Vereine können weiterhin in hybrider Form tagen – ohne Satzungsänderung
Bis März müssen viele Vereine ihre Jahreshauptversammlung abhalten. Während Corona wurde digital getagt. Diese Ausnahme ist nun rechtssicher.
Update vom 16. Februar 2023: Während Corona haben viele unterschiedliche Vereine digital Sitzungen abgehalten. Dies war möglich, weil der Gesetzgeber eine Ausnahmeregel beschlossen hatte. Diese lief Ende August 2022 aus. Wollten Vereine weiterhin virtuell tagen, mussten sie aufwändig ihre Satzung ändern. Dies ist vom Gesetzgeber her etwas einfacher geworden. Es ist nun ohne Satzungsänderung möglich, eine hybride Mitgliederversammlung durchzuführen, heißt es auf den Seiten des DOSB. Zu den hybriden Teilnahmeformen gehört neben vor Ort sein und Videocall auch die Teilnahme per Chat oder Telefon.
Weiter schreibt der DOSB: Der Grundsatz, dass beide Möglichkeiten ohne Satzungsänderung nutzbar werden, ist zu begrüßen. Allerdings sieht der Olympische Sportbund in der jetzt gefassten Version auch Probleme für seine Sportvereine. Etwas kompliziert wird es, wenn ein Verein komplett virtuell tagen will. Dies geht nur, wenn eine Mitgliederversammlung es vorher beschlossen hat.
Auf eine Fortsetzung der funktionierenden Regelung konnte sich die Regierungskoalition nicht einigen. Der DOSB und das Bündnis für Gemeinnützigkeit haben auf die positiven Erfahrungen in den Pandemiezeiten verwiesen. Auch die im Rechtsausschuss angehörten Sachverständiger forderten die erneute Anwendung dieser Regelungen, so der DOSB.
Update vom 9. November 2021: Der Bundestag hat die Verlängerung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie (Corona) im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 bis zum 31. Dezember 2021 beschlossen. Somit haben Vereinsvorstände einen größeren Spielraum für (Jahreshaupt-) Versammlungen. Nachzulesen ist das Gesetz im Bundesgesetzblatt.
Meldung vom 26. Oktober: Dass Vereinssatzungen ihren Ursprung in der analogen Welt haben, macht die Corona-Pandemie deutlich. So schreibt die Satzung vor, dass einmal im Jahr eine Jahreshauptversammlung stattzufinden hat. Die Satzung geht davon aus, dass sich die Mitglieder an einem Ort treffen. In Zeiten von Abstandhalten und Versammlungsverboten eine große Herausforderung für jeden Vorstand. Onlineversammlungen sind erste einmal nicht vorgesehen. Um Druck vom Kessel „Jahreshauptversammlung“ zu nehmen, hat der Gesetzgeber für 2020 eine Ausnahmeregelung erlassen. Diese ermöglicht den Vereinen einen gewissen Spielraum in der Durchführung bis hin zur Absage. Die Ausnahmeregelung steht über der Vereinssatzung. Eine Verlängerung bis Ende 2021 ist in Planung.
Landessportbund Niedersachsen | 9.600 Mitgliedsvereine |
Mitglieder | rund 2,7 Millionen |
Sitz | Hannover |
Internet | www.lsb-niedersachsen.de |
Viele Vereine halten ihre Jahreshauptversammlung (JHV) im ersten Quartal eines Jahres ab. Dies kann in der Satzung begründet sein oder weil die nächst höheren Gremien im weiteren Verlauf des Jahres tagen. Wegen Corona und dem Versammlungsverbot im Frühjahr waren Treffen nicht erlaubt. Um Schaden von den (ehrenamtlichen) Vorständen abzuwenden, beschloss die Bundesregierung, dass bis 31. Dezember 2020 Jahreshauptversammlungen auch außerhalb des vorgegebenen Zeitfensters stattfinden dürfen. Des Weiteren sind dieses Jahr auch Onlineversammlungen erlaubt und Beschlüsse im Umlaufverfahren.
