Jacqueline Knopp veröffentlicht zweites Buch über hochsensible Menschen

„Her mit den Reizen“ heißt das neue Buch der Weyherin Jacqueline Knopp. Über hochsensible „High Sensation Seeker“ schreibt sie zusammen mit Saskia Klaaysen.
Weyhe – Es gibt multitalentierte, hochsensible Menschen, die an ihrem widersprüchlichen Verhalten verzweifeln. Die Autorinnen Jacqueline Knopp aus Weyhe und Saskia Klaaysen geben mit dem Buch „Her mit den Reizen“ auf 376 Seiten Lebenstipps. Der Untertitel des Werkes erklärt, um was es den Autorinnen speziell geht: „Warum hochsensible Multitalente Reize in ihrem Leben brauchen, um glücklich zu sein“. Die Fragen stellte Sigi Schritt
Ihr beschreibt in eurem Buch Multitalente. Was sind das für Menschen?
Multitalente sind Menschen, die wissenschaftlich „High Sensation Seeker“ genannt werden, und die auf der einen Seite hochsensibel sind und Reize vermeiden wollen. Auf der anderen Seite sind es Menschen, die Reize in ihrem Leben suchen und brauchen. Ein Reiz kann dabei aus der Umgebung kommen – beispielsweise durch Lautstärke – oder aus dem Inneren entstehen, etwa aufgrund von Gedanken.
Woran erkennt man, dass eine Person hochsensibel ist?
Hochsensible Manchen erkennt man daran, dass sie sehr empathisch sind und sensibel in Bezug auf bestimmte Sinne. Sie nehmen im Bereich hören, sehen oder fühlen mehr wahr und sind empfindlicher für bestimmte Sinne als andere. Ein Beispiel: Jemand, der eine sehr feine Nase hat und Gerüche ausmachen kann, die für andere Menschen noch nicht so deutlich wahrnehmbar sind. Ein anderes Beispiel ist eine Person, die in einen Raum kommt und sofort die Stimmung einschätzen kann. Eine weitere Sache, die hochsensible Menschen ausmacht, ist die tiefgehende Verarbeitung von Gedanken und erlebten Situationen, was sich zum Beispiel zeigt, indem sie grübeln, viel nachdenken oder in ihren Träumen sichtbar wird. Ein letzter Aspekt ist die emotionale Intensität. Hochsensible Menschen erleben sowohl positive als auch negative Emotionen besonders intensiv.
Was sind die Anzeichen?
Hochsensible Personen sind schnell überreizt, da ihnen bestimmte Situationen, in denen sie sich befinden, zu viel sind, daher ist das ein Anzeichen für Hochsensibilität.
Warum ist das gut, das zu wissen?
Es ist gut, zu wissen, ob man hochsensibel ist (und vielleicht auch Multitalent), um sich selbst besser zu verstehen. Mithilfe der Begriffe kann man nach Literatur, Podcasts oder Ähnlichem suchen, sodass man noch mehr zum Thema und somit auch über sich selbst erfahren kann, oder auch Menschen finden kann, die sich ähnlich einschätzen, sodass man sich mit ihnen austauschen kann.
Was sind deren Probleme und Herausforderungen?
Herausforderungen von hochsensiblen Menschen sind zum Beispiel, dass es ihnen oft schwerfällt einzuschätzen, welches ihre eigenen Gefühle sind und was die Gefühle von anderen Menschen sind. Eine weitere Herausforderung stellt das Thema Abgrenzung dar. Es fällt schwer, sich von Menschen oder Gefühlen anderer Menschen abzugrenzen und Nein zu sagen.
Es gibt unter den hochsensiblen Menschen eine ganz spezielle Gruppe. Was zeichnet die aus?
30 Prozent der hochsensiblen Menschen sind sogenannte High Sensation Seeker. Sie werden Scanner-Persönlichkeiten oder Multitalente genannt. Sie sind auf der einen Seite hochsensibel und können daher schnell überreizt sein, auf der anderen Seite brauchen sie aber unbedingt Reize in ihrem Leben, um glücklich zu sein. High Sensation Seeker zeichnen sich zudem dadurch aus, dass sie sich Veränderung und Erneuerung oder physische Erfahrungen wünschen, aus denen dann intensive Gefühlserfahrungen entstehen. Sie sind schnell gelangweilt, vermeiden daher Alltagstrott, Routine und Langeweile und besitzen meist eine oder mehrere Eigenschaften der Enthemmung. Enthemmung bezieht sich auf Alkohol, Sex oder Drogen, aber genauso geht es um Gaming, zu viel shoppen oder zu viel Süßigkeiten essen.
