„Unmittelbar wirksam ist es aus medizinischer und epidemiologischer Sicht, die Kontakte von Beginn der kommenden Woche an für wenige Wochen deutlich zu reduzieren“, verlangen die Wissenschaftler, zu denen auch der Berliner Virologe Christian Drosten gehört. „Aufgrund der nachlassenden Immunität müssten diese Maßnahmen vorübergehend auch für Geimpfte und Genesene gelten, die in dieser Zeit eine Auffrischungsimpfung erhalten müssen.“
Ähnlich äußerte sich Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder zum Ausufern der vierten Corona-Welle: Der starke Mann der CSU verwies darauf, dass die steigenden Corona-Neuinfektionen nicht nur ein Problem Bayerns oder Ostdeutschlands seien. Es sei ein „nationales Phänomen“. Es sei eine „Komplettüberlastung des deutschen, aber auch des regionalen Gesundheitssystems“ zu befürchten. Über die bisherigen Maßnahmen hinaus brauche es daher eine einheitliche Bundesregelung.
„Wir schöpfen alles aus, aber es wird nicht reichen“, betonte Söder mit Blick auf die bisherigen Corona-Maßnahmen. Die Ampel-Regierung, die mit der möglichen Ministerliste des Kabinetts von Kanzler Olaf Scholz und dem Bürgergeld für 2022 erst im Laufe der Woche für mediale Aufmerksamkeit gesorgt hatte, müsse für eine „wirksame nationale Eindämmungsstrategie“ sorgen und eine „einheitliche Bundesnotbremse für ganz Deutschland“ in Gang setzen. Auch die Ministerpräsidentenkonferenz müsse sich früher treffen. Jede Woche der Verzögerung bedeute für die Kliniken eine Dramatisierung der Lage.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach von einem „einen Warn- und Weckruf an Berlin“. „Die Lage ist ernster, als die meisten glauben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sollten daher die Hinweise der Leopoldina sehr ernst nehmen und rasch beraten.“ Der „Augsburger Allgemeinen“ sagte er, nötig sei schnellstmöglich eine Ministerpräsidentenkonferenz und ein neues Gesetz, das der dramatischen Situation gerecht werde. Geplant ist die nächste Ministerpräsidentenkonferenz erst für den übernächsten Donnerstag, 9. Dezember 2021. Mehrere Regierungschefs dringen auf eine Vorverlegung, andere sind dagegen.
Der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte an, die geplante Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Heimen noch vor Weihnachten umsetzen zu wollen. Auf die Frage, ob er auch eine allgemeine Impfpflicht befürworten würde, antwortete Heil der „Bild am Sonntag“: „Ja, und ich finde es richtig, dass wir in einem ersten Schritt noch vor Weihnachten dafür sorgen, dass es zum Beispiel in Kliniken, in Pflege-, Alten- und Behinderteneinrichtungen eine Impfverpflichtung gibt.“ Doch offenkundig herrscht derzeit ein akuter Impfstoffmangel, wie die Länder Bremen und Niedersachsen zum Wochenende hin meldeten.
Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery warnte vor neuen Corona-Mutanten wie der Omikron-Variante. Er fordert das Schließen der Weihnachtsmärkte und Feuerwerksverbot an Silvester. „In der Nikolauswoche könnten wir Inzidenzen zwischen 700 und 800 haben“, warnte der Vorsitzende des Weltärztebundes jüngts in der „Welt“.
Am Sonntag startete der zweite Einsatz der Luftwaffe zur Verlegung von Corona-Intensivpatienten innerhalb Deutschlands*. Nach Bundeswehr-Angaben flog ein Sanitätsflugzeug vom Heimatflughafen Köln aus nach München, von dort sollten Patienten nach Hamburg geflogen werden. Bereits am Freitag war eine Maschine ins bayerische Memmingen geflogen, um von dort sechs schwer Erkrankte nach Nordrhein-Westfalen zu bringen.
Damit sollen die Krankenhäuser in Regionen mit besonders vielen Corona-Kranken entlastet werden. Bayern ist eines der am stärksten betroffenen Bundesländer. Auch nach Hamburg wurden Corona-Patienten verlegt*, auch Bremen und Hannover haben bereits Covid-19-Erkrankte aus anderen Bundesländern aufgenommen. * kreiszeitung.de, merkur.de und 24hamburg.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.