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Steuergelder verzockt: Syker Finanzbeamter legt Revision ein

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Von: Wiebke Bruns

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Der Finanzamtsmitarbeiter – hier mit seinem Anwalt – vor Gericht.
Der Syker Finanzamtsmitarbeiter hat Revision gegen seine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft eingelegt. © Wiebke Bruns

Mehr als 800.000 Euro hat ein Mitarbeiter des Finanzamts Syke von Steuerkonten auf sein eigenes umgebucht. Er wurde wegen Steuerhinterziehung und Untreue zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Prozess geht in eine weitere Instanz.

Update vom 5. Mai: Revision gegen seine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft hat der 29 Jahre alte Bassumer eingelegt, der als Mitarbeiter des Finanzamtes Syke über mehrere Jahre mehr als 800.000 Euro hinterzogen haben soll. Die 4. Große Strafkammer des Landgerichts Verden hatte den Angeklagten der Untreue und Steuerhinterziehung in 34 Fällen schuldig gesprochen. Die Taten hatte der 29-Jährige in dem dreitägigen Prozess am Landgericht Verden gestanden und mit seiner Spielsucht erklärt. Strittig war die Frage, ob der im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit gehandelt hat.

Ein psychiatrischer Sachverständiger war nicht der Auffassung und genauso sah es Oberstaatsanwältin Dr. Dagmer Schubert. Anders Verteidiger Prof. Dr. Helmut Pollähne, der zur Klärung dieser Streitfrage noch ein weiteres Gutachten einholen lassen wollte. Die Kammer sah dafür keine Notwendigkeit. Eine verminderte Schuldfähigkeit wurde dem Angeklagten zugebilligt, aber ohne Auswirkung auf die Strafhöhe. Zumindest fand dies in der mündlichen Urteilsbegründung keine Erwähnung.

Ein Blick auf das Finanzamt in Syke.
Ein Mitarbeiter des Syker Finanzamtes ist wegen Untreue zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. © Ehlers

Sollte der Angeklagte nach Eingang des schriftlichen Urteils weiter an der Revision festhalten, müsste der Bundesgerichtshof darüber entscheiden. Solange das Urteil nicht rechtskräftig ist, muss der 29-Jährige die Strafe nicht antreten und es erfolgt keine Einziehung der im Urteil als Schaden festgestellten 857 .775,35 Euro.

Meldung vom 22. April: Verden/Syke – Die 4. Große Strafkammer des Landgerichts Verden hat einen Finanzbeamten wegen Steuerhinterziehung und Untreue zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. In 34 Fällen hat der 29 Jahre alte Angeklagte aus Bassum als Mitarbeiter des Finanzamtes Syke 857 .775,35 Euro erlangt, hieß es in der Urteilsbegründung.

„Es besteht überhaupt kein Zweifel, dass es zu den Taten gekommen ist, weil Sie das Geld zum Spielen brauchten“, wandte sich der Vorsitzende Richter Markus Tittel an den Angeklagten. „Hochgradig spielsüchtig“ sei der Angeklagte gewesen, und dies sei „Ursache und Grundlage“ seines „kriminellen Verhaltens“.

Taten flogen im April 2020 auf

Die Taten waren im April 2020 nach einem Hinweis einer Bank wegen des Verdachts der Geldwäsche aufgeflogen. Das Geld hatte der Bassumer von Steuerkonten umgebucht und auf sein privates Konto, das beim Finanzamt unter einem anderen Namen lief, überwiesen. Dafür habe er „nicht nur einen Knopf drücken“ müssen. Der Vorsitzende nannte es ein „durchaus komplexes Vorgehen“. Selbst bei einer Kassenprüfung durch das zuständige Landesamt für Finanzen im Jahre 2018 waren die Taten nicht aufgeflogen.

Entgegen dem Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen sah das Gericht eine verminderte Schuldfähigkeit als gegeben. Spielsucht könne die Schuldfähigkeit einschränken und somit zu einer verminderten Schuldfähigkeit führen, wenn sie, vergleichbar mit einem Drogensüchtigen, der Beschaffung diene, erklärte der Vorsitzende. Dem 29-Jährigen hätten die Taten „ausschließlich dazu gedient, sich Geld zu verschaffen, um zu spielen“. Es brauche keine konkreten Entzugserscheinungen, es reiche die Angst, „dass kein Geld zum Spielen da ist“.

Geständnis strafmildernd gewertet

Deutlich geworden sei das im „letzten Wort“ des Angeklagten, der den Tatzeitraum von September 2017 bis April 2020 als die „schlimmste Zeit seines Lebens“ bezeichnet hatte. „Es hätte nahegelegen zu sagen, dass jetzt die schlimmste Zeit Ihres Lebens ist“, sagte der Vorsitzende zum Angeklagten. „Das war eine Übernahme der Verantwortung wie sie höher nicht sein kann und verdeutlicht den Zwang.“

Strafmildernd wurden das Geständnis und die Übernahme der kompletten Verantwortung gewertet. Dies habe eine „ganz, ganz hohe Bedeutung“. Doch zu berücksichtigen seien auch das „dauerhaft planvolle und beharrliche Vorgehen“ des Angeklagten und der entstandene Schaden. Die Staatsanwältin hatte den Schaden in ihrem Plädoyer in den Wert von 116 000 Impfdosen gegen das Corona-Virus oder 25 Kindergartenplätze umgerechnet. Durch die Einstellung von Taten hat sich die festgestellte Schadenssumme von rund 927 000 Euro auf knapp 857 775,35 Euro reduziert. Dieser Betrag unterliegt nun der Einziehung, insofern das Urteil rechtskräftig werden sollte.

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