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Lockdown sofort: Welche Corona-Maßnahmen bei explodierender Inzidenz kommen

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Von: Johannes Nuß

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Omicron lässt die Alarmglocken schrillen. Verhagelt Corona wieder Weihnachten? Die Wissenschaft fordert Lockdown, Ausgangssperre und Kontaktbeschränkungen.

Berlin – Mit voller Wucht schlägt aktuell die vierte Corona-Welle in Deutschland zu: Die neue Virusvariante Omikron aus Südafrika* breitet sich aus und erhöht den Druck auf die Politik, endlich schnelle und harte Corona-Maßnahmen zu ergreifen. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland erreichte am Sonntag, 28. November 2021, laut Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) einen weiteren Höchststand. Innerhalb von 24 Stunden wurden den Gesundheitsämtern 44.401 Neuinfektionen gemeldet, das RKI gab die Zahl der Neuinfektionen pro 100.00 Einwohner mit 446,7 an, es gibt 101 weitere Todesopfer zu beklagen.

Virus:Coronavirus, Covid-19
Krankheitserreger:SARS-CoV-2
Vorkommen:Weltweit
Erster bekannter Fall:1. Dezember 2019
Neuentdeckte Variante aus Südafrika:Variante Omikron (B.1.1.529)

Nach RKI-Zahlen vom Samstag erhielten bislang mehr als zehn Prozent (8,6 Millionen Menschen) der Bevölkerung eine Auffrischungsimpfung. 56,9 Millionen Menschen (68,4 Prozent) sind vollständig geimpft, 59,1 Millionen Menschen (71,1 Prozent) mindestens einmal.

Bundesweiter Lockdown wird gefordert: Wissenschaftler und Bürger wollen harte Corona-Maßnahmen

Nachdem bereits am Samstag eine breite Front von deutschen Top-Virologen einen Lockdown gefordert und auch die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina zu weitreichenden Corona-Maßnahmen aufgerufen hatten, wird nun auch der Ruf in der Bevölkerung immer lauter nach weiterführenden und einheitlichen Regelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Die Ampel-Parteien wollen nach Aussage von Parteichefin Annalena Baerbock allerdings erst Anfang Dezember über weitreichendere Maßnahmen entscheiden.

Lockdown in Deutschland und Einschränkungen für Ungeimpfte

Doch das scheint vielen im Land zu spät. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Insa im Auftrag der „Bild am Sonntag“ rechnen aktuell rund 73 Prozent der Bundesbürger mit einem bundesweiten Lockdown – und zwar noch innerhalb der kommenden vier Wochen. Mehr als jeder Zweite (57 Prozent der Befragten) wünscht sich sogar explizit eine solche Maßnahme, nur 36 Prozent sprechen sich dagegen aus. Rund 55 Prozent sind zudem der Meinung, dass die Einschränkungen für Ungeimpfte nicht weit genug gehen.

Die Polizei fährt während der nächtlichen Ausgangssperre in der Innenstadt Streife. S
Rufe nach einem bundesweiten Lockdown und einheitlichen Corona-Regeln werden immer lauter – in der Bevölkerung und der Wissenschaft. © Ole Spata/dpa

Somit wird mit Spannung die für Dienstag, 30. November 2021, angekündigte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über Verfassungsbeschwerden gegen die Corona-Notbremse des Bundes aus dem Frühjahr erwartet. Dabei geht es um die Ende Juni ausgelaufenen bundesweiten Vorgaben für Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen bei einer sich verschärfenden Corona-Lage. Es wird damit gerechnet, dass die Karlsruher Richter damit Leitplanken auch für künftige Beschränkungen geben.

Corona in Deutschland: Bundesverfassungsgericht entscheidet über die Bundesnotbremse aus dem Frühjahr

Deshalb wird die Entscheidung auch bei den zukünftigen Koalitionären der Ampel-Parteien mit großem Interesse erwartet. SPD, Grünen und FDP haben das Infektionsschutzgesetz gerade erst überarbeitet – unter anderem mit Homeoffice-Pflicht und 3G-Regel am Arbeitsplatz. Zudem wurden die bisherigen Vorschriften zur Notbremse durch neue Regeln ersetzt. Ausgangssperren und die flächendeckende vorsorgliche Schließung von Schulen und Kitas sind nun generell nicht mehr möglich.

Olaf Scholz (SPD) und Angela Merkel (CDU) vor einer Einkaufsstraße in Deutschland
Corona: Mehrheit der Deutschen verlangt strengere Corona-Regeln. Olaf Scholz (SPD) und Angela Merkel (CDU) beraten. (kreiszeitung.de-Montage) © Kay Nietfeld/Yoan Valat/Oliver Berg/dpa

Unterdessen macht die Pandemie keinen Halt. Im Gegenteil: Seit Samstag ist sicher, dass die zuerst in Südafrika entdeckte Omikron-Variante des Coronavirus bereits in Deutschland angekommen ist. Der Versuch, den Ausbruch auf den afrikanischen Kontinent zu begrenzen, schlug somit erwartungsgemäß fehl.

In München wurde die Variante nach Angaben des Max-von-Pettenkofer-Instituts bei zwei Reisenden nachgewiesen. Nach Angaben waren diese bereits Mitte der Woche mit einem Flug aus Südafrika eingetroffen. Zwar steht laut dem Virologen Oliver Keppler, Leiter der Virologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, eine sogenannte Gesamtgenomsequenzierung noch aus, es sei aber „zweifelsfrei bewiesen, dass es sich um diese Variante handelt“. Inzwischen wurde aus Vorsorge zur weiteren Verbreitung die Einreise aus acht Ländern im südlichen Afrika drastisch eingeschränkt.

