Ukraine-Krieg: Gasförderung in der Nordsee doch wieder eine Option

Die Debatte um Deutschlands künftige Energieversorgung hält an. Der Ukraine-Krieg könnte zum Umdenken führen. Öl- und Gasbohrungen in der Nordsee möglich?
Hannover – Angesichts des von Russlands Präsidenten Wladimir Putin geführten Ukraine-Kriegs* ist in Deutschland eine Debatte über die zukünftige Energieversorgung entfacht. Die Erdgas-Versorgung durch die Gas-Pipeline Nord Stream 2 wurde gestoppt, das Unternehmen musste mittlerweile Insolvenz anmelden. Dementsprechend müssen Alternativen her. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat nun wider Erwarten Öl- und Gasbohrungen in der Nordsee ins Gespräch gebracht. Dabei wurde eine Umkehr vom geplanten Verbot bis zuletzt ausgeschlossen.
Gasförderung in der Nordsee: Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) bringt Option wegen Ukraine-Krieg wieder ins Gespräch
In einer Pressekonferenz am Montag, 7. März 2022, stellte Olaf Lies jedoch klar, dass es im Nationalpark keine Gasförderung geben werde. Der Umweltminister von Niedersachsen bezog sich damit auf etwaige Bohrungen nahe dem Wattenmeer. Der Bereich hierfür sei letzendlich etwas größer.
„Deswegen macht es Sinn, sowohl die niederländische Seite anzusehen wie auch zu sehen, was an anderen Stellen der Nordsee vielleicht möglich ist. Wir brauchen fossile Energie noch längere Zeit“, hieß es von Lies. Unmissverständlich machte der Sozialdemokrat deutlich, dass die Situation eben nicht mehr dieselbe wie vor dem Ukraine-Krieg sei, der auch die Preise für Lebensmittel ansteigen lassen könnte.
Nein zur Verlängerung vom Atomkraftwerk-Laufzeiten: „Diese Debatten sollten wir zügig beenden“
Eine Absage wusste Lies hinsichtlich der möglichen Verlängerung von Atomkraftwerk-Laufzeiten zu erteilen. „Diese Debatte sollten wir zügig beenden“, sagte er gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Laut Lies gebe es keine Möglichkeiten, die Kernkraftwerke noch länger laufen zu lassen.
Schließlich seien die Abschalt-Planungen schon viel zu weit fortgeschritten. Und es wären neue Genehmigungsverfahren notwendig. „Es ist ja nicht so, dass man ins Lager geht und mal eben einen neuen Brennstab holt“, hieß es fast schon süffisant von Olaf Lies. Ein Prozess, der laut dem Energie- und Umweltminister Niedersachsens eineinhalb Jahre dauern würde – mindestens.
LNG-Terminals in Niedersachsen: Flüssigerdgas statt Erdgas von Russlands Präsident Wladimir Putin – Zuspruch aus der SPD
Stattdessen setzt Olaf Lies auf einen massiven Ausbau der Windenergie, aber auch auf mehr Tempo bei der Umsetzung von LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel. Im Rahmen der Abkehr vom russischen Erdgas will Deutschland seinen Fokus nämlich verstärkt auf Flüssigerdgas (LNG) richten.
Der Bau entsprechender Terminals gilt als Milliardenprojekt, vor 2024 sei nicht mit der Fertigstellung zu rechnen. Bundeskanzler Olaf Scholz, aber auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (beide SPD) hatten sich bereits öffentlich hierfür ausgesprochen.
Olaf Lies wünscht sich weniger Gegenwind für Windenergie-Projekte – um „autark Energie in Deutschland sicherzustellen“
Auf neue Windenergie-Projekte bezogen, erhofft sich Lies weniger Proteste. „Es müsste doch schon eine Akzeptanzsteigerung in der Gesellschaft dadurch geben, dass wir durch den Ukraine-Krieg gerade ganz deutlich vor Augen geführt gekommen, dass die Unabhängigkeit vom Energieimport die einzige Grundlage dafür ist, verlässlich, bezahlbar und eben autark Energie in Deutschland sicherzustellen“, sagte er.
Während für Niedersachsens Umweltminister die Reaktivierung stillgelegter Atomkraftwerke ein Tabuthema ist, hatte die FDP diese Maßnahme wieder ins Spiel gebracht. Denn angesichts der bedrohten Energieversorgung durch den Ukraine-Krieg, der auch die Benzinpreise in die Höhe schießen lässt, dürfe es „keine Tabus geben“. Das hatte Fraktionschef Stefan Birkner im Niedersächsischen Landtag gesagt.
FDP in Niedersachsen bringt Reaktivierung stillgelegter Atomkraftwerke ins Spiel – dürfe „keine Tabus geben“
Für Birkner steht in dieser Causa fest: „Alle Optionen gehören auf den Tisch“. Erst am Silvestertag 2021 war das Atomkraftwerk in Grohnde bei Hameln vom Netz gegangen. Laut dem Energieversorger PreussenElektra ist ein Wiederanfahren zumindest im theoretischen Bereich uneingeschränkt möglich.
Mittelfristig würde jedoch frische Brennelemente und Personal fehlen. Schließlich wurde die Stilllegung schon vor Jahren vorbereitet, hieß es vom Betreiber. Dementsprechend könnte der Gasförderung in der Nordsee eine vor wenigen Wochen nicht für möglich gehaltene, neue Gewichtigkeit zukommen. Olaf Lies würde es freuen. * kreiszeitung.de ist Angebot von IPPEN.MEDIA.