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780 Kilometer Schweiß und Schmerz: Die Vorbereitung auf einen Marathon – ein Erfahrungsbericht

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Von: Marcel Prigge

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Ein Jogger auf einem geschwungenen Weg
Laufen, laufen, laufen: Für die eigene Marathonvorbereitung war ich mehr als 780 Kilometer unterwegs. © Michael Laumann

Einmal einen Marathon laufen: Das ist der Wunsch vieler Menschen. Die Vorbereitung ist hart, kann aber auch Spaß machen. Ein Erfahrungsbericht des Marathon-Trainings.

Bremen – Unzählige Menschen haben es bereits geschafft: 42,2 Kilometer am Stück zu laufen ist ein Traum vieler Hobbyläufer. Und so schwer kann das doch nicht sein, dachte sich kreiszeitung.de-Redakteur Marcel Prigge. Er meldete sich für den bevorstehenden Werderseelauf 2023 am 19. März 2023 an und trainierte dafür mehr als sechs Monate. Der Blick auf die Marathon-Vorbereitung.

Die Vorbereitung auf einen Marathon: 780 Kilometer Schweiß und Schmerz

42 Kilometer, was ist, das schon? Warum sollte ein mittelmäßig trainierter Mensch wie ich das nicht schaffen? Das dachte ich mir, als ich im vergangenen Jahr beschloss, im Frühjahr 2023 einen Marathonversuch zu wagen. Jetzt ist mein Training abgeschlossen und ich kann auf rund 783 Trainingskilometer und 77 Stunden schwitzen, schlurfen und schmerzen zurückblicken. Was habe ich gelernt? Welche Tipps und Tricks gibt es? Und was sind Fehler, die es zu vermeiden gilt?

Ein Jogger bei Sonnenschein auf einer Straße
Auch bei bestem Wetter im Januar kann eine Marathon-Vorbereitung hart sein. Denn nach 32 Kilometern schmerzt jeder Schritt, egal ob die Sonne scheint. © Michael Laumann

Der erste Marathonversuch: Rund um den Werdersee soll es gehen

Der Marathon meiner Wahl war schnell gefunden. Der Werderseelauf 2023 in Bremen sollte es sein. Warum? Es ist eine Runde, die ich bereits hunderte Male lief – die Strecke kenne ich in- und auswendig. Und wenn ich mich schon 42 Kilometer weit quäle, mit Auswirkungen auf meinen Körper, die ich noch nicht kenne, dann will ich wenigstens nicht allzu weit von zu Hause und dem Sofa und der Badewanne weg sein.

Nur: Wie bereitet man sich eigentlich auf einen Marathon vor? Das Internet steht gewohnt hilfsbereit mit vielen Trainingsplänen zur Seite: Von verschiedenen sportlichen Ausgangslagen bis hin zur gewünschten Zielzeit kann alles – mal kostenpflichtig, mal umsonst – gefunden werden. Für viele Menschen ist dies sicherlich hilfreich. Ich habe mich jedoch mangels Durchhaltevermögens eines vorgefertigten Weges für einen eigenen „Plan“ entschieden.

Wie trainiere ich für einen Marathon? Der eigene „Plan“

Erstmal galt es, möglichst regelmäßig mit ausreichend Pausen laufen zu gehen. Bedeutet: am besten jeden zweiten Tag. Entgegen einem Plan aus dem Internet war für mich jedoch immer auch ein Ermessensspielraum wichtig – gerade in den ersten Monaten der Marathon-Vorbereitung. Habe ich keine Lust, fühle mich ausgelaugt, oder war der Tag einfach zu stressig für eine Laufrunde am Abend? Kein Problem, einfach den Trainingstag etwas nach hinten schieben. Wichtig für mich war, die Motivation zu behalten. Und das möglichst lange. Denn es war klar: Es kommen Zeiten, an denen man nur Zuhause bleiben möchte, sich aber trotzdem zum Laufen zwingt.

Schon früh wollte ich das Wochenende für längere Einheiten nutzen, jedoch sind meine Füße und Beine schnell an ihre Grenzen gestoßen. Das Pensum sollte gerade für ungeübte Läufer nicht zu schnell gesteigert werden. Ich habe mir gerade über die ersten Monate so ein gutes Ausdauer-Grundgerüst geschaffen, auf dem ich die restliche Zeit aufbauen konnte.

Monatelanges Marathontraining: Die Zahlen im Überblick

September: 108,91 Kilometer in 11 Stunden, 22 Minuten

Oktober: 130,21 Kilometer in 15 Stunden, 4 Minuten

November: 200,18 Kilometer in 19 Stunden, 44 Minuten

Dezember: 110,93 Kilometer in 10 Stunden, 47 Minuten

Januar: 45,19 Kilometer in 4 Stunden, 26 Minuten

Februar: 129,84 Kilometer in 10 Stunden, 24 Minuten

März (die ersten beiden Wochen): 58,42 Kilometer in 5 Stunden, 31 Minuten

Nach etwas Zeit merkte ich Veränderungen in meiner Ausdauerleistung. Das Laufen fühlte sich einfacher und leichter an. An diesem Punkt streute ich regelmäßige Intervall- und auch mal Höhenmetertraining ein. Das schnelle Anlaufen oder die Wege über die wenigen Hügel in Bremen beanspruchen nämlich Muskeln, die sonst eher ungenutzt bleiben.

