1. Startseite
  2. Lokales
  3. Niedersachsen

Stephan Weil zerlegt Infektionsschutzgesetz

Erstellt:

Von: Johannes Nuß

Kommentare

Stephan Weil hat das neue Infektionsschutzgesetz in der Corona-Pandemie kritisiert. Bundesländer könnten nur eingeschränkt Verantwortung übernehmen.

Hannover – Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat die Bundesregierung aufgrund des neuen Infektionsschutzgesetzes angegriffen. Besonders scharf kritisierte Weil die im Gesetz verankerte neue Hotspot-Regel. Denn trotz Corona-Rekordzahlen könne die neue Regel mit schärferen Beschränkungen derzeit nicht auf ganz Niedersachsen angewendet werden. Dafür seien die Voraussetzungen im geänderten Infektionsschutzgesetz Stand heute nicht gegeben, monierte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag in der Landespressekonferenz in Hannover.

Corona-Regeln in Niedersachsen: Stephan Weil zerlegt Infektionsschutzgesetz – Bundesländer zum Hotspot erklären

Grundsätzlich können die Landtage aufgrund der neuen Corona-Regeln künftig auch ganze Bundesländer zum Hotspot erklären. Allerdings ist das in Niedersachsen ebenso wie in anderen Bundesländern an hohe Hürden geknüpft – konkrete Gefahren wären etwa das Auftreten einer gefährlicheren Corona-Virusvariante oder eine drohende Überlastung der Krankenhäuser.

Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident Niedersachsen, spricht während der Landespressekonferenz im niedersächsischen Landtag zur aktuellen Corona Lage.
Das neu gefasste Infektionsschutzgesetz geht dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) nicht weit genug. © Ole Spata/dpa

Ungeachtet hoher Infektionszahlen hatte der Bundestag ein geändertes Infektionsschutzgesetz mit dem Wegfall der meisten bundesweiten Corona-Schutzregeln beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierten am Freitag 388 Abgeordnete für die Pläne der Ampelkoalition, 277 lehnten sie ab, 2 enthielten sich. Nach einem heftigen Schlagabtausch hatten in zweiter Lesung SPD, FDP und Grüne dafür gestimmt – alle anderen dagegen. Mit den Neuregelungen hatte sich noch direkt am Nachmittag abschließend auch der Bundesrat befasst und das Vorhaben durchgewunken.

Corona-Regeln in Niedersachsen: Stephan Weil bezeichnet Infektionsschutzgesetz als nicht ausreichend

Ab Samstag soll es demnach in der neuen Corona-Verordnung für Niedersachsen nur noch wenige allgemeine Vorgaben zur Maskenpflicht und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen geben. In Bussen und Bahnen soll weiterhin Maskenpflicht gelten können. Für regionale Hotspots kann es weitergehende Beschränkungen geben, wenn das Landesparlament für diese eine besonders kritische Corona-Lage feststellt. Die Bundesländer wollen aber noch eine bis maximal 2. April eingeräumte Übergangsfrist nutzen und jeweils aktuell geltende Schutzregeln zumindest teilweise aufrechterhalten.

Was genau bedeutet die Hotspot-Regelung und wie wird sie angewendet?

Bei einer lokal begrenzten, bedrohlichen Infektionslage soll künftig eine Hotspot-Regelung greifen. In dem Fall können die betroffenen Kommunen erweiterte Schutzvorkehrungen anwenden, etwa Maskenpflicht, Abstandsgebote oder Hygienekonzepte. Voraussetzung ist ein Beschluss des Niedersächsischen Landtag und die Feststellung der konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage.

Die auf den neuen Regelungen beruhenden Auflagen sollen spätestens mit Ablauf des 23. September 2022 außer Kraft treten. Dann soll, auf Basis der aktuellen Infektionslage, neu bewertet werden, welche Schutzvorkehrungen im Herbst und Winter erforderlich sind. (Quelle: Bundestag)

Unklar sei damit, welche Corona-Regeln in Niedersachsen über den 2. April hinaus noch gelten werden, sagte Weil und zerlegte das Infektionsschutzgesetz als nicht ausreichend. „Ich kann es noch nicht sagen.“ Der Regierungschef appellierte jedoch an den Bund, den Ländern insbesondere mit Blick auf den Herbst rechtzeitig wieder mehr Möglichkeiten für weiterreichende Beschränkungen zu geben. Darüber müsse noch vor der Sommerpause ernsthaft gesprochen werden. Der jetzt beschlossene Rahmen sei im Herbst „mit Sicherheit nicht ausreichend“.

Weil betonte, allein in Niedersachsen seien am Freitag mehr als 36.000 Neuinfektionen gemeldet worden. „Das hatten wir noch nie“, sagte er und mahnte: „Die Pandemie ist noch längst nicht zu Ende.“ Weil ging am Morgen aber dennoch davon aus, dass das neue Infektionsschutzgesetz am Freitag den Bundesrat ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses passieren werde. Sonst laufe man Gefahr, völlig ohne Regelung dazustehen und einen „regellosen Zustand in dieser Situation“ will sich der niedersächsische Landesvater nicht vorstellen.

Corona in Niedersachsen: Ministerpräsident Weil geht von verschärfter Pandemie-Lage im Herbst aus

Weil geht davon aus, dass sich die Lage in der Coronapandemie nach einem relativ entspannten Sommer zum Herbst hin wieder verschärfen wird, wofür das neue Gesetz alles andere als ausreichend sei. Das neue Infektionsschutzgesetz wird am Sonntag in Kraft treten.

An der geplanten Abschaffung aller einschneidenden Corona-Schutzmaßnahmen zum 20. März gab es bereits am Donnerstag in der Bund-Länder-Runde parteiunabhängig harsche Kritik aus den Ländern. Bei den Gesprächen im Format der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ging es auch um die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und die kriegsbedingt stark steigenden Energiepreise.

Stephan Weil über Lage der Geflüchteten aus dem Ukraine-Krieg

Im Zuge dessen forderte Weil einen „gesamtgesellschaftlichen Kraftakt“. Die Situation hierzulande sei zwar nicht vergleichbar mit dem Leid und dem Krieg in der Ukraine, aber auch auf Deutschland komme einiges zu, sagte er. Zwischen Bund und Ländern müsse es weitere Gespräche über die Finanzierung der Hilfe für Kriegsflüchtlinge geben, forderte er. Allerdings sei noch unklar, um wie viele Menschen es gehe. „Wir wissen nicht, wie viele Menschen in welchem Zeitraum kommen werden.“ Das hänge maßgeblich vom weiteren Kriegsverlauf ab. (Mit Material der dpa) * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare