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Volle Schwimmkurse in Niedersachsen: bis zu drei Jahre Wartezeit

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Von: Marcel Prigge

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Bis zu 150.000 Menschen warten laut DLRG zurzeit auf einen Schwimmkurs in Niedersachsen. Die Wartezeit auf einen Kurs beträgt mancherorts bis zu drei Jahre.

Hannover – In Niedersachsen warten derzeit mindestens 75.000 Menschen auf einen Platz in einem Schwimmkurs. Das berichtet die DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) gegenüber der dpa. Da die von der DLRG geschätzte Zahl jedoch nur die Menschen berücksichtigt, die sich während der Corona-Pandemie auf eine Warteliste eingetragen haben, ist die Gesamtzahl der Wartenden deutlich höher.

Gemeinnützige Organisation:Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaf
Gründung:19. Oktober 1913, Leipzig
Mitglieder:551.664 (2020)
Beschäftigte:94 (2018)
Motto:Wasser lieben – Leben retten

Schwimmkurse in Niedersachsen ausgebucht: Die Gefahr von Schwimmunfällen steigt

Laut DLRG gibt keine zentral erfasste Zahl der Menschen auf den Wartelisten. Aus diesem Grund könnte die Zahl der Wartenden auch bei bis zu 150.000 liegen, so die Schätzungen. An einigen Orten in Niedersachsen beträgt durch die hohe Nachfrage die Wartezeit für einen Platz in einem Schwimmkurs bis zu drei Jahre. „Damit bleibt die Gefahr von Schwimmunfällen bei Kindern, die noch keinen Platz erhalten haben, sehr hoch“, heißt es in der Mitteilung.

Schwimmkurse voll: Zu wenig Wasserbecken und Ausbilder vorhanden

Die Gründe der vollen Kurse seien vielfältig, berichtet die PR-Referentin der DLRG Niedersachsen, Carina-Chantal Krämer, kreiszeitung.de gegenüber. Es seien insgesamt zu wenig Wasserflächen vorhanden, um Kurse anbieten zu können. Außerdem fehle es an Ausbildern. „Viele Bäder waren während der Pandemie geschlossen oder wurden nicht saniert“, so Krämer. Das begünstige die schon vor der Pandemie steigende Zahl der Menschen auf den Wartelisten. Über volle Schwimmkurse klagen auch die Ortsverbände der DLRG.

Ein Kind schwimmt in einem Schwimmbad. Auf den Fliesen steht die Aufschrift «nur für Schwimmer».
Viele Kinder müssen auf das Schwimmenlernen warten. Denn die Wartelisten für Schwimmkurse sind lang. (Symbolbild) © Fabian Sommer/dpa

Wegen voller Kurse: Ab Juni mobile Schwimmbecken für Nichtschwimmer in Niedersachsen

Um dem Problem Herr zu werden, wurden bereits Zusatzkurse angeboten, um die Wartelisten abzubauen. Außerdem werden ab Juni in ganz Niedersachsen mobile Schwimmbecken erprobt. Wie Krämer berichtet, können dann insgesamt vier mobile Pools neben Kitas und Schulen aufgebaut werden. „Somit setzen wir nicht bei den Schwimmanfängern, sondern ganz gezielt bei den Nichtschwimmern an“, erläutert Krämer. So soll den Kindern die Möglichkeit gegeben werden, sich an Wasser zu gewöhnen. Anschließend könnten sie einen verkürzten Seepferdchen-Kurs in einem Schwimmbad machen.

Immer wieder Badeunfälle in Niedersachsen und Bremen

Während die ersten Freibäder in Niedersachsen bereits geöffnet werden, blickt die DLRG mit Sorge auf die kommende Badesaison. Durch die fehlende Schwimmausbildung befürchten die Rettungsschwimmer mehr Badeunfällen. Die Schwimmsicherheit dürfte demnach gesunken sein, heißt es. Wie gefährlich es im Sommer an einem Badesee ist, zeigt auch ein Fall aus Hannover aus dem vergangenen Jahr. Zwei Jungen – beides Nichtschwimmer – ertranken in einem Baggersee, als sie nach ihrem Ball suchten.

