Wolfsabschuss im Heidekreis: Anzeichen für blanken Hass – Peta setzt hohe Belohnung aus
Wer hat in der Silvesternacht einen Wolf abgeschossen? Die Tierschutzorganisation Peta setzt einer Pressemitteilung zufolge jetzt eine hohe Belohnung aus. Die Polizei ermittelt und Zeugen werden gesucht.
- Schon der neunte Fall von ungeklärtem Wolfsabschuss.
- Abschuss in Schneverdingen: Der Wolf hat entsetzlich gelitten.
- Polizeiliche Ermittlungen treffen auf Mauer des Schweigens.
Heidekreis – Wer steckt hinter dem Wolfsabschuss aus der Silvesternacht bei Schneverdingen? Die Tierschutzorganisation Peta setzt einer Pressemitteilung zufolge jetzt eine Belohnung von 1 000 Euro zur Ergreifung des Täters aus. Gleichzeitig erhebt der Nabu-Heidekreis schwere Vorwürfe. „Es spricht vieles für blanken Wolfshass“, sagt etwa Pressesprecherin Dr. Antje Oldenburg (Ahlden). Und das sei kein Einzelfall. Auch der schwerverletzt bei Salzhausen gefundene Wolf, der im Oktober entdeckt worden sei, weise solche Anzeichen auf.
Bundesland: | Niedersachsen |
Fläche: | 47.709 Quadratkilometer |
Einwohner: | 7.993.608 |
Gründung: | 1. November 1946 |
Das Problem: Polizeiliche Ermittlungen sind zumindest in der Vergangenheit meist ins Leere gelaufen, die Beamten trafen auf eine Mauer des Schweigens in einem eigentlich kleinen Kreis von Waffenbesitzern. Keine der neun illegalen Wolfstötungen aus den vergangenen zehn Jahren sei nach Nabu-Angaben aufgeklärt worden. Die Polizeistation Schneverdingen ermittelt nun wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Aufgegeben hat man die Hoffnung auf Klärung des Falles nicht. Zeugenhinweise nimmt die Dienststelle unter der Telefonnummer 05193/982500 entgegen.
Erschossener junger Wolf in Schneverdingen entdeckt
Am späten Nachmittag des Silvestertages war nach einem Medienbericht gegen 21 Uhr ein erschossener junger Wolf im Grenzbereich des Jagdreviers Eggersmühlen bei Wesseloh (Schneverdingen) im Norden des Heidekreises entdeckt worden. Wann der Wolf getötet wurde, sei bisher unklar. Der Täter hatte das Tier vermutlich illegal zunächst mit einer Jagdwaffe angeschossen, worauf es hin zu einem späteren Zeitpunkt verstarb. Der Tierkörper wurde nach Peta-Angaben für weitere Untersuchungen ins Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung nach Berlin gebracht.

Erhärtet werde nach Nabu-Angaben die These, hier handele es sich um blanken Wolfshass, durch die Reaktion des Täters. „Es hat ja auch schon Verwechslungen gegeben“, sagt Antje Oldenburg, „der Jäger hat dann im guten Glauben abgedrückt, ein jagdbares Tier vor sich zu haben, und erst hinterher festgestellt, dass es sich um einen Wolf handelte“. Der Waffenbesitzer pflege in solchen Fällen reumütig mit einer Selbstanzeige zu reagieren. In der Regel bedauere er den Vorfall. Das sei bei den Vorgängen in Schneverdingen nicht der Fall. Antje Oldenburg: „Da steckt offenbar mehr dahinter.“
Sie listet weitere Fälle von Wolfs-Wilderei auf. Der Elternrüde aus dem Visselhöveder Rudel, der Anfang vergangenen Jahres bei Rotenburg überfahren wurde, wies eine verheilte Schussverletzung auf. Der bei Salzhausen entdeckte Wolf lag schwerverletzt am Straßenrand, ehe ihn Einsatzkräfte erlösten. Es habe sogar schon Fälle gegeben, das sei ein Wolf illegal abgeschossen und dessen Kopf abgetrennt und neben den Kadaver gelegt worden, da habe sozusagen ein öffentliches Signal gesetzt werden sollen.
Wolf in Niedersachsen: Abschuss keine Kavaliersdelikt
Die ganze Tragik des Schneverdinger Abschusses schildert Nadja Michler, die Fachreferentin für Wildtiere bei Peta: „Der Wolf hat durch die Schussverletzung vor seinem Tod offenbar entsetzlich gelitten.“ Unklar noch, ob der Täter auch dann überführt werden kann, wenn sich keine Zeugen melden.
„Sollte bei der Obduktion des Wolfes tatsächlich ein Projektil geborgen werden, könnten sich daraus wertvolle Hinweise auf die Waffe und damit auch auf den Täterkreis ergeben“, so der Nabu. Ein harmloses Kavaliersdelikt sei die Tat nicht. Wer überführt wird, dem droht eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro, der Entzug der Waffenbesitzerlaubnis und sogar eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Der Heidekreis gilt als eine der am dichtesten besiedelten Wolfsregionen Niedersachsens. Vor allem östlich der Autobahn in den militärisch genutzten Gebieten sowie im nördlichen Landkreis haben sich laut Wolfsmonitoring der Landesjägerschaft eine Reihe Rudel dauerhaft niedergelassen. Die Lebensräume seien nach Angaben des Nabu weitgehend besetzt. Allerdings befinden sich die Ansiedlungen im stetigen Wandel. Einzeltiere seien unterwegs, Revierkämpfe seien zuweilen zu beobachten, die Sterblichkeitsrate der Welpen sei mit 50 Prozent hoch. „Das alles verknusen die Rudel noch“, so der Nabu. Aber die illegale Jagd müsse aufhören.
Fall von Schneverdingen Indiz für zunehmende Aggressivität gegenüber Wolf
Der Fall von Schneverdingen sei ein weiteres Indiz für die zunehmende Aggressivität gegenüber einer streng geschützten Tierart, die verbal sowohl durch unsachliche, unausgewogene und reißerische Medienberichte als auch durch Forderungen nach „Obergrenzen“ und „wolfsfreien Zonen“ befeuert werde. „Wenn politische Entscheidungsträger wie Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner oder Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies für eine vorsorgliche Bejagung im Rahmen eines Bestandsmanagements plädieren und ungeachtet der europarechtlichen Vorgaben alles daransetzen, den hohen Schutzstatus des Wolfes aufzuweichen und die Anforderungen an den Herdenschutz zu senken, darf man sich nicht wundern, wenn die Hemmschwelle sinkt und der eine oder andere Waffenbesitzer bei Nacht und Nebel den Finger am Abzug krümmt“, so der Nabu.