Staaten müssen den Vorschlägen der Kommission noch zustimmen. Derzeit laufen die Verhandlungen. In einem nächsten Schritt müssen sich EU-Länder und das Parlament einigen, bevor die Regeln in Kraft treten können. Am Kommissionsvorschlag kann sich also theoretisch noch einiges ändern. (jon/dpa)