Ukraine-Krieg und Nord Stream 2: Fakten zum hohen Gaspreis
Schon vor dem Ukraine-Krieg sind die Gaspreise deutlich gestiegen. Das sind die Gründe, warum Verbraucher so viel für Gas zahlen wie nie zuvor.
Berlin – Kommende Gasabrechnungen könnten Verbrauchern einen ordentlichen Schrecken versetzen. Gerade explodiert der Gaspreis durch den Ukraine-Krieg, der seit Anfang März Europa und die Welt erschüttert. Schon zuvor hatten die meisten Gasversorger ihre Preise erhöht, zum Teil drastisch. Einen Preissprung wie diesen hat es lange nicht gegeben. Nicht nur Verbraucher in Niedersachsen fragen sich daher, was genau die Gründe für den Preisanstieg bei Gas sind. Und was neben dem Ukraine-Krieg und Nord Stream 2 das Wetter und Corona damit zu tun haben.
Warum steigt der Gaspreis? Die Fakten
Verbraucher trifft es beim Gaspreis hart. Wer auf eine kurze Antwort auf die Frage nach den Gründen des Preisanstiegs gehofft hat, muss enttäuscht werden. Die Ursachen für den Anstieg der Gaspreise sind vielfältig, wobei einige stärker ins Gewicht fallen als andere. Die Gründe variieren von Konflikten in der Politik wie dem Krieg in der Ukraine über Wettereinflüsse bis hin zu Umständen, welche die Corona-Pandemie geschaffen hat. Auch Maßnahmen zum Klimaschutz haben mit den steigenden Preisen zu tun.
Explodierender Gaspreis: Ukraine-Krieg und Nord Stream 2
Der Hauptgrund, warum der Gaspreis aktuell explodiert, ist der Krieg in der Ukraine und in diesem Zusammenhang die Gaspipeline Nord Stream 2. Etwa die Hälfte seiner Gaslieferungen bezieht Deutschland aus Russland. Bereits vor dem Ukraine-Konflikt gab es Lieferengpässe. Der russische Staatskonzern Gazprom verwies auf eingehaltene Lieferverträge, während Kritiker bemängelten, Russland würde weniger liefern als möglich, um Druck zur Inbetriebnahme der Pipeline zu erzeugen. Russland hatte zuletzt vor Verzögerungen gewarnt.
Ostseepipeline: | Nord Stream 2 |
Anzahl Röhren: | Zwei Röhren |
Transportkapazität: | 55 Mrd. Normkubikmeter pro Jahr |
Länge: | 1230 Kilometer |
Als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine hat die für die Genehmigung von Nord Stream 2 zuständige Bundesnetzagentur die Zertifizierung ausgesetzt, jetzt steht die Pipeline zur Disposition. Deutsche Anbieter, die auf die Inbetriebnahme der Pipeline spekuliert hatten, müssen nun andere Versorgungskanäle für Gas auftun. Eine Alternative zur Pipeline Nord Stream 2 wäre ein neues LNG-Terminal in Wilhelmshaven, für das ein belgisches Unternehmen bereits Pläne hat.
Das treibt Gaspreis nach oben – Preisanstieg hängt an Einkaufsstrategien der Versorger, Coronavirus und Nachfrage
Eine der Triebfedern des steigenden Gaspreises ist, dass die im Verlauf der Corona-Pandemie anfangs deutlich zurückgegangene Nachfrage nach Erdgas wieder deutlich gestiegen ist. Das hat vor allem damit zu tun, dass die industrielle Produktion wieder angelaufen ist, nachdem sie pandemiebedingt in vielen Ländern vorübergehend gedrosselt wurde. Mit dieser Entwicklung kann das Angebot nicht mithalten.

Auch die wachsende Nachfrage Chinas nach Gas spielt eine Rolle. Das Land plant seine Emissionen deutlich zu reduzieren und stellt dafür in großem Maße von Kohle auf Erdgas um. Diese Verlagerung steigert die Nachfrage, China importiert große Mengen an Flüssiggas.
Zunächst explodieren die Preise dadurch an den Großhandelsbörsen, dort kaufen Energieversorger das Gas für ihre Kunden. In Teilen geschieht das einige Jahre im Voraus, das bedeutet, die Einkaufsstrategie der Versorger spielt eine Rolle bei der Frage, wann und wie gestiegene Einkaufspreise an Verbraucher weitergegeben werden. Hinzu kommt, dass Preissenkungen oft nicht so schnell an Endkunden weitergegeben werden, wie Preisanstiege. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm stellte hierzu in einem Interview mit kreiszeitung.de zuletzt fest, „da gibt es Asymmetrien“.*
Preisanstieg bei Gas: Was das Wetter mit dem Gaspreis zu tun hat
Tatsächlich hat auch das Wetter einen Einfluss auf die steigenden Gaspreise. Extreme Wetterereignisse führten zuletzt zu einer erhöhten Nachfrage nach Erdgas. Besonders kalte Winter hatten zu Jahresbeginn für einen Sprung in der Nachfrage gesorgt. Das Problem besteht unter anderem darin, dass leere Speicher aufgrund hoher Kosten aktuell nicht mit ausreichend Erdgas gefüllt werden. Dadurch herrscht wiederum Mangel, der zu Preisanstiegen führt – ein Teufelskreis.
Hoher Gaspreis: CO₂-Bepreisung ist ein zusätzlicher Faktor bei steigenden Gaspreisen
Für Verbraucher kommt viel zusammen, eine Verkettung unterschiedlicher Umstände sorgt für den immensen Preisanstieg bei Gas. Ein zusätzlicher Faktor ist, dass die Energiepreiskrise zusammenfällt mit der Episode, in der die C02-Bepreisung Fuß fasst. Die CO₂-Bepreisung ist ein Hebel zum Klimaschutz und wurde 2021 in den Bereichen Wärme und Verkehr eingeführt.
Die Bepreisung soll klimafreundliche Optionen fördern, indem sie fossile Brennstoffe unattraktiver macht. Der Preis pro Tonne CO₂ lag in diesem Jahr bei 25 Euro, steigt im folgenden Jahr auf 30 und soll bis 2025 auf mindestens 55 und maximal 65 Euro klettern. Auf diese Weise sollen Unternehmen und Verbraucher angeregt werden, klimafreundliche Investitionen zu tätigen – auch das wirkt sich negativ auf den ohnehin hohen Gaspreis aus. *kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.