Trotz Corona dürfen Jahreshauptversammlungen stattfinden
Aktuell gibt es in Niedersachsen kein Versammlungsverbot. Entsprechend dürften Jahreshauptversammlungen nachgeholt werden. Problem: Das Abstandsgebot. Um den nötigen Platzbedarf zu ermitteln, gibt es inzwischen im Internet diverse Rechner. Theoretisch müsste für jedes Mitglied ein Platz vorhanden sein. Der Grund: Bei einer Jahreshauptversammlung darf kein Mitglied ausgeschlossen werden. Bei 1.000 Mitgliedern benötigt ein Verein eine Fläche von mindestens 2.500 Quadratmetern. Oder ein Drittel eines Fußballplatzes. „Eine solch großen Saal zu finden, dürfte für die meisten Vereine schwierig werden“, sagt Torsten Sorge, Justiziar beim Landessportbund Niedersachsen (LSB). Auch eine Anmeldung hält der Justiziar für schwierig.

Alternativ zu Präsenzversammlungen sind Umlaufverfahren. Bei dieser Variante bekommt jedes Mitglied die Unterlagen zugeschickt. Im Anschluss übermittelt das Vereins-Mitglied schriftlich dem Vorstand, für was er stimmt. Wobei die Antwort nicht per se in Briefform erfolgen muss. E-Mail oder Fax wären Alternativen.
Die dritte Option ist die Onlineversammlung. Hier treffen sich die Mitglieder per Software wie Zoom, Gotomeeting und Webex. Was im ersten Moment als einfache Alternative zu einer Präsenzversammlung erscheint, hat ihre Tücken im Detail. Es geht los bei der Datenschutzerklärung und endet bei der Protokollierung von Beschlüssen. Eine Aufzeichnung (Videomitschnitt) der Abstimmung wäre nur erlaubt, wenn alle Anwesenden zustimmen. Laut Torsten Sorge ist unklar, ob ein Amtsgericht eine solche Protokollierung beispielsweise bei Vorstandswahlen im Zweifelsfall akzeptieren würde. Justiziar Torsten Sorge empfiehlt eine gesicherte Abstimmungssoftware mit Ausdruck. Allerdings sind Kosten und Aufwand für kleine Vereine oft nicht gerechtfertigt.
Die Empfehlung des Landessportbundes Niedersachsen lautet daher: „Wenn keine dringenden Entscheidungen anstehen und die Amtszeit des Vorstands im Jahr 2020 nicht abgelaufen ist oder abläuft, dann dürfte es unschädlich sein, die üblichen Tagesordnungspunkte wie Entgegennahme des Jahresabschlusses und des Kassenprüfberichts sowie Entlastung des Vorstands auf das kommende Jahr zu verschieben. In der Mitgliederversammlung 2021 können dann die Tagesordnungspunkte zusammengelegt und gemeinsam behandelt werden. Dabei handelt es sich dann zwar um eine nicht satzungskonforme, sondern eher pragmatische Lösung, bei der ein Schaden für den Verein nicht zu erwarten sein dürfte.“ Nachzulesen sind die Tipps und Empfehlungen auf der Seite des Landessportbunds Niedersachsen und auf Vibss.de. Letztere ist der Landessportbund Nordrhein-Westfalen. Auf dessen Seiten sind die deutschlandweit gültigen Empfehlungen aufgelistet.
Torsten Sorge, Justiziar beim Landessportbund Niedersachsen empfiehlt den Vorständen offen mit den Mitgliedern zu kommunizieren und ihnen zu erklären, warum man sich genau für die eine oder andere Variante entschieden hat. Die Erfahrung zeigt, dass dann alle Mitglieder wegen der Corona-Pandemie diese geänderten Abläufe akzeptieren.
Um für mögliche weitere Pandemien oder Schadenslagen gerüstet zu sein, überlegen Vereine und Dachorganisationen ihre Satzungen entsprechend anzupassen. Experten waren vor voreiligen Schnellschüssen. Noch gibt es keine juristische Bewertung, wie Urteile zu solchen Satzungsänderungen. Sollte die Ausnahmeregelung bis Ende 2021 verlängert werden, besteht keine Eile. Schlussendlich ist es eine Satzungsänderung. Und jede Satzungsänderung muss von der Jahreshauptversammlung beschlossen werden.