Rufe nach Corona-Lockdown werden lauter: Bundespräsident Steinmeier fordert, Kontakte zu beschränken

Bundespräsident Steinmeier schrieb in einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“*: „Wichtig ist, dass wir jetzt alle gemeinsam handeln.“ Er mahnte: „Halten wir uns an die Regeln, reduzieren wir noch einmal unsere Kontakte. Tun wir es, damit Schulen und Kitas nicht wieder schließen, damit wir das öffentliche Leben nicht wieder vollständig herunterfahren müssen.“ Er selbst sagte seine dreitägige Reise in die Golfregion wegen der Entwicklung der Corona-Pandemie kurzfristig ab.

Die Leopoldina betonte, die Impfkampagne müsse massiv verstärkt und eine Impfpflicht stufenweise eingeführt werden. Wichtig sei eine rasch eingeführte berufsbezogene Impfpflicht für Ärzte, Pflegekräfte und medizinische Fachberufe. Insgesamt sollten bis Weihnachten neben Erst- und Zweitimpfungen rund 30 Millionen Drittimpfungen ermöglicht werden.

„Unmittelbar wirksam ist es aus medizinischer und epidemiologischer Sicht, die Kontakte von Beginn der kommenden Woche an für wenige Wochen deutlich zu reduzieren“, verlangen die Wissenschaftler, zu denen auch der Berliner Virologe Christian Drosten gehört. „Aufgrund der nachlassenden Immunität müssten diese Maßnahmen vorübergehend auch für Geimpfte und Genesene gelten, die in dieser Zeit eine Auffrischungsimpfung erhalten müssen.“

Markus Söder (CSU) fordert Ampel-Regierung: SPD, Grüne und FDP müssen Bundesnotbremse in Gang setzen

Ähnlich äußerte sich Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder zum Ausufern der vierten Corona-Welle: Der starke Mann der CSU verwies darauf, dass die steigenden Corona-Neuinfektionen nicht nur ein Problem Bayerns oder Ostdeutschlands seien. Es sei ein „nationales Phänomen“. Es sei eine „Komplettüberlastung des deutschen, aber auch des regionalen Gesundheitssystems“ zu befürchten. Über die bisherigen Maßnahmen hinaus brauche es daher eine einheitliche Bundesregelung.

„Wir schöpfen alles aus, aber es wird nicht reichen“, betonte Söder mit Blick auf die bisherigen Corona-Maßnahmen. Die Ampel-Regierung, die mit der möglichen Ministerliste des Kabinetts von Kanzler Olaf Scholz und dem Bürgergeld für 2022 erst im Laufe der Woche für mediale Aufmerksamkeit gesorgt hatte, müsse für eine „wirksame nationale Eindämmungsstrategie“ sorgen und eine „einheitliche Bundesnotbremse für ganz Deutschland“ in Gang setzen. Auch die Ministerpräsidentenkonferenz müsse sich früher treffen. Jede Woche der Verzögerung bedeute für die Kliniken eine Dramatisierung der Lage.

Impfpflicht bis Weihnachten: Arbeitsminister Heil will bestimmte Berufsgruppen verpflichten

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach von einem „einen Warn- und Weckruf an Berlin“. „Die Lage ist ernster, als die meisten glauben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sollten daher die Hinweise der Leopoldina sehr ernst nehmen und rasch beraten.“ Der „Augsburger Allgemeinen“ sagte er, nötig sei schnellstmöglich eine Ministerpräsidentenkonferenz und ein neues Gesetz, das der dramatischen Situation gerecht werde. Geplant ist die nächste Ministerpräsidentenkonferenz erst für den übernächsten Donnerstag, 9. Dezember 2021. Mehrere Regierungschefs dringen auf eine Vorverlegung, andere sind dagegen.

Der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte an, die geplante Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Heimen noch vor Weihnachten umsetzen zu wollen. Auf die Frage, ob er auch eine allgemeine Impfpflicht befürworten würde, antwortete Heil der „Bild am Sonntag“: „Ja, und ich finde es richtig, dass wir in einem ersten Schritt noch vor Weihnachten dafür sorgen, dass es zum Beispiel in Kliniken, in Pflege-, Alten- und Behinderteneinrichtungen eine Impfverpflichtung gibt.“ Doch offenkundig herrscht derzeit ein akuter Impfstoffmangel, wie die Länder Bremen und Niedersachsen zum Wochenende hin meldeten.

Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery warnte vor neuen Corona-Mutanten wie der Omikron-Variante. Er fordert das Schließen der Weihnachtsmärkte und Feuerwerksverbot an Silvester. „In der Nikolauswoche könnten wir Inzidenzen zwischen 700 und 800 haben“, warnte der Vorsitzende des Weltärztebundes jüngts in der „Welt“.

Intensivbettenbelegung in Deutschland: Luftwaffe verlegt bundesweit Corona-Patienten

Am Sonntag startete der zweite Einsatz der Luftwaffe zur Verlegung von Corona-Intensivpatienten innerhalb Deutschlands*. Nach Bundeswehr-Angaben flog ein Sanitätsflugzeug vom Heimatflughafen Köln aus nach München, von dort sollten Patienten nach Hamburg geflogen werden. Bereits am Freitag war eine Maschine ins bayerische Memmingen geflogen, um von dort sechs schwer Erkrankte nach Nordrhein-Westfalen zu bringen.

Damit sollen die Krankenhäuser in Regionen mit besonders vielen Corona-Kranken entlastet werden. Bayern ist eines der am stärksten betroffenen Bundesländer. Auch nach Hamburg wurden Corona-Patienten verlegt*, auch Bremen und Hannover haben bereits Covid-19-Erkrankte aus anderen Bundesländern aufgenommen. * kreiszeitung.de, merkur.de und 24hamburg.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.

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