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Erdgasförderung im Wattenmeer: Borkum äußert sich kritisch

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Von: Yannick Hanke

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Zu sehen ist die Ostfriesische Insel Borkum von oben.
An den Überlegungen der niedersächsischen Landesregierung, neuen Erdgasförderungen nahe dem Wattenmeer vor der Insel Borkum angesichts der Folgen des Krieges in der Ukraine doch zuzustimmen, regt sich Kritik. (Archivbild) © Sina Schuldt/dpa

Deutschland will unabhängiger vom russischen Erdgas werden. Niedersachsens Regierung wieder offen für Erdgasförderung im Wattenmeer. Unverständnis auf Borkum.

Borkum/Hannover – In Deutschland ist eine neue Debatte über die zukünftige Erdgasversorgung entfacht. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, der von Russlands Präsident Wladimir Putin geführt wird, ist ein Umdenken erfolgt. Die geplante Erdgasversorgung durch die Gas-Pipeline Nord Stream 2 wurde auf Eis gelegt, mittlerweile hat das Unternehmen auch Insolvenz angemeldet. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat überraschenderweise wieder Öl- und Gasbohrungen im Wattenmeer ins Gespräch gebracht. Sehr zum Unmut von Borkum.

Erdgasförderung im Wattenmeer: Wegen Ukraine-Krieg wirft Niedersachsen seine bisherigen Planungen über den Haufen

„Die geplante Plattform von One-Dyas ist einfach zu dicht am Nationalpark“, wird Jürgen Akkermann (parteilos), Bürgermeister der größten Ostfriesischen Insel, vom NDR zitiert. De facto habe das Wattenmeer auf Karten natürlich eine Grenze. Für Meeresströme sei diese aber keineswegs starr gesetzt. Und was in der Nähe des Nationalparks ins Wasser eingebracht werde, lande letztendlich auch im Nationalpark.

Borkums Bürgermeister Jürken Akkermann denkt dabei vor allem an mögliche Verunreinigungen durch die geplanten Gasförderungen im Nordseeboden. Doch nicht nur die Politik Borkums äußert ihre Skepsis. Auch weitere Nordseeinseln fürchten mögliche Umweltverschmutzungen. Schon Ende Januar 2021 hatten acht niederländische und deutsche Wattenmeerinseln, darunter auch Borkum, gefordert, dass neue Erdgasförderungen nahe dem Wattenmeer nicht mehr erlaubt sein sollten.

Sorge um Ökosysteme des Wattenmeeres und Lebensgrundlage der Nordseeinsel

Die Vertreter der Inseln sorgen sich nämlich unisono um die Ökosysteme des Wattenmeers und um die Lebensgrundlage der betroffenen Inseln. Tatsächlich plant das niederländische Unternehmen One-Dyas B.V., Erdgas aus einem Feld zwischen den Inseln Schiermonnikoog und Borkum zu fördern.

Dies soll mittels einer Plattform auf der See erfolgen, die im niederländischen Küstenmeer liegen soll. Und damit rund 500 Meter von den deutschen Hoheitsgewässern entfernt und ungefähr 20 Kilometer vor der Küste Borkums. Das auserkorene Fördergebiet wird zur Hälfte auf deutschem Hoheitsgebiet verortet. Hier werden 60 Milliarden Kubikmeter förderbarer Erdgasreserven geschätzt.

Abkehr vom russischen Erdgas: Niedersachsen nimmt Erdgasförderung im Wattenmeer wieder ins Visier

Zum Hintergrund: Noch im Sommer 2021 hatte sich die niedersächsische Landesregierung gegen die Erdgas-Förderung im Wattenmeer gestellt. Doch hat sich die Haltung durch den Ukraine-Krieg nun geändert. Bernd Althusmann (CDU), Wirtschaftsminister von Niedersachsen, forderte bereits eine Neubewertung der Situation und kündigte zugleich Gespräch mit One-Dyas an.

Ein Vorgehen, das für die Grünen im Niedersächsischen Landtag nicht nachvollziehbar ist. Stellvertretend für ihre Partei fordert Grünen-Abgeordnete Meta Janssen-Kucz die Landesregierung dazu auf, „Kurs zu halten und wie geplant gegen das Erdgasprojekt von One-Dyas zu klagen“.

Erdgasförderung im Wattenmeer: Genehmigungsverfahren liegt in der Niederlanden

Für Borkums Bürgermeister Akkermann steht indes fest, dass es seitens Niedersachsens nur wenig Möglichkeiten gibt, um in das Vorhaben einzugreifen. Schließlich werde das Genehmigungsverfahren in den Niederlanden geführt, da die geplante Förderplattform auch in den dortigen Hoheitsgewässern gebaut werden soll.

Und eine Zustimmung bräuchten die Niederländer auch nur dann, wenn sie von der Plattform aus auch auf deutscher Seite Gas fördern wollten. Die mögliche Erdgasförderung im Wattenmeer, in deren Angelegenheit noch nicht das letzte Wort gesprochen zu sein scheint, stellt jedoch nicht die einzige Alternative zum Erdgas aus Russland dar.

LNG-Terminals in Niedersachsen und Schleswig-Holstein: Milliardenschwere Projekte für die Versorgung mit Flüssigerdgas geplant

Denn das Bestreben der Bundesregierung liegt auch darin, sogenannte LNG-Terminals in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu bauen. Als Standorte für die Förderung von „Liquefied Natural Gas“, also Flüssigerdgas, wurden bereits Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel auserkoren.

Der Bau der LNG-Terminals gilt jedoch als milliardenschweres Projekt, frühestens 2024 sei mit der Fertigstellung zu rechnen. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (beide SPD) hatten sich aber bereits öffentlich für den Bau der LNG-Terminals ausgesprochen. Nun gilt es, möglichst schnell die konkrete Finanzierung zu klären. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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