Gegen Motivationslöcher beim Laufen: Hole einen Freund mit ins Boot

Für einen Marathon im Frühjahr zu trainieren ist etwas wesentlich anderes, als für einen 42-Kilometer-Lauf im Herbst. Denn während in einer Trainingsphase im Sommer meist wohliges Wetter auf den Hobbysportler wartet, ist es im Wintertraining nass, kalt und ungemütlich. Keine guten Voraussetzungen für die eigene Motivation. Dementsprechend empfiehlt es sich, einen Trainingspartner zu haben, um sich gegenseitig gut zuzureden (oder zu trösten, sollte die eigene Leistung mal wieder einbrechen).

Ein Jogger im Moor
Durchs nasse, kalte Moor: Auch so kann ein Marathon-Training aussehen. © Michael Laumann

Die Laufapps: Erfasse deine eigene Leistung (und lass dich von denen anderer anspornen)

Ist ein Trainingspartner erst einmal gefunden, wird die mittlerweile fast tägliche Überwindung einfacher zu bewältigen. Nur ist leider terminlich nicht immer ein gemeinsamer Lauf drin. Es empfiehlt sich also, eine Laufapp auf seinem Handy zu nutzen. Mithilfe von Anwendungen wie „Strava“ und Co. lässt sich nicht nur der eigene Trainingserfolg in Statistiken darstellen, auch wird der eigene Schweinehund oft leichter überwunden, wenn man weiß, dass der Trainingspartner schon wieder um sechs Uhr morgens vor der Arbeit 15 Kilometer gemacht hat.

Laufschuhe und Laufuhren: Das richtige Equipment ist wichtiger, als man denkt

Laufen ist ein kostengünstiger Sport. An sich braucht man nichts anderes als bequeme Schuhe und es kann losgehen. Dennoch habe ich viel Geld für Schuhe und eine neue Sportuhr, mit der sich das Training und der eigene Gesundheitszustand darstellen lässt, ausgegeben. Letztere hilft mir nun nicht nur beim Einhalten meiner sportlichen Ziele. Auch lässt sich damit bequem Kartenmaterial für längere Läufe darstellen und auch Musik kann mithilfe von Bluetooth-Kopfhörern abgespielt werden.

Trailrunning-Schuhe in einer Pfütze
Trailrunning-Schuhe haben geholfen: Während des Lauftrainings wäre ich ohne ein zweites Paar Schuhe nicht weit gekommen. © Michael Laumann

Das Thema der Schuhe ist komplex und jeder Läufer wird einem etwas anderes erzählen. Ich bin bereits mit vielen kostengünstigen Exemplaren unterwegs gewesen. Für den Marathon wollte ich mir aber ein paar neue Renner gönnen und bin in einem Fachladen gewesen. Der Unterschied ist gewaltig und dementsprechend kann ich den Gang zum Profi nur empfehlen: Die Experten haben meine geschundenen Füße vermessen und meinen Laufstil analysiert. Letztendlich bin ich mit einem Paar Straßenschuhen und einem Paar Trailrunning-Schuhe aus dem Laden gegangen.

Während des Marathontrainings immer neue Strecken ausprobieren

Wieso Trailrunning-Schuhe? Bei einer langen Marathon-Vorbereitung kommt jeder Läufer an dem Punkt, an dem ihm die eigene Haus-Runde zum Halse heraushängt. Einen halben Tag über die Hügelketten des Teuteburger Walds bei Bad Iburg oder neue Runden im platten Land um Bremen herum zu erkunden macht da wesentlich mehr Spaß. Ich bin so durch halb Niedersachsen gelaufen und konnte immer etwas Neues entdecken. Auf glitschigen Wiesen oder steilen Hügeln bieten dabei die Trailrunning-Schuhe mit ihrem besser ausgeprägten Profil einfach mehr Halt.

Ein Pfad im Weserbergland
Im Schnee durch Bad Iburg: Ein Marathontraining lässt sich wunderbar mit dem Erkunden neuer Gegenden verbinden. © Marcel Prigge

Auf solchen Strecken fällt es auch einfacher, länger unterwegs zu sein. Ob einen Nordpfad im Landkreis Rotenburg bei Sonnenschein, oder bei Regen und Sturm an der Hunte im Landkreis Oldenburg entlang. Das eigene Laufpensum wird sich sukzessiv steigern und lange Läufe sollten im Training integriert werden. Bestenfalls geschieht dies am Wochenende, da vielen Berufstätigen in der Woche wenig Zeit bleibt. Mit dem eigenen Trainingspartner lässt sich so eine Tour einfach planen. Insgesamt absolvierte ich 14 Läufe über eine Halbmarathondistanz. Einige waren jenseits der 30-Kilometer-Marke.

