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Des Wandern ist des Niedersachsen Lust

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Von: Andree Wächter

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Corona hat den Trend „Wandern“ weiter befeuert. Nicht nur der Jakobsweg lohnt sich. Niedersachsen hat viele Touren zu bieten – von Osnabrück bis zur Nordsee.

Hannover – Wandern war für viele Frauen und Männer lange Zeit eine öde und langweilige Beschäftigung. Oft geprägt von den Erfahrungen der Kindheit. So weit die Klischees. Vor einigen Jahren nahm Hape Kerkeling eine Auszeit und pilgerte einen Teil auf dem Jakobsweg. Wandern war auf einmal populär. Corona verstärkte diesen Trend. Inzwischen gibt es in vielen Destinationen Niedersachsens ausgeschilderte Wanderwege.

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„Das Wandern ist niedrigschwelliger geworden“, sagt Alexander Bleifuss vom Tourismus Marketing Niedersachsen. „Auch für jene, die das sonst gar nicht auf dem Schirm hatten.“ Dieser Prozess sei durch die Corona-Pandemie noch befeuert worden. Im Vorteil seien Regionen, die sich in den letzten Jahren gut aufgestellt hätten.

So wie der Touristikverband im Landkreis Rotenburg, der 24 „Nordpfade“ etabliert hat. „Wir haben große zusammenhängende Wälder, Moore und spannende Dörfer“, sagt Udo Fischer vom Touristikverband. „Die Nordpfade sind zu einer Marke geworden. Jeder Pfad hat ein Gesicht und einen Namen.“ Fünf der zumeist naturbelassenen Wege wurden vom Deutschen Wanderverband als Qualitätswege zertifiziert. Die Rotenburger achten darauf, Radler und Wanderer auf jeweils eigenen Routen zu führen.

Wandern in Niedersachsen: Spazierwandern über alte Kirchwege

Aufs „Spazierwandern“ über alte Kirchwege setzt das Ammerland in der Wesermarsch. Dort gibt es etwa den Wemkendorfer Wasserweg oder den Moorweg mit Einblicken in Jahrtausende alte Torfschichten. In den letzten Monaten seien auch verstärkt Einheimische auf Entdeckertour gegangen, sagt Frank Bullerdiek von der Ammerland-Touristik.

„Wandern hat kein angestaubtes Image mehr“, meint Wiebke Leverenz von der Ostfriesland Touristik. „Auch junge Leute wandern.“ Beliebtester Fernweg in der Region an der Küste ist der 97 Kilometer lange Ostfriesland-Wanderweg. Er verläuft auf einer ehemaligen Kleinbahntrasse zwischen Rhauderfehn und dem Küstenort Bensersiel. Entlang der Route säumen 24 Installationen auf Kuhweiden den Weg, die Tieren dort als traditionelle Scheuerpfähle dienen, an denen sie sich reiben können. „Das zeigt die Liebe der Ostfriesen zu den Kühen“, sagt Leverenz.

Mal eben von Russland nach Amerika wandern

Beliebt sind auch Rund-Routen um die diversen Meere, die Binnenseen der Region, etwa die Tour ums „Ewige Meer“. Viele „Meere“ locken mit Strandclubs, Abenteuerspielplätzen und Wassersportanlagen. Und weniger sportliche Menschen schaffen auch den sieben Kilometer langen Rundweg von Russland nach Amerika - die beiden Flecken liegen in der Gemeinde Friedeburg.

Eine hundertjährige Wandertradition zeichnet das Osnabrücker Land aus. Vor fünf Jahren wurde das Wegenetz generalüberholt, heute gibt es in dem Unesco Geo-Park alleine 82 sogenannte Terra Tracks. Der Park bietet neben diversen Flora-Fauna-Habitat-Gebieten 400 Geotope. Sie spiegeln den Lebenslauf der Erde wider. Manche sind einfach, andere anspruchsvoll, so wie der Weg zum „Musenberg“, auf dem laut Terra-Track-Expertin Sabine Böhme. Alleine auf sechs Kilometern müssen 230 Höhenmeter überwunden werden.

Flanieren, promenieren, stramm marschieren, schlendern oder wandern: Fortbewegung zu Fuß hat viele Facetten.
Flanieren, promenieren, stramm marschieren, schlendern oder wandern: Fortbewegung zu Fuß hat viele Facetten. © Ralph Peters/imago

Durch das Osnabrücker Land schlängeln sich zudem Fernwanderrouten wie der Ahorn-, Diva- und Mühlenweg. „Wir überarbeiten jetzt den Diva-Walk, der sich um Dinosaurier dreht, 2022 den Mühlenweg“, sagt Sabine Böhme.

Die Grafschaft Bentheim hat ihre Wanderwege vor fünf Jahren unter dem Motto „Spurensuche“ umgekrempelt. „Wir haben 320 Kilometer durch die ganze Region neu ausgeschildert“, sagt die Touristikerin Sonja Scherder. Wanderer können einen Tagesausflug auf den Spuren der Bentheimer Schafe machen, einer alten Haustierrasse, oder in einem wiedererweckten Hutewald auf Tuchfühlung mit Weidetieren gehen. Die Angebote ziehen vermehrt junge Leute auf die vor allem naturbelassenen Wege. Per Fahrrad geht es in die Niederlande.

