Leer gefegter Markt: Kaminholz ist das neue Mehl

Es ist eine nie gekannte Nachfrage: Der Markt für Kaminholz ist so gut wie leer gefegt ‒ im Juli, mitten in der Sommerhitze.
Landkreis Diepholz – Kein Gas mehr aus Russland und förmlich explodierende Energiepreise: Diese Lage hat eine nie gekannte Nachfrage nach Kaminholz ausgelöst. Aller Sommerhitze zum Trotz sind die Lagerhallen so gut wie leer gefegt. Detlef Rolappe von Bodes Holzexpress in Twistringen spricht bereits von „Panik“ und beschreibt die Nachfragen von Kunden so: „Jedes Krümelchen wird genommen!“ Will heißen: Kaminholz ist das neue Mehl.
AWG verkauft fünfzig Kubikmeter innerhalb von 2,5 Stunden
Diese Dynamik kann Sven Meyer, Leiter der AWG-Tochter Humus-Vermarktungsgesellschaft, nur bestätigen. Und nennt ein Beispiel aus dem Entsorgungszentrum der Abfall Wirtschafts Gesellschaft (AWG) in Bassum: „Am Freitag vergangener Woche sind um 10.30 Uhr fünfzig Kubikmeter Kaminholz angeliefert worden. Um 13 Uhr war schon alles vergriffen!“ Unglaublich hoch ist die Zahl der Anrufer auf der Suche nach Holz. Mangels Masse müssen Sven Meyer und seine Kollegen Kunden immer wieder vertrösten.
Auch das Telefon von Detlef Rolappe glüht. In nur drei Stunden (9.30 bis 12.30 Uhr) hat ihm sein Handy 72 Anrufe in Abwesenheit angezeigt. Seit 35 Jahren ist er im Kaminholz-Geschäft. „Das ist eine Extremsituation, so was habe ich noch nicht erlebt“, beschreibt er den Status quo. Der Twistringer bezieht die Rohware von Geschäftspartnern aus ganz Deutschland, aber auch aus der Ukraine (vormals auch aus Belarus). Nun kommen nur noch vereinzelte Lieferungen aus der Ukraine – zu stetig steigenden Preisen, sagt Detlef Rolappe. Das einstmals florierende Geschäft sei jetzt mit einem tröpfelnden Wasserhahn vergleichbar.
„Es gibt schon noch Holz. Wir bekommen immer wieder mal etwas rein“, beschreibt Sven Meyer die Situation bei der AWG. Sie bezieht ihr Holz aus dem Harz und aus dem Weserbergland. Regionalität mit kurzen Wegen ist der Abfall Wirtschafts Gesellschaft wichtig. Sven Meyer und seine Kollegen haben den Eindruck, dass die Menschen das Holz hamstern. Denn unter dem Strich werde „minimal weniger“ geliefert als in den Vorjahren. „Aber die Nachfrage ist so extrem hoch!“ In den vergangenen Jahren habe man sich im Juni und Juli stets die Frage stellen müssen: „Wo lagern wir was ein? Unsere Hallen waren voll.“ In diesem Juli sind die Kaminholz-Lager bis auf den letzten Krümel leer.
Limitierte Abgabe von Holz, damit alle etwas bekommen?
Wegen des enormen Drucks überlegen die Mitarbeiter der AWG nun, eine digitale Warteliste anzulegen. Gleichzeitig prüfen sie Möglichkeiten, wie – analog zum Mehl im Supermarkt – das Holz möglichst gerecht verteilt werden kann. Deshalb ist im Gespräch, künftig nur noch maximal drei Kubikmeter Kaminholz pro Kunde abzugeben. „Aber entschieden ist das noch nicht“, betont Sven Meyer.
In Folge explodierender Strom- und Gaskosten sind auch die Kaminholzpreise stark gestiegen. Kostete der Kubikmeter im vergangenen Jahr – je nach Anbieter – noch zwischen 75 und 95 Euro, so müssen Kamin- und Ofenbesitzer nun zwischen 129 und 135 Euro auf den Tisch legen. In früheren Jahren, blickt Detlef Rolappe zurück, seien die Kunden schon mal wortlos zu einem anderen Anbieter gewechselt, „wenn der drei Euro günstiger war“. Heute sei jeder froh, überhaupt noch Holz zu bekommen.
Sven Meyer sieht keine Anzeichen dafür, dass sich die Lage entspannen könnte. Im Gegenteil: Sie könnte sich im Herbst sogar noch verschärfen. Denn möglicherweise würden manche im Hochsommer noch gar nicht an den Kaminholz-Kauf denken. Auch kennt der Leiter der Humus-Vermarktungsgesellschaft Fälle, in denen Bürger ihren lange nicht mehr genutzten Kamin wieder reaktivieren wollen.