Pausen, Ruhe und keine Überreizungen sind gut gemeinte Ratschläge, die aber auf diese spezielle Personengruppe nicht zutreffen. Warum?
Die meisten Tipps für hochsensible Personen beziehen sich bisher auf die Menschen, die nur hochsensibel sind. Die anderen 30 Prozent der hochsensiblen Personen, die allerdings High Sensation Seeker sind, verzweifeln daran, fragen sich, was mit ihnen los ist und wundern sich, warum sie auf der einen Seite zum Beispiel liebend gerne mit Menschen zusammen arbeiten und ihnen auf der anderen Seite auf einmal alles zu viel wird.
Aber das ist doch widersprüchlich, oder?
Ja, hochsensible High Sensation Seeker können widersprüchliche Gefühle und Verhaltensweisen zeigen oder von außen so wahrgenommen werden. Sie sind vielleicht enthusiastisch für eine neue Chance, die auch eine Herausforderung mit sich bringt, und im nächsten Moment haben sie großen Respekt vor den Risiken, die damit einhergehen. Auf der einen Seite sind sie sehr empathisch und auf der anderen Seite können sie sehr unfreundlich werden, wenn ihnen alles zu viel ist, sie komplett überreizt sind. Wenn man die Dynamik versteht, und versteht, warum man selbst oder andere sich auf Grund von Unter- und Überreizung so verhält, ist es nicht mehr widersprüchlich, sondern wird logisch.
Gilt das für Kinder, Jugendliche und Erwachsene?
Ja, alle Menschen können hochsensibel und zudem High Sensation Seeker sein. Ich hatte zum Beispiel als Kind schon eine Liste an Aktivitäten und Ideen, was ich schnell machen kann, wenn Langeweile aufzukommen droht.
Wie ist die Strategie, ein Burn-out zu verhindern?
Das Thema Burn-out ist komplex und kann bei hochsensiblen High Sensation Seekern gleichzeitig mit einem sogenannten Bore-out auftreten. Beides entsteht aus der Dynamik zwischen Unter- und Überreizung. Bei den Reizen, die man von außen oder innen wahrnimmt, geht es auch um die Reizqualität und die Reizintensität. Das bedeutet, ein schwacher Dauerreiz wie eine bestimmte Lärmbelastung muss genauso mit einbezogen werden, wie kurze, starke Reize, auf Grund eines großen Streits. Bei der Qualität der Reize geht es darum, Dinge zu erleben, die einen glücklich machen, auch wenn sie einen als hochsensible Person dennoch ermüden können und man danach Pause braucht.
Was ist eure Botschaft?
Die Botschaft des Buches ist, dass alle hochsensiblen Menschen, die sich nicht nur Ruhe, Pausen und weniger Reize wünschen, nicht alleine sind.
Was sind eure Tipps, das Leben der Menschen besser zu gestalten?
Ein großer Tipp ist es, sein eigenes widersprüchliches Verhalten zu verstehen und zu akzeptieren. Ein weiterer Tipp für Scanner-Persönlichkeiten ist, seinen eigenen Weg zu gehen und falls man Angst vor Ablehnung hat, daran zu arbeiten.
Weshalb publiziert ihr euer Buch im Selbstverlag?
Das Thema ist ein Nischenthema, daher stoßen Menschen über Beiträge von mir und anderen auf das Thema. Ob das Buch in einer Verlagsbroschüre erscheint oder nicht, macht dabei keinen großen Unterschied. Meine Erfahrung mit meinem vorherigen Buch hat mir gezeigt, dass wenige Menschen durch den Verlag und dessen Marketing auf mein Buch aufmerksam werden. Finanziell ist es generell schwer, von Büchern zu leben, aber die Tantiemen sind auf jeden Fall größer, wenn man ohne Verlag veröffentlicht.
Wie kommt ihr darauf, gemeinschaftlich ein Werk zu schreiben?
Der Kontakt zwischen Saskia Klaaysen und mir ist über Instagram entstanden, da wir in beiden Sprachen zum gleichen Thema Beiträge geteilt haben. Wir haben zufällig beide an der Universität Groningen studiert, und ich spreche aus meiner Zeit dort fließend Niederländisch.