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Sturm der Entrüstung über Vergleich mit KZ-Arzt

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Die Tweets von Scho finden sich auch auf der Internetseite Raffs. · Screenshot: Sussek
Die Tweets von Scho finden sich auch auf der Internetseite Raffs. · Screenshot: Sussek © ksy

Diepholz - Von Anke Seidel. Wegen antisemitischer Äußerungen hat der Schatzmeister der Piraten in Düsseldorf, Tobias Feldmann, ein Parteiausschlussverfahren gegen seinen Diepholzer Kollegen Sebastian Scho beantragt.

Als Alias „@NetReaper“ hatte Scho im Internet getwittert: „Die Israelis, DIE sind die Wurzel allen Übels“ und „Keine medizinischen Experimente an Kindern! Beschneider == Mengeles!“ Der Rottweiler Blogger Tobias Raff hat jetzt Anzeige wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen Scho erstattet.

Screenshots dieser Tweets, die vom 4. Juni und vom 22. August datieren und aus einer Diskussion über Beschneidung stammen, hat Raff mit weiteren solchen Beiträgen auf seine Internetseite gestellt. Die Polizei informierte der Blogger aber erst am Dienstagabend. Er will nicht hinnehmen, dass jemand ungestraft einen religiösen Beschneider mit dem KZ-Arzt Josef Mengele vergleicht. „Ich habe nur kurz überlegt. Die Anzeige ist raus“, schreibt Raff auf seiner Internetseite. „Ich bin es mittlerweile leid, immer wieder und wieder den latenten Antisemitismus in unserer Gesellschaft ertragen zu müssen“, fügt der frustrierte Ex-Pirat hinzu. Der 38-Jährige war drei Jahre Mitglied bei den Piraten. „Die haben Probleme mit Antisemitismus, Sexismus und Frauenfeindlichkeit“, sagt Raff. Die Anzeige habe er über das Internet-Portal „Online-Wache Niedersachsen“ erstattet, so Raff auf Nachfrage dieser Zeitung.

Im Internet tobt mittlerweile ein Sturm der Entrüstung über den Diepholzer Schatzmeister. Scho wird offen gedroht: „@NetReaper, hat man Dich als Kind eigentlich oft genug verprügelt oder müssen wir das heute nachholen?“

Bereits im August hat der Düsseldorfer Schatzmeister Feldmann nach eigenem Bekunden ebenfalls über das Online-Portal die Polizei über die Äußerungen seines Diep holzer Kollegen informiert. „Scho hat sich diverse Male auf Twitter von seiner ganz rechten Seite gezeigt und offen nach außen getragen, dass er israelfeindliche und antisemitische Meinungen vertritt und diese auch offen bereit ist zu äußern“, so Feldmann. Auch er hat auf seiner Internet-Seite Screenshots veröffentlicht.

Andrik Hackmann, Pressesprecher der zuständigen Polizeiinspektion Diepholz, konnte den Eingang einer Anzeige gegen Scho gestern nicht bestätigen: „Bei uns liegt definitiv keine vor.“

Scho selbst, 32 Jahre alt und seit Gründung des Kreisverbands Diepholz dessen Schatzmeister, schwieg gestern zu den Vorwürfen und verwies an den Kreisvorstand. Dessen Vorsitzender Christian Jordan: „Sebastian hat eine Art an sich, dass er die Dinge sehr sarkastisch sieht. Er provoziert gerne.“ Scho sei weder Antisemit noch Nazi, „absolut nicht“, unterstreicht Jordan. Diese Meinung vertritt ebenso Mario Espenschied, Beisitzer im Landesvorstand und Mitglied des Diepholzer Kreisverbands der Piraten. „Wir stehen zu Sebastian. Die Vorwürfe sind haltlos.“ Die umstrittenen Tweets seien „sehr aus dem Zusammenhang gerissen“. Die Vor- und Nachdiskussion zum Thema Beschneidung sei überhaupt nicht ersichtlich.

Espenschied bestätigte den Antrag auf das Parteiausschlussverfahren. Dazu werde es eine Anhörung im Landesvorstand geben, die sei aber nicht öffentlich. Eines steht für Espenschied schon jetzt völlig außer Zweifel: „Twitter ist für politische Diskussionen völlig ungeeignet.“

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