Das Cuxland hat mehr zu bieten als die Alte Liebe, Fischhallen und Strände. „Die Wingst ist innerhalb des Cuxlandes die Region mit dem größten Angebot an Wanderrouten“, sagt Stefanie John von Zydowitz von der Cuxland-Touristik. Beliebt sind dort der Rundweg um den See von Bad Bederkesa und das Naturschutzgebiet Küstenheiden. Wo einst Soldaten zum Manöver ausrückten, tummeln sich heute Wisente und Wildpferde. Die Wanderangebote rund um das Moorerinformationszentrum Ahlenmoor werden derzeit generalüberholt.

Im Juli 2021 treffen bei vielen Rentner:innen die ersten Bescheide zur Grundrente ein. Was Berechtigte erwartet.
Im Juli 2021 treffen bei vielen Rentner:innen die ersten Bescheide zur Grundrente ein. Was Berechtigte erwartet. (Archivbild) © Felix Kästle/dpa

Die Wenden gaben dem Wendland seinen Namen, die zum Slawischen zählende Sprache ist längst ausgestorben. Dennoch haben die Ureinwohner ihre Spuren hinterlassen, unter anderem durch die „Rundlingsdörfer“, die sich im kreisförmig um den Dorfplatz gruppieren. Neben schönen Haussprüchen schmücken die Giebel Blumenmuster, einst die Visitenkarte der dort tätigen Handwerker.

Der 17 Kilometer lange Rundlingsweg etwa führt durch fünf pittoreske Dörfer inklusive Rundlingsmuseum und Künstlerateliers. Beliebt sind zudem Esel-Trips, etwa durch das Naturschutzgebiet Nemitzer Heide. Im Wendland startete auch Ministerpräsident Stephan Weil Mitte Juni seine Wandertour, auf der er zum 75-jährigen Bestehen des Landes Niedersachsen an fünf Tagen insgesamt 75 Kilometer absolvierte.

Viele Gäste entdecken die Heide neu

Bettina Hagen, Sprecherin der Lüneburger Heide

„Viele Gäste aus den umliegenden Großstädten Hamburg, Bremen und Hannover entdecken die Heide neu“, sagt die Sprecherin der Lüneburger Heide, Bettina Hagen. Der von Fischbek vor den Toren Hamburgs bis zur Residenzstadt Celle führende, 223 Kilometer lange Heidschnuckenweg gehört in der Region zu den Favoriten.

Die Wanderer durchqueren Heidegebiete, kleine Dörfer sowie Flussauen und bekommen die ein oder andere Schnuckenherde zu Gesicht. Steigend ist die Nachfrage nach barrierefreien Wegen. „Es sind vor allem Familien mit Kinderwagen, die danach fragen.“ Wer mag, kann seine Sinne auf den Sandwegen barfuß anregen. „Barfußwandern nimmt stark zu“, so Hagen. „Es wird vor allem von jungen Leuten nachgefragt.“

Ein besonderer Bohlenweg ziert die Halbinsel Butjadingen. Der 5,6 Kilometer lange, zertifizierte Rundweg „Langwarder Groden“ führt die Besucher hautnah durch Ebbe und Flut und bietet Erlebnisstationen; so können Besucher beispielsweise den Spuren der Wattvögel auf den Grund gehen. Der Weg entstand im Zuge der Sommerdeichöffnung, seither erobern sich Nordsee und Salzwiesen das Areal zurück.

Landschaft im Fluss

„Über den Bohlensteg gibt es die Möglichkeit, die Gezeiten hautnah mitzukriegen“, sagt Patrik Poelmeyer von der Butjadingen-Touristik. Die Landschaft ist im Fluss. „Das ist jeden Tag anders, der Priel läuft auf einmal anders.“ Jedes Jahr muss die Kommune den Weg instand setzen, macht das aber gerne, denn er ist ein Publikumsmagnet. Wattführer bieten neben gängigen Touren auch Wanderungen im Schweigemodus an.

In der Mittelweser-Region gibt es ebenfalls viele Wanderwege. „Auf Schusters Rappen“ geht es durch die reizvolle Umgebung von Bruchhausen-Vilsen: In einer Karte sind sieben Wanderrouten zwischen drei und knappen acht Kilometern durch Geest und Marsch enthalten. Die Touren sind beschildert und verlaufen weitestgehend abseits von Straßen über gut begehbare Wald- und Wiesenwege.

Wer Zecken anzieht, sollte auch beim Wandern lange Kleidung tragen.
Wer Zecken anzieht, sollte auch beim Wandern lange Kleidung tragen. © Sven Hoppe/dpa

Die Syker Geestlandschaft bietet Wanderern ein breites Spektrum an erlebnisreichen Routen und Zielpunkten. Von 28 Aussichtspunkten aus können die Landschaften überschaut werden: Vom „Hohen Berg“ und vom Geestrand in Barrien und Okel eröffnet sich eine Aussicht auf das Urstromtal der Weser und die Silhouette vont Bremen. Die „grünen Lungenflügel“ der Stadt Syke, die Wälder Friedeholz, Westermark, Bradenholz und das reizvolle Hachetal bieten aktiven Wanderern wunderbare Erholungsmöglichkeiten.

Der Hermann-Löns-Wanderweg in und um das Golddorf Brokeloh erschließt auf einer Länge von zehn Kilometern sehenswerte Punkte wie die „Löns-Buchen“ (Naturdenkmal), verschiedene Findlinge, die „Alte Brokeloher Mühle“, das „Münchhausen-Schloss/Rittergut Brokeloh“ und den Aussichtspunkt „Tempelberg“. Die Rundstrecke führt über Wege unterschiedlicher Qualität, wobei Sand- und Schotterwege überwiegen.

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