Tiere wegen Wolf nach 14 Jahren aufgeben? Pferde durchbrechen in Panik Weidezaun – „Wären elendig verreckt“

Für einen Pferdehalter steht fest: Als seine Tiere in Panik durch den Weidezaun rannten, war ein Wolf hinter ihnen her. Jetzt sieht er sich gezwungen, diese abzugeben.
Niedersachsen/Kreis Wittmund - Dort, wo vorher der Weidezaun war, liegt nun weißes Flatterband im Gras. An dieser Stelle haben Manuel Heyens Pferde kürzlich in Panik den Zaun zerstört. Die Pferde sind leicht verletzt davon gekommen. Für den 38-Jährigen steht fest: Ein Wolf war hinter seinen Tieren her. Heyen überlegt jetzt seine Pferde abzugeben, um sie vor Schlimmeren zu bewahren. Das Aus für einen Lebenstraum?
Wölfe sorgten in der Vergangenheit mehrfach für Sorgen und Ängste in Ostfriesland in Niedersachsen. Deshalb wollen die Bürgerinnen und Bürger im Juni gegen die Wolfspolitik demonstrieren. Nicht jeder hat Verständnis dafür. Besonders in den sozialen Medien sorgt das Thema „Wolf“ für die Spaltung in zwei Lager. Die einen meinen, der „Wolf möchte auch nur ein saftiges Stück Fleisch“. Andere gruseln sich davor, dass der Wolf dem Menschen immer näher kommt, wie im Falle eines Wolfs, der direkt neben dem Haus einer Familie ein Pony riss.
Pferde durchbrechen in Panik Weidezaun – Wegen Wolf nach 14 Jahren aufgeben?
Als es vor gut einer Woche an der Tür von Manuel Heyen klingelt, traut er seinen Augen kaum: Die Polizei ist da, meint, seine Pferde seien aus der Weide ausgebrochen – ein Schock. Sind die Tiere verletzt? Nachdem die Tiere kurze Zeit später eingefangen sind, gibt es Entwarnung: Nur eines der zwei Tiere ist leicht verletzt. „Es war Glück im Unglück“, sagt Manuel Heyen. Die zwei Pferde, eines 22 Jahre alt, das andere neun Jahre alt, hätten ins nahegelegene Moor rennen können. „Dort wären sie elendig verreckt“, meint Heyen. Schuld an dem Unglück, ist ein Wolf, meint der Hobby-Pferdehalter.
Jagte ein Wolf die Pferde durch den Weidezaun? „Ich bin mir zu 99 Prozent sicher.“
Dieser sei zuvor in der Gegend gesichtet worden. Ob tatsächlich ein Wolf hinter seinen Pferden her war, ist aktuell bislang nicht abschließend geklärt. Fußspuren von einem großen Hund oder Wolf konnten vor Ort gesichert werden, diese werden jetzt untersucht. Heyen stellt klar: „Ich bin mir zu 99 Prozent sicher.“ Seine Pferde seien in den letzten 10 von 14 Jahren nicht einmal ausgebrochen. Es muss also etwas Bedrohliches passiert sein, so der Tierhalter.
Als Landwirt kennt sich Heyen mit Tieren aus – angestellt auf einem Betrieb bei Friedeburg, an der Nordseeküste, arbeitet er vor allem mit Kühen. Eigentlich hielt er bis vor kurzem privat Hühner und Schweine, wollte sich hiermit einen eigenen Bio-Betrieb aufbauen. Diese hat er bereits wegen des Wolfs abgegeben. Zerplatzt jetzt auch ein weiterer Traum? Es war der innige Wunsch seiner Lebensgefährtin: Einen eigenen Hof mit Pferdeweiden und Stallungen, bei dem die Pferde artgerecht 24 Stunden, 7 Tage in der Woche und 365 Tage im Jahr auf der Weide stehen können – das war das Ziel. Tierwohl steht für den 38-Jährigen an erster Stelle.

Genau aus diesem Grund zweifelt Heyen nun daran, dies angesichts der Wolfrisse und Sichtungen in der Umgebung noch erfüllen zu können. Manuel Heyen ist nicht der einzige Tierhalter, der aufgrund der steigenden Wolfspopulation in Niedersachsen an seiner Tierhaltung zweifelt. Erst kürzlich gab ein Schafhüter aus dem Landkreis Nienburg seine Tiere zum Verkauf frei und äußerte heftige Vorwürfe gegenüber der Politik.
Spezieller Weidezaun zum Schutze der Pferde vor Wolf: 15.000 Euro sprengen den Rahmen
Manuel Heyen wurde zwar empfohlen, einen anderen Drahtgeflecht-Zaun zu bauen, die Kosten für den entsprechenden Umbau liegen laut Heyen bei 15.000 Euro. Das ist zu viel Geld für die Privat-Pferdehalter. Zudem sind Zäune, wie Maschendraht, Stacheldraht oder Knotengitter nach Tierschutzrecht, die unter anderem zum Abhalten von Wölfen eingesetzt werden, bei der Einzäunung von Pferden verboten. Der Landwirt ist sich sicher: „Wären die Pferde bereits so eingezäunt gewesen, hätten sie sich letzte Woche daran aufgeschnitten.“

Bis Mitte Mai seien die Pferde immerhin sicher in einem Stall, 15 Kilometer entfernt, untergebracht. Danach muss der 38-Jährige eine Entscheidung treffen. Eines sei jedoch jetzt schon klar: „Wir werden kein Einzelfall bleiben.“ Dass es nicht der letzte Vorfall im Landkreis Wittmund war, bei dem das Thema „Wolf“ ins Zentrum rückt, ist angesichts der wachsenden Population absehbar. Bei Friedeburg ist ein Wolfsrudel ansässig, das aktuell laut Wolfsmonitoring der Landesjägerschaft zwei Welpen großzieht.
Im Landkreis Wittmund habe es infolgedessen im Jahr 2022/2023 nachweisbar 13 Übergriffe, 27 tote Tiere und 18 durch den Wolf verletzte Tiere gegeben. In vielen Fällen bleibt es aufgrund von fehlenden Belegen offen, ob ein Wolf oder ein Hund im Spiel war, wenn Tiere verletzt oder verschreckt werden. So auch im Falle einer Reiterin, die kürzlich bei einem Ausritt von einem „wolfsähnlichen Tier“ angegriffen worden ist, das zubiss. Ähnlich könnte es auch bei Heyen laufen.