Jedes Jahr besteht bei uns die Sorge, dass gerade Nichtschwimmer unbeobachtete Strände oder Seen aufsuchen.

Carina-Chantal Krämer, PR-Referentin DLRG Niedersachsen

„Wir warnen da jedes Jahr vor“, erzählt die PR-Referentin. Es sei ein grundsätzliches Problem, dass Menschen nicht ausgewiesene Badestellen aufsuchen – gerade wenn wegen Corona alle öffentliche Bäder geschlossen haben. „Jedes Jahr besteht bei uns die Sorge, dass gerade Nichtschwimmer unbeobachtete Strände oder Seen aufsuchen“, so Krämer.

Eine Notrufsäule der DLRG steht an einem Badesee im Ortsteil Veenhusen im niedersächsischen Landkreis Leer
An viel besuchten Badeseen werden teilweise Notrufsäulen der DLRG angebracht. So auch an einem Badesee im Ortsteil Veenhusen im niedersächsischen Landkreis Leer. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

In den vergangenen Jahren ist es immer wieder zu Badeunfällen in Niedersachsen und Bremen gekommen. In Bremen ist im Juni im Achterdieksee ein 15-jähriger Junge ertrunken. Hunderte von Schaulustigen behinderten den Rettungseinsatz. Nur wenige Tage später kam es im gleichen See zu einem weiteren Unglück, bei dem ein 21-Jähriger ertrank.

Statistik der DLRG: 299 Menschen im vergangenen Jahr in Deutschland ertrunken

Laut der vor Kurzem veröffentlichten Statistik der DLRG zu Badeunfällen aus dem vergangenen Jahr sind knapp zwei von drei Todesopfern in den Sommermonaten – also zwischen Juni und September – zu verzeichnen. Insgesamt sind 299 Menschen in Deutschland ertrunken, das sind 79 Todesfälle weniger als im Vorjahr. 26 davon waren in Niedersachsen und 3 in Bremen zu verzeichnen. Damit sei die Zahl der Ertrunkenen das dritte Jahr in Folge gesunken und auf dem Tiefststand seit dem Jahr 2000, heißt es in dem Bericht der Internetseite der DLRG dazu. „Das ist schon überraschend für uns, denn wir hatten bedingt durch die Pandemie mit mehr Unfällen gerechnet“, wird Präsidentin der DLRG, Ute Vogt darin zitiert. Nicht in der Statistik enthalten sind jedoch die Opfer der Hochwasser-Katastrophe im vergangenen Jahr.

Das ist schon überraschend für uns, denn wir hatten bedingt durch die Pandemie mit mehr Unfällen gerechnet.

Ute Vogt, Präsidentin der DLRG

85 Prozent der tödlichen Unglücke in Deutschland (255 Ertrunkene) haben sich 2021 in Binnengewässern ereignet. Mit 131 Todesfällen waren in Seen und Teichen die meisten Opfer zu beklagen. In Flüssen verloren 95 Menschen ihr Leben, in Bächen und Gräben 13 sowie in Kanälen 16. „Das größte Risiko zu ertrinken, besteht weiterhin in Seen und Flüssen. Nur verhältnismäßig wenige Gewässer werden von Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmern bewacht – und wenn, dann auch nur eingeschränkt“, erklärt Vogt.

Volle Schwimmkurse: Mehr Opfer unter Heranwachsenden befürchtet

Auch wenn in der Jahresstatistik der DLRG vergleichsweise wenig Kinder unter den Opfern waren (es ertranken 17 Jungen und Mädchen zwischen null und zehn Jahren) blicken die Rettungsschwimmer mit Sorge auf die Zahlen der Wartelisten. Langfristig befürchten sie mehr Opfer unter den Heranwachsenden. „Das darf auf keinen Fall passieren. Schwimmen ist eine Kulturtechnik wie das Lesen, Schreiben und Rechnen. Jedes Kind muss das bis zum Ende der Grundschule sicher beherrschen können“, so die DLRG-Chefin.

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