Bundesrat stimmt Infektionsschutzgesetz zu – neue Corona-Regeln ab Oktober
Am Freitag, 16. September 2022, hat der Bundesrat dem neuen Infektionsschutzgesetz zugestimmt. Nun greifen die neuen Corona-Regeln für Herbst und Winter.
Update von Freitag, 16. September, 11:03 Uhr: Berlin – Der Bundesrat stimmt dem neuen Infektionsschutzgesetz zu. Den vom Bundestag bereits beschlossenen, neuen Corona-Regeln für den Herbst und Winter wurde zugestimmt. Sollte sich mit der kalten Jahreszeit eine neue Infektionswelle ankündigen, können die Länder nun beispielsweise wieder eine Maskenpflicht anordnen. Lockdowns gelten hingegen als ausgeschlossen.
Erstmeldung von Freitag, 16. September, 09:14 Uhr: Berlin/Hannover – Erst wurden sie abgeschafft, jetzt sollen sie ihr Comeback feiern. Die Rede ist von den Pandemie-Regeln für den Corona-Herbst in Deutschland. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatten hierfür den Entwurf eines neuen Infektionsschutzgesetzes erarbeitet. Der Bundestag hat dem bereits zugestimmt, als letzte Instanz fehlt noch der Bundesrat. Im Vorfeld spricht Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) über ihre Probleme mit den neuen Maßnahmen.
Neues Infektionsschutzgesetz gegen Corona muss noch im Bundesrat beschlossen werden – zwei Bundesländer dagegen
Am Freitag, dem 16. September 2022, ist es so weit und der Bundesrat stimmt über die vom Bundestag bereits beschlossenen neuen Corona-Regeln für den Herbst und Winter ab. Vielerorts ist die Rückkehr zur viel diskutierten FFP2-Maskenpflicht geplant, zudem soll es notfalls wieder Obergrenzen für Innenraum-Veranstaltungen geben.

Den Parlamentsabstimmungen über die Corona-Regeln des neuen Infektionsschutzgesetzes vorausgegangenen war ein längeres Hickhack zwischen der Ampel-Koalition und mehreren Bundesländern. In der Länderkammer ist eine Verweigerung jedoch nur aus Thüringen und Schleswig-Holstein angekündigt worden. Das große Problem: Kommt es nicht zum Beschluss, gäbe es ab Oktober gar keine Corona-Regeln in Deutschland mehr.
„Solide Grundlage für die Bekämpfung der Pandemie“: Daniela Behrens (SPD) lobt neue Corona-Regeln und Infektionsschutzgesetz
Den Kern des Infektionsschutzgesetzes, das vom 1. Oktober bis zum 7. April 2023 gelten soll, bilden vor allem Corona-Regeln wie eine bundesweite Maskenpflicht in Fernzügen, Kliniken und Arztpraxen. In Flugzeugen wiederum soll diese Pflicht entfallen. Die Länder können zudem auch im Nahverkehr, in Restaurants und anderen Innenräumen wieder Masken vorschreiben. Lockdowns, Betriebs- oder Schulschließungen soll es nicht mehr geben. Darauf weiß Daniela Behrens zunächst einmal positiv zu reagieren:
Das vom Bundestag beschlossene Gesetz bildet eine solide Grundlage für die Bekämpfung der Pandemie im bevorstehenden Herbst und Winter. Die Länder erhalten mit den neuen Regelungen deutlich mehr Möglichkeiten als bisher, um im Falle einer drastisch verschärften Lage und einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems reagieren zu können. Ich begrüße das ausdrücklich.
Neue Corona-Regeln in Deutschland: Virologe Streeck spricht von „Maßnahmen aus reiner Sorge“
Zudem stellt die Gesundheitsministerin von Niedersachsen klar, „dass es sich dabei um vorbeugenden Brandschutz handelt, der ein Eingreifen im Ernstfall ermöglicht“. So fasst es auch der Virologe Hendrik Streeck auf, der jedoch auch von „Maßnahmen aus reiner Sorge“ spricht und damit Kritik an Karl Lauterbachs Corona-Regeln übt. Laut Streeck sollten entsprechende Maßnahmen erst bei einer „konkreten Gefahrenlage“ eingesetzt werden, diese würde er aber noch nicht sehen.
Infektionsschutzgesetz Corona: Niedersachsens Gesundheitsministerin Behrens vermisst „bundeseinheitliche Schwellenwerte“
Kritisch weiß sich aber auch Daniela Behrens in Bezug auf das neue Infektionsschutzgesetz zu äußern. „Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Bund mit dem Infektionsschutzgesetz auch bundeseinheitliche Schwellenwerte für die Belastung der Krankenhäuser und eine Verschärfung der Maßnahmen definiert“, verrät die Sozialdemokratin kreiszeitung.de. Dies würde nun erneut den Ländern vorbehalten bleiben und „mit hoher Wahrscheinlichkeit zu regional unterschiedlichen Regelungen führen“.
Das Infektionsschutzgesetz für Deutschland beinhaltet auch, dass die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitsbereich bleibt. „Es sollte nicht weiter Unfrieden gestiftet werden, nur weil der Bundestag nicht die Kraft hatte, eine allgemeine Impfpflicht zu beschließen“, hieß es in diesem Kontext von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gegenüber der dpa. Deswegen würde er dem Infektionsschutzgesetz „in dieser Form“ nicht zustimmen.
Behrens contra Thüringens Ministerpräsident beim Infektionsschutzgesetz: „Ramelows Weigerung ist nicht nachzuvollziehen“
Ramelows Ablehnung zum Infektionsschutzgesetz für Deutschland stößt bei Daniela Behrens auf Unverständnis. „Die Impfpflicht läuft [...] zum Ende des Jahres ohnehin aus. Ramelows Weigerung, dem ganzen Infektionsschutzgesetz nicht zuzustimmen, ist daher nicht nachzuvollziehen“, sagt sie kreiszeitung.de. „In Niedersachsen haben wir ohnehin bei den Beschäftigten im Gesundheitswesen eine außerordentlich hohe Impfquote“, fügt die Gesundheitsministerin an und verweist auf ihr Bundesland.
Neben Thüringen will aber auch Schleswig-Holstein dem Infektionsschutzgesetz in der jetzigen Form im Bundesrat nicht zustimmen. Die Bildungsministerin des Landes, Karin Prien (CDU), sprach von einer „Katastrophe für Schülerinnen und Schüler“ und meinte damit die Neuaufnahme von Corona in eine Liste besonders ansteckender Infektionskrankheiten, darunter auch Cholera, Masern, Keuchhusten und Pest. Die Folge: Personen, die erkrankt sind oder bei denen der Verdacht besteht, dürfen Schulen und Kitas dann nur mit ärztlichem Attest oder negativem Test betreten – eine fünftägige Quarantäne allein ist nicht mehr ausreichend.
Neue Pandemie-Regeln durch das Infektionsschutzgesetz für den Corona-Herbst in Deutschland: Was alles gelten soll
- Bundesweit vorgeschrieben werden FFP2-Masken in Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen und auch in Fernzügen, wobei für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren eine einfache OP-Maske reicht. In Flugzeugen fällt die Maskenpflicht weg. In Pflegeheimen und Kliniken muss außerdem vor dem Zutritt ein negativer Test vorgelegt werden.
- Die Länder können weitere Corona-Auflagen verhängen: eine Maskenpflicht in Nahverkehrszügen und -bussen sowie in öffentlich zugänglichen Innenräumen wie Geschäften, Restaurants und Veranstaltungsräumen. Zwingend davon auszunehmen ist in der Gastronomie und bei Veranstaltungen, wer einen negativen Test vorzeigt.
- An Schulen und Kitas sollen Tests vorgeschrieben werden können. Ab der fünften ist eine Maskenpflicht möglich, falls das „zur Aufrechterhaltung eines geregelten Präsenz-Unterrichtsbetriebs erforderlich“ ist.
- Wenn sich die Infektionslage verschlimmert, können die Länder mit einem Landtagsbeschluss weitere Vorgaben machen: Maskenpflicht auch bei Veranstaltungen unter freiem Himmel, wenn Abstände von 1,50 Metern nicht möglich sind; Besucher-Obergrenzen für Indoor-Veranstaltungen; Hygienekonzepte für Betriebe und andere Einrichtungen.
- Abseits der Maßnahmen im neuen Infektionsschutzgesetz ist auch eine neue bundesweite Impfkampagne geplant. Dabei soll über die neuen Impfstoffe informiert werden, die an Virusvarianten wie Omikron angepasst sind. Ebenfalls sollen Medikamente bei Covid-19-Erkrankten stärker zum Einsatz kommen. Darüber hinaus soll es bessere, tagesaktuelle Daten zur Klinikbelegung geben. Heime müssen Beauftragte benennen, die sich um Impfungen, Hygiene und Therapien für Erkrankte etwa mit dem Medikament Paxlovid kümmern.
Für das neue Infektionsschutzgesetz macht sich indes Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) stark. Er appelliert an die anderen Regierungschefs, sie sollten „jetzt vernünftig sein und sagen: Das, was das Bundesgesetz uns noch einmal ermöglicht, nämlich bei zugespitzten Lagen im Gesundheitswesen Einschränkungen vorzunehmen, das sollten wir ermöglichen“, hieß es gegenüber RTL Nord. Nun ist es also am Bundesrat, die Pandemie-Weichen für die nähere Zukunft zu stellen.