„Augenwischerei“: Kita-Eltern in Niedersachsen sauer wegen Entlastungsgeld
Die Eltern von Kita-Kindern in Niedersachsen beklagen, dass ein millionenschweres Hilfsprogramm des Landes versickert, statt die Eltern zu entlasten.
Hannover – Wo sind die 100 Millionen Euro geblieben, mit denen das Land die Preise für das Mittagessen in Kitas und Schulen stabil halten wollte? Die Vertretung der Kita-Eltern in Niedersachsen sagt: Bei vielen Eltern kommt die Hilfe nicht an. Die Kommunen sehen ein anderes Problem.

„Die hoch angepriesene Entlastung der Landesregierung ist eine Augenwischerei. Sie lässt die Regierung gut dastehen, am Ende kommt die Entlastung aber nicht bei den Eltern an“, sagte Christine Heymann-Splinter, Vorsitzende der Kita-Landeselternvertretung (Kita-LEV), der Deutschen Presse-Agentur.
Eltern in Niedersachsen warten auf Millionenhilfe des Landes
Die Kritik bezieht sich auf eine Ankündigung der Regierung aus SPD und Grünen, dass mit dem im November beschlossenen Nachtragshaushalt auch die Kosten für Mittagessen in Schulen und Kitas gesenkt oder zumindest stabil gehalten werden sollen. Die Eltern sollten so von den hohen Energiepreisen entlastet werden.
Die Kommunen sollten dafür pro Schul- und Kitakind pauschal rund 65 Euro erhalten und an die Träger weitergeben, auch an nicht-kommunale. Insgesamt stellte das Land zu diesem Zweck 100 Millionen Euro bereit.
Wo sind die Millionen? Das Land scheint es nicht zu wissen
Das Kultusministerium betont, dass 47 Millionen Euro dafür auch schon ausgezahlt wurden. Man gehe davon aus, dass die Schul- und Kitaträger das Geld wie beabsichtigt einsetzen, heißt es aus der Landeshauptstadt. Auch die Kommunen versichern das. Sie weisen allerdings darauf hin, dass die Summe von knapp 65 Euro pro Kind angesichts hoher Preise schnell aufgebraucht sei.
Das Ministerium betont, man habe ein rasches Auszahlungsverfahren gewählt, damit das Geld schnell ankommt. Weitere Erkenntnisse über die Verwendung lägen jedoch nicht vor. Mit anderen Worten: Das Land weiß nicht, was mit dem Geld passiert ist.
Wir gehen davon aus, dass [...] Schul- und Kitaträger [...] das Geld entsprechend einsetzen.
„Wir gehen davon aus, dass sich die Schul- und Kitaträger entsprechend des Zwecks der Zuschüsse verhalten und das Geld entsprechend einsetzen“, sagt ein Sprecher von Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne). „Sollte das nicht überall passiert sein, haben wir die klare Erwartungshaltung, dass dies nunmehr passiert. Es handelt sich um eine Entlastungsmaßnahme für die Eltern, nicht um allgemeine Hilfszahlungen für Kommunen und Kita-Träger.“
Das Geld wurde jedoch formal ohne verbindlichen Verwendungszweck ausgezahlt. Eine Förderrichtlinie etwa gibt es nicht. Kultusministerin Hamburg hatte das bewusst in Kauf genommen, damit das Geld schneller fließen kann.
Millionenhilfen kommen nicht bei den Eltern in Niedersachsen an: „Krasse Fehlplanung“
Der CDU-Bildungspolitiker Christian Fühner hält das für einen Fehler und spricht von einer „krassen Fehlplanung der Landesregierung“. Schlanke Verfahren seien gut, die Regierung müsse aber auch sicherstellen, dass das Geld dort ankommt, wo es hin soll. „Mit einer simplen Verpflichtungsvereinbarung hätte man mehr Verbindlichkeit für ein günstiges Mittagessen gehabt“, sagt Fühner.
Dass die knapp 65 Euro pro Kind bei den aktuellen Preisen schnell aufgebraucht seien, liege auf der Hand, sagt Hauptgeschäftsführer Jan Arning. Es sei auch nicht die Aufgabe der Kommunen, die Mittagsverpflegung zu finanzieren: „Wenn das Land das Ziel hat, die Preise für die Mittagsverpflegung in Kitas und Schulen dauerhaft stabil zu halten, benötigen die Kommunen einen dauerhaften Landeszuschuss.“
Elternsprecherin: „Keiner hat über diesen Umstand informiert“
Die Vorsitzende der Elternvertretung ist dennoch frustriert. „Wenn die Eltern nicht selbst aktiv werden und diese Kompensation nicht einfordern, passiert hier auch nichts. Aber keiner hat die Eltern über diesen Umstand informiert“, sagt Heymann-Splinter. Und sie ergänzt: Für solche Debatten mit den Trägern hätten die ohnehin stark beanspruchten Eltern gerade keine Energie. (far/dpa)