1. Startseite
  2. Lokales
  3. Niedersachsen

Gas und Strom so teuer wie nie: Anbieter gehen pleite

Erstellt:

Von: Fabian Raddatz

Kommentare

Ein Stromkabelstecker auf Geldscheinen
Die Strompreise steigen. Viele Energieversorger gehen pleite. © Catherine Waibel/dpa

Die Preise für Gas und Strom sind auf einem neuen Rekordhoch. Das treibt immer mehr Anbieter in die Insolvenz. Tausende Kunden in Niedersachsen sind betroffen.

Hannover – Preisschock in Niedersachsen: Immer mehr Discounter unter den Energielieferanten gehen pleite. Wie die Bundesnetzagentur vermeldet, haben deutschlandweit bislang 39 Unternehmen einen Lieferstopp angekündigt. Jetzt müssen die Stadtwerke als Grundversorger einspringen, um die Kunden aufzufangen.

Deutsches Land:Niedersachsen
Fläche:47.614 km²
Bevölkerung:7,982 Millionen (2019)
Hauptstadt:Hannover

Und das sind nicht wenige: Allein in Osnabrück haben die Stadtwerke 2300 Kunden übernommen, die vorher Strom und Gas von den Anbietern Stromio und gas.de bezogen hatten. Sie werden nun ohne Unterbrechung versorgt. Kunden von Stromio haben einen Brief erhalten, dass sie nun bei der EWE in Oldenburg gelandet sind.

Gegenüber dem NDR sagte ein Sprecher der Stadtwerke Osnabrück, dass Mitarbeitende aus dem Urlaub geholt und Sonderschichten gefahren werden, um alle Kundenvorgänge schnellstmöglich zu bearbeiten.

Gas- und Strompreise explodieren: 10.000 Kunden verlieren Anbieter in Niedersachsen

Auch im Ems-Weser-Elbe-Gebiet haben mehr als 10.000 Kunden ihren Anbieter verloren, im Bereich von Enercity Hannover sind es mehrere Tausende. Zumindest gestaltet sich ihr Wechselvorgang einfacher als in Osnabrück. Der Energiekonzern EWE in Oldenburg teilte mit, die gekündigten Strom- und Gaskunden könnten ohne Mehraufwand bewältigt werden.

Komplizierter ist es für Verbraucher, die bei kleineren Stadtwerken unterkommen sollen – etwa in Georgsmarienhütte im Landkreis Osnabrück oder in Bramsche. Rund 300 Kunden wurden dort übernommen. Für sie wird der Wechsel teuer, da die zusätzlichen Energiemengen extra für sie beschafft werden müssen. Wie Jörg Dorroch, Geschäftsführer der Stadtwerke Georgsmarienhütte gegenüber dem NDR sagte, gehe das nur zu aktuellen Marktpreisen.

Gaspreise und Strompreise steigen auf Rekordhoch: durchschnittlich über 1000 Euro Zusatzkosten im Jahr

Energie ist so teuer wie noch nie, Gaspreise und Strompreise steigen auf ein Rekordhoch. Auch Ikea, Aldi und Co. haben ihren Kunden den Stecker gezogen, bieten ihren Strom für E-Autos nicht mehr gratis an. Zusatzkosten von durchschnittlich 1000 Euro pro Jahr könnten auf Verbraucher in einem Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden zukommen. Auch wenn die gestiegenen Energiepreise im kommenden Jahr die Haushaltskassen vieler Verbraucherinnen und Verbraucher belasten werden – darauf lassen die jüngsten Preiserhöhungen der Grundversorger schließen – beim Strom gibt es einige Anbieter, die ihre Preise senken.

Lesen Sie auch: Supermarkt, Führerschein und Post: Das ändert sich 2022

Laut dem Vergleichsportal Check24 haben seit August bereits 633 Stromgrundversorger ihre Preise erhöht oder Erhöhungen angekündigt. Allein zum Jahreswechsel wollen rund 350 Anbieter erhöhen. Im Schnitt liegt der Anstieg seit dem Sommer bei 61,7 Prozent.

Strom und Gas werden teurer: Nicht alle Stromanbieter erhöhen Preise

Doch nicht alle Stromanbieter erhöhen die Preise. Unter anderem wegen der zum Jahreswechsel sinkenden Umlage zur Förderung von Ökostrom wollten laut Check24 zum Jahreswechsel 42 Grundversorger die Preise um durchschnittlich 2,2 Prozent senken. Im Schnitt spart ein Musterhaushalt dann 35 Euro im Jahr.

Die sogenannte EEG-Umlage sinkt zum Jahreswechsel auf rund 3,7 Cent je Kilowattstunde Strom und damit um mehr als 40 Prozent. Weil die Umlage aber nur ein Bestandteil des Preises ist und viele Anbieter beim Einkauf mehr als vor einem Jahr zahlen, schaffen es offenbar nur wenige Unternehmen, dies an die Verbraucher weiterzugeben. Die neue Bundesregierung plant die Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Januar 2023.

831 Stromgrundversorger in Deutschland – nur 25 der Kunden bei Grundversorgung

In der klassischen Grundversorgung waren 2020 laut Bundesnetzagentur noch rund 25 Prozent der Stromkunden. Weitere 37 Prozent der Haushaltskunden bekamen ihren Strom ebenfalls vom Grundversorger, jedoch über andere Tarife. Laut Check24 gibt es in Deutschland 831 Stromgrundversorger. Der Netzagentur zufolge konnten Haushaltskunden 2020 in ihrem jeweiligen Netzgebiet im Durchschnitt zwischen 142 Stromanbietern wählen. Die Energieanbieter sind verpflichtet, Preiserhöhungen bei den Grundversorgungstarifen zu veröffentlichen.

Zahlreiche Unternehmen haben Grundversorgungstarife für Neukunden eingeführt. Die Preisaufschläge liegen dort oft deutlich höher als bei Bestandskunden. Einige dieser Kunden sind unfreiwillig bei den Grundversorgern gelandet, etwa nachdem der bisherige Energielieferant kurzfristig die Belieferung eingestellt hatte. Mit den höheren Preisen wollen die Energieunternehmen nach Angaben des Branchenverbandes BDEW die Mehrkosten für die Beschaffung von Strom im Großhandel ausgleichen. Der Börsenstrompreis lag in der Weihnachtswoche mit über 250 Euro pro Megawattstunde etwa sechsmal so hoch wie ein Jahr zuvor.

Gas-Preise steigen heftiger als Strom: höchste Anstiege für Neukunden

Beim Gaspreis fallen die Erhöhungen der Grundversorger noch deutlicher aus. Check24 waren bis zum Jahresende über Tausend Preiserhöhungen bekannt geworden. In 17 Prozent der Fälle wurden die Preise verdoppelt, elf Versorger verdreifachten sogar den Preis. Die höchsten Anstiege gab es für Neukunden. Auch hier könnte die Liefereinstellung durch Gasanbieter eine Rolle spielen. Beim Gas müssen die Grundversorger die Kunden übernehmen.

Im Schnitt lag die Erhöhung bei 53,3 Prozent. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden bedeutet dies zusätzliche Kosten von durchschnittlich 802 Euro pro Jahr. Laut Bundesnetzagentur konnten Haushaltskunden 2020 im Durchschnitt zwischen 113 Gaslieferanten wählen. In Deutschland gibt es rund 42,8 Millionen Wohnungen (Stand 2020). Knapp die Hälfte wird mit Gas beheizt.

Energiepreis-Schock: Auch Benzin wird teurer

Benzinpreise schießen in die Höhe, denn auch die CO₂-Abgabe steigt zum Jahreswechsel. Superbenzin, Diesel und Heizöl werden sich dadurch nach Berechnungen des ADAC ungefähr um je eineinhalb Cent verteuern. Die Zeiten von günstigem Sprit in Niedersachsen sind vorbei. Eine Tankstelle in Niedersachsen hat sogar die Zwei-Euro-Marke geknackt. Nun lockt ein Nachbarland Autofahrer mit 1,25 Euro pro Liter.

Lesen Sie auch: Neu ab 2022 für Autofahrer: Führerschein, Maskenpflicht, Benzinpreis und TÜV

Die CO₂-Abgabe war in Deutschland 2021 eingeführt worden. Sie soll helfen, den klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoß in den Bereichen Wärme und Verkehr zu senken. Erwerben müssen die Zertifikate die sogenannten Inverkehrbringer, etwa Gaslieferanten oder die Mineralölunternehmen. Die Mehrkosten werden in der Regel an die Endverbraucher weitergegeben. Im Jahr 2021 kostete ein Zertifikat für eine Tonne Kohlendioxid 25 Euro, 2022 sind es 30 Euro. Bis zum Jahr 2025 steigt der Preis dann schrittweise auf 55 Euro.

Preise für Strom, Gas und Benzin steigen: Experte gibt Prognose ab

Wie geht es weiter? Der Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Udo Sieverding, rechnet damit, dass die Strom- und Gaspreise auch im neuen Jahr hoch bleiben werden. Auch die Baupreise in Niedersachsen steigen. „Jetzt müssen alle erstmal gut über den Winter kommen. Aber auch danach werden die Strom- und Gaspreise hoch bleiben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der Preisdruck auf Gas werde bleiben. „Verbraucher müssen sich auf hohe Energiepreise zusätzlich zum CO₂-Preis einstellen.“ (Mit dpa-Material) *kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare