„Eulen gingen weg wie warme Semmeln“

Lutten - Von Daniela Krause. Auf der Suche nach originellen Mitbringseln und Weihnachtsgeschenken sind zahlreiche Besucher über den Bremer Weihnachtsmarkt flaniert. Beliebter Anlaufpunkt war und ist seit 30 Jahren unter anderem das „Vogeltreff“-Häuschen, mit dekorativen Futterstationen für Gartenvögel, aber auch Nisthilfen, Insektenhotels und speziellen Futtermischungen.
Der „Star“ unter den Naturschutzprodukten ist und bleibt aber die nachfüllbare Eule, mit einer Füllung aus Vogelfutter und Rindertalg. Sabine Prekel steht in der Vorweihnachtszeit für den Verkauf in der Hütte. „Die Eulen sind ein beliebtes Weihnachtsgeschenk. Es gibt sie in verschiedenen Varianten und Größen. Wenn ich gefragt werde, wie sie hergestellt werden, reagieren die Leute oft ganz überrascht, wie viel Arbeit eigentlich dahintersteckt“, so die Bremerin.
Wir wollten es genau wissen und sind in das kleine Dorf Lutten im Landkreis Vechta gefahren. Dort betreibt Familie Zobel das Unternehmen Karsten Zobel Holzarbeiten.
Inhaber Karsten Zobel erzählt, dass vom Schlagen des Birkenholzes bis zur Fertigstellung der Eule etwa ein Jahr vergeht. Die Bäume werden von Hand gefällt und der Stamm vorsichtig aufgetrennt, um die Rinde, die dem Tier ihr charakteristisches Aussehen verleiht, nicht zu beschädigen. Das Holz wird gewaschen und erhält ein Bad gegen den Holzbock.

Die meiste Zeit nimmt danach das Trocknen in Anspruch. In Holzkisten trocknen die Rohlinge gleichmäßig viele Monate lang, damit es keine unschönen Risse gibt. Erst wenige Wochen bevor die Weihnachtsmärkte eröffnen, werden sie aus den Kisten geholt, erhalten ihre Form, ihr Gesicht, Ringe, Sitzstab, Füße und schließlich ihre Füllung.
Dass Karsten Zobel einmal mit Futterstationen für Wildvögel sein Brot verdienen würde, hätten damals viele nicht für möglich gehalten. Er arbeitete zunächst in verschiedenen Tischlereien, bevor er als Tischlermeister seinen Wunsch nach „etwas Eigenem“ verwirklichte. In einem zur Werkstatt umgebauten Viehstall schnitzte er seine erste Futterfigur, ein Männchen mit Pfeife.
„Über Nacht kam mir dann irgendwann die Idee mit der Futtereule“, erzählt der 56-Jährige. So manchen dummen Spruch musste er damals über sich ergehen lassen: „Hast du dir das gut überlegt? Glaubst du wirklich, du hast damit Erfolg?“ Aber Karsten Zobel ließ sich nicht beirren. Rückendeckung bekam er auch von seiner Frau Karin Zobel, die die niedlichen Eulengesichter anfangs von Hand aufmalte.

1983 stellte sich Karsten Zobel mit einer kleinen Stückzahl an Futtereulen auf den Thomasmarkt in Vechta. „Wir wollten testen, ob es dafür überhaupt Käufer gibt“, so die Idee. „Die Eulen gingen weg wie warme Semmeln“, erinnert sich Karin Zobel. „Mit diesem großen Erfolg hatten wir nicht gerechnet.“ Während sie nach dem Markt feiern wollte, verschwand ihr Mann wieder in der Werkstatt, um weitere Futterstationen zu schnitzen.
Ein Jahr später hatten die Eulen dann in Braunschweig ihre Weihnachtsmarkt-Premiere. Viele weitere Märkte sollten folgen. Die Werkstatt im Elternhaus wurde bald zu klein für die Produktion. Eine Scheune in Goldenstedt diente etwa zehn Jahre lang als provisorischer Arbeitsraum. Das ganze Jahr über wurde vor allem auf die Weihnachtszeit hin produziert.
Zu Spitzenzeiten versorgte die Familie deutschlandweit 20 große Weihnachtsmärkte von Hamburg bis Aachen oder Frankfurt mit ihren Produkten. In Nacht- und Nebelaktionen mussten die Stände regelmäßig aufgefüllt werden. „Das waren harte Zeiten, aber es hat auch Spaß gemacht“, sagt Karin Zobel. Das erste Handy, ein schwerer „Knochen“, brachte etwas Erleichterung: „Die Organisation der Verkaufsstände wurde dadurch wesentlich einfacher.“
Der Sohn hatte die Idee, auch online zu verkaufen
1994 erfolgte der Umzug an den heutigen Firmenstandort in Lutten. Auf dem rund 9000 Quadratmeter großen Grundstück konnte das Unternehmen langsam und ungestört wachsen. Im Jahr 2010 trat Sohn Florian Zobel, ebenfalls gelernter Tischler, in den Familienbetrieb ein und unterstützte seinen Vater in der Produktion. Von ihm kam die Idee für die Gründung des Online-Shops „Vogeltreff24“, der heute hauptsächlich von Karin Zobel gepflegt wird.
„In der Anfangszeit war der Shop alles andere als lukrativ“, räumt Florian Zobel ein. Aber schon bald kristallisierte sich heraus, dass er den richtigen Riecher gehabt hatte: Die Umsätze entwickelten sich nach relativ kurzer Zeit positiv. Mit der Zeit kamen immer mehr Produkte dazu, heute sind es 17 verschiedene, darunter auch Futterhölzer und Knödelhäuser, die in der Werkstatt ebenfalls von Hand gefertigt werden.
Artikel von anderen Herstellern rund um den Naturschutz, wie Vogelvillen und Insektenhotels, machen das Angebot komplett. Standbein Nummer Eins sind inzwischen aber nicht mehr die Weihnachtsmärkte, von denen die Familie nur noch sechs Stück beliefert, sondern der Online-Shop. Für die Zukunft planen Zobels, die Produktpalette weiter auszubauen. Womit genau bleibt allerdings noch ein Geheimnis.