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Wohlendorf: „Hunde wie Yoko haben kaum eine Chance“

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Von: Reike Raczkowski

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Hund Yoko liegt auf einem Sofa.
Ängstlich, misstrauisch – und auf der Suche nach einem Für-immer-Zuhause. Yoko hätte es verdient. © Reike Raczkowski

Tierfreundin Sabine Bachmann aus Wohlendorf hat eine Pflegestelle. Regelmäßig nimmt sie Hunde wie Yoko aus dem Tierschutz auf und gibt ihnen ein Zuhause auf Zeit.

Wohlendorf – Sie liegt auf dem Sofa, den Schwanz und die Pfoten unter den Körper geklemmt. Yoko versucht, sich so klein wie möglich zu machen. Bloß nicht auffallen. Der Besuch von der Zeitung macht sie nervös. Sie traut sich nicht, die Augen zu schließen. „Hunde wie Yoko haben kaum eine Chance, vermittelt zu werden. In ihrer Heimat in Spanien wäre sie auf eine Tötungsstation gekommen“, sagt Sabine Bachmann ernst.

Die Wohlendorferin nimmt regelmäßig Hunde aus dem Tierschutz auf und gibt ihnen ein Zuhause auf Zeit. „Sie sollen erst einmal lernen, Vertrauen zu den Menschen zu fassen, bevor sie vermittelt werden“, sagt Bachmann. Aber das sei oft nicht so leicht, und manchmal ist es sogar richtig schwierig, wie der Fall von Yoko zeigt.

Die Erzieherin Sabine Bachmann lebt in Wohlendorf wie in einem kleinen Bullerbü. Im Garten gackern die Hühner, zahme Tauben fliegen der Tierfreundin auf die Hand und wollen gefüttert werden. Ein Pferd wiehert und ein Esel stampft energisch mit den Hufen.

Rüde Ben - Therapeut für Pflegehunde

Auch der Rüde Ben gehört fest zur Familie. Er ist selbst ein schwieriger Hund, der sich mit Fremden schwertut und bei Anfängern nicht gut aufgehoben wäre. Aber bei Sabine Bachmann fühlt er sich nicht nur wohl, er hat sogar eine Aufgabe: „Für die Pflegehunde ist er so eine Art Therapeut“, sagt die Tierfreundin lächelnd. Er zeige den Neuankömmlingen, wie es so läuft in Wohlendorf – und dass die Menschen eigentlich ganz okay sind.

Auch Yoko hat sich in den wenigen Wochen, in denen sie jetzt auf der Wohlendorfer Pflegestelle ist, schon das ein oder andere von Ben „abgeguckt“. Bei ihrer ersten Begegnung mit Sabine Bachmann vor einigen Wochen in Hannover war die Hündin steif vor Angst. „Sie wollte sich überhaupt nicht bewegen. Ich musste sie ins Auto tragen. Sie hatte aber natürlich auch gerade eine kräftezehrende Reise aus Spanien hinter sich.“

Eine Frau (Sabine Bachmann) kniet vor einem Hund (Yoko) und hält ihm etwas hin.
Das erste Treffen: Sabine Bachmann musste die Angsthündin aus Spanien ins Auto tragen, weil sie sich nicht vom Fleck bewegen wollte. © Privat

In Wohlendorf angekommen, zog sich Yoko erst einmal sehr zurück, rollte sich zusammen, wollte mit Menschen nichts zu tun haben. „Man braucht bei solchen Hunden ganz viel Geduld, man darf sie nicht drängen, sonst machen sie dicht“, sagt Bachmann, die bisher vier Pflegehunde aus dem Tierschutz aufgenommen hat, immer mit dem Ziel, sie nach einer Eingewöhnungszeit an die richtigen Menschen weiterzuvermitteln. Im Gegensatz zu Yoko seien die anderen Hunde aber sehr zutraulich gewesen. Viele der Tiere aus Spanien seien außerdem sehr gut sozialisiert und verständen sich gut mit anderen Hunden.

Weitere Pflegestellen noch gesucht

„Wenn man es schafft, diese Tiere, die in Spanien keine Chance gehabt hätten, in ein passendes Zuhause zu vermitteln, dann ist das unheimlich schön. Wenn ich den Kontakt halte und sehe, wie gut es die Hunde getroffen haben, dann bin ich glücklich.“

Manchmal müsse sie sich mit Skeptikern auseinandersetzen, die argumentieren, dass es doch auch in Deutschland genug Tiere in den Tierheimen gebe – ob sie da wirklich noch weitere aus dem Ausland holen muss? Und überhaupt, sie könne doch nicht alle Tiere retten?

Sabine Bachmann lässt das völlig ungerührt. Jedes Tier, egal ob aus Spanien oder Deutschland, habe die Chance auf ein gutes Leben verdient. „Und wenn ich meinen Beitrag dazu leisten kann, dann will ich das tun.“ Ihr Wunsch ist, dass sich noch mehr Menschen in der Region finden, die sich bereit erklären würden, den Vierbeinern aus dem Tierschutz ein Zuhause auf Zeit zu bieten. Wenn jemand sich so etwas vorstellen könnte, aber noch Beratungsbedarf hat, könne er oder sie sich gerne an sie wenden.

Das Gleiche gilt auch für potenzielle Adoptanten der schönen Yoko. Die circa fünfjährige Hündin, die trotz aller Ängstlichkeit aber leinenführig und stubenrein ist, braucht ein ruhiges Zuhause, gerne an der Seite eines souveränen Hundes, an dem sie sich orientieren kann. Sie hat in Wohlendorf bereits große Fortschritte gemacht, gelernt, sich im Haus etwas zu entspannen, hat sogar das ein oder andere Mal mit dem Schwanz gewedelt, wenn das Pflegefrauchen in Sichtweite kam.

Hund Yoko liegt auf dem Sofa. Neben ihr sitzt eine Person die eine Hand auf den Kopf des Hundes gelegt hat.
Fortschritte: Es dauerte lange, bis Yoko sich auf dem Sofa streicheln ließ. Sie braucht Menschen, die viel Geduld haben und sie so nehmen, wie sie ist. © Reike Raczkowski

Angsthund Yoko läuft fort

Doch zur Wahrheit gehört auch, dass Yoko ein echter Angsthund ist: Wenige Tage nach dem Pressebesuch ist Yoko bei einem Spaziergang fortgelaufen. Eine Katastrophe, denn die Hündin lässt sich nicht locken, nicht anfassen und schon gar nicht einfangen.

Am Montag war sie bei einem Spaziergang am Wohlendorfer Deich Richtung Hülsen entlaufen und konnte erst am Mittwoch – in Dörverden – überzeugt werden, wieder mit nach Hause zu kommen. Drei furchtbare Tage nicht nur für Yoko, sondern auch für Sabine Bachmann. „So was ist natürlich ein Albtraum“, gibt sie zu. Doch gehöre so ein schreckliches Erlebnis absolut nicht zum Alltag als Pflegestelle. „Vor allem bekommt man von den Tieren unheimlich viel zurück. Es ist eine sehr dankbare Aufgabe.“

Wer mehr darüber wissen möchte, oder Yoko gerne einmal kennenlernen will, darf sich bei Sabine Bachmann unter Telefon 05165/291741 melden.

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