Q-Fieber in Niedersachsen: Kassenärzte verzeichnen immer mehr Ansteckungswellen
Das Q-Fieber kommt deutlich häufiger vor als angenommen. Das berichtet die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen. Gründe dafür sind Schafzucht und Klimawandel.
Hannover/Lüneburg – Das Q-Fieber, das von Tieren auf den Menschen übertragen wird und dessen Symptome lebensgefährlich sein können, kommt häufiger vor als angenommen. Es gebe immer mehr Ansteckungswellen, berichtet die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen auf Anfrage von kreiszeitung.de. Der Grund liegt nicht nur bei Veränderungen in der Schafzucht.
Q-Fieber in Lüneburg: Mehrere Menschen mit seltener Krankheit infiziert
Vor Kurzem sind mehrere Menschen in Niedersachsen an dem Q-Fieber erkrankt. Das Q-Fieber ist eine Erkrankung, die durch das Bakterium Coxiella burnetii verursacht wird und vor allem in Tierbeständen vorkommt – aber auch von Tieren auf den Menschen übertragen werden kann. Der Erreger verbreitet sich demnach über Staub und Wind, Menschen stecken sich über die Atemluft an.

Schafe übertragen Erreger von Q-Fieber: Symptome sind grippeähnlich und können gefährlich werden
Hauptträger des Bakteriums sind Schafe, aber auch Ziegen und Rinder. Steckt sich ein Mensch an, hat er häufig mit einer unbestimmten Symptomatik zu kämpfen, die eine eindeutige Diagnostik erschweren und grippeähnlich ausfallen kann. Dazu gehören unter anderem Fieber, Gliederschmerzen und Schüttelfrost, aber auch starke Kopfschmerzen und Mattigkeit. Es kann auch zu Lungen- und Leberentzündungen kommen – in seltenen Fällen zu Herzbeutelentzündungen sowie zu Gehirnhautentzündungen.
Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen: „Ansteckungswellen kommen immer häufiger vor“
Dass diese ernstzunehmende Krankheit häufiger vorkommt, als gedacht, berichtet die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) auf Nachfrage von kreiszeitung.de. „Das sogenannte Q-Fieber ist bereits seit den 40er-Jahren bekannt. Es ist seitdem immer wieder in Deutschland zu lokalen Ansteckungswellen mit 25 bis 100 Betroffenen gekommen“, berichtet Detlef Haffke, Pressesprecher der KVN. Das Q im Namen trägt die Erkrankung übrigens stellvertretend für das englische Wort „query“, was unter anderem „Frage“ heißt. Die hatten die Ärzte in den 40er-Jahren nämlich, weil sie sich den Ursprung der Krankheit nicht erklären konnten.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei der Erkrankung an Q-Fieber?
Eine Q-Fieber-Erkrankung wird mit Antibiotika behandelt. Die Behandlungsdauer beträgt 14 Tage. Kinder unter acht Jahren und Schwangere müssen zum Teil mit Antibiotika behandelt werden. Bei Kindern ist darauf zu achten, dass die Dosierung an das Gewicht des Kindes angepasst wird.
Das Q-Fieber sei kein Massenphänomen, „es ist aber festzustellen, dass lokale Ansteckungswellen immer häufiger vorkommen“. Der Grund, so vermuten Gesundheitsexperten, liegt im Klimawandel. Die Krankheit komme aus Richtung Südeuropa in den Norden. Auch der vergangene Sommer könnte ein Grund zur Häufung sein, da sich Schafe vermutlich über Zecken infizieren würden. Der vorausgegangene Sommer war ungewöhnlich heiß und trocken, sodass sich die Zeckenpopulation enorm vergrößert hat.
Analyse des Robert-Koch-Instituts: Q-Fieber befindet sich im Aufwind
Eine Analyse des Robert-Koch-Instituts aller in Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkriegs aufgetretenen Fälle von Q-Fieber zeige, dass sich die ungewöhnliche Infektion im Aufwind befindet und dass sich das Muster der Epidemien in den letzten 20 Jahren kontinuierlich verändert hat, unterstreicht der KVN-Sprecher weiter. Während früher die Krankheitsausbrüche meist am Ende des Winters auftraten, würden sie sich heute bis weit in den Sommer hineinziehen, was mit Änderungen in der Schafzucht zusammenhänge.
Schwer zu diagnostizieren: Wie oft kommt das Q-Fieber vor?
Laut der Jahrbücher des Robert-Koch-Instituts (RKI) schwankt die Anzahl der gemeldeten Q-Fieber-Fälle enorm. Im Jahr 2020 wurden 55 Fälle gemeldet. Der Median der Jahre 2015 bis 2020 liegt bei 150 gemeldeten Erkrankungen pro Jahr in Deutschland. Aufgrund grippeähnlichen Symptomatik des Q-Fiebers ist jedoch von einer großen Dunkelziffer auszugehen.
Länger verfügbares Lammfleisch: Coxiella-Epidemien steht in Verbindung mit Viehzucht
„Schafherden, die vorwiegend über brachliegende Wiesen getrieben werden, gibt es so gut wie nicht mehr“, so die KVN. Bei dieser Art der Schafhaltung trete das Q-Fieber vorwiegend in den Wintermonaten auf – wenn also die Schafe dichtgedrängt in einem Stall untergebracht waren und der coxiellenhaltige Staub von den Hirten oder Scherern eingeatmet werde.
„Heute werden Schafe meist auf festgelegten Weideplätzen gehalten. Die Geburt der Lämmer wird so gesteuert, dass es vom Frühling an bis in den Spätsommer über einen langen Zeitraum Nachschub an Lammfleisch gibt.“ Da das höchste Infektionsrisiko vom Fruchtwasser und der Nachgeburt ausgehe, sei verständlich, warum Coxiella-Epidemien häufiger vorkommen.