Riegel, Gels und Bananen: Das richtige Essen für unterwegs ist entscheidend

Bei so langen Distanzen kommt es unweigerlich zu der Frage: Was esse und trinke ich währenddessen? Alleine das sollte geübt sein. Essen während des Laufens ist nicht jedermanns Sache, auch schlägt eine bestimmte Nahrung eher auf den Magen, als andere. Jeder Mensch ist da unterschiedlich. Neben den klassischen Bananen habe ich mich mit mehreren Energieriegeln auseinandergesetzt. Auch zuckrige, sirupartige Gels schlagen mir nicht auf den Magen – auch wenn sie fürchterlich schmecken. Einmal habe ich es mit Kartoffelchips probiert. Die ungläubigen Blicke der Menschen waren dabei der Ausgleich dafür, dass es mir die kommende Stunde wirklich schlecht ging.

Schüttelfrost und Sonnenbrand: Liebe beim Laufen das Wetter – jedes Wetter

Ist man lange draußen unterwegs, wird man zwangsläufig den Elementen ausgesetzt. Gerade im Winter ist das Wetter wechselhaft – und daran sollte man sich schnell gewöhnen. Während der 42 Kilometer des Marathons ist man schließlich auch jeglichen Wetterbedingungen ausgesetzt – und das sehr wahrscheinlich mehr als vier Stunden. Eine Menge Zeit also, um nass zu werden, um zu frieren, oder um sich einen Sonnenbrand zu holen.

Ein Jogger an der Wümme in Rotenburg
Das Wetter ist wohl der wichtigste Wohlfühlfaktor beim Lauftraining. Man kommt jedoch nicht darum herum, auch mal bei miserablen Verhältnissen zu joggen. Zum Glück ist das nicht immer der Fall gewesen. © Michael Laumann

Je öfter ich in solchen relativ exponierten Situationen war – es ist schon vorgekommen, dass ich während des Laufens Schüttelfrost bekam, aber noch weitere zwölf Kilometer bis nach Hause musste – desto eher lernte ich damit umzugehen. Mein wichtigster Begleiter war dabei mein Laufrucksack. Eine solche Tragehilfe empfiehlt sich bei langen Distanzen. Neben der eigenen Verpflegung lässt sich darin auch trockene Kleidung und (nicht zu unterschätzen!) auch eine Überlebensdecke für den Notfall aufbewahren.

Für ein langfristig angelegtes Training: Krankheiten und Verletzungen vermeiden

Das Wichtigste beim Draußen-sein ist jedoch nicht krank zu werden. Ein Infekt belastet nicht nur den eigenen Körper – auch der Trainingsplan leidet darunter. Steigt man zu früh wieder ins Training ein, verschleppt sich die Krankheit. Vielen fällt es jedoch schwer zu warten, ist Laufen doch in dem Fall für die meisten die zeitintensivste Freizeitbeschäftigung der vergangenen Monate gewesen.

Es gilt jedoch: Lieber länger warten, als zu schnell wieder anfangen. Im schlimmsten Fall kann eine verschleppte Erkältung zu Herzmuskelbeschwerden führen. Natürlich musste ich dies auf die harte Tour lernen. Nach einem kleinen Infekt Ende Dezember fing ich zu früh mit dem Training an. Der halbe Januar war aufgrund des Folge-Infekts für mich gelaufen. Zwei Wochen Unwohlsein, Erkältungssymptome und Bett. Es hätte schlimmer kommen können und ich habe daraus gelernt. Aber es war dumm.

Pizza, Kakao und die Badewanne: Belohnungen nach langen Läufen helfen, den Spaß an der Sache nicht zu verlieren

Das Wichtigste zum Schluss: Man läuft monatelang für ein einziges Event und man verbrennt unglaublich viel Kalorien. Es sollte verinnerlicht werden, dass diese auch wieder aufgefüllt werden! Viele Läufe hielt ich nur mit dem Gedanken an einen heißen Kakao, eine riesige Pizza oder eine wohlig warme Wanne durch. Man sollte sich auch genau damit belohnen. Denn alles in allem soll ja nicht nur der Marathontag, sondern auch das Training Spaß machen.

Eine wirklich sehr lecker aussehende Pizza
Belohnungen in der Trainingsphase gehören dazu. Und der Kalorienverbrauch muss ja auch wieder ausgeglichen werden – das geht auch mit einer guten Pizza. © Marcel Prigge

Werderseelauf 2023: kreiszeitung.de-Redakteur läuft seinen ersten Marathon

Und so habe ich im Groben die vergangenen sechseinhalb Monate verbracht. Der Marathontag ist mittlerweile vorübergegangen. Und was soll ich sagen? Ich war gut vorbereitet, aber es kommt immer anders als man denkt. Denn nach 21 Kilometer meines ersten Marathons und damit auch meines Selbstversuches konnte ich nicht mehr. Krämpfe und Schmerzen waren der Begleiter meines ersten 42-Kilometer-Laufes.

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