Warnstreik bei der Post: Zusteller legen in Bruchhausen-Vilsen die Arbeit nieder

Die Paket- und Postzusteller aus der Region legen am Freitag und Samstag die Arbeit nieder. Dabei bestreiken die Mitarbeiter den Zustellstützpunkt Bruchhausen-Vilsen.
Bruchhausen-Vilsen/Landkreis – Der alte Tarifvertrag für die Beschäftigten der Post ist im Dezember ausgelaufen. Fünfzehn Prozent mehr Gehalt und 200 Euro mehr für Azubis fordern die Mitarbeiter nun, die am Freitag in einen zweitägigen Warnstreik getreten sind. Am Zustellstützpunkt Bruchhausen-Vilsen kamen rund 100 Paket- und Postboten aus Syke, Bassum, Dörverden, Sulingen und Eystrup zusammen, um der Forderung Nachdruck zu verleihen.
„Heute und morgen gibt es keine Post – und auch keine Mahnungen und Rechnungen“, sagt einer der Streikenden aus der Menge, bei dem das Gehalt infolge der allgemeinen Inflation nicht mehr reiche. „Es geht ums Geld, es geht um das Monetäre“, erklärt Verdi-Mann Timo Wunram, der den Warnstreik mit organisiert. Er brachte dem Standortleiter den Streikaufruf. Das sei ohne Aufregung und böses Blut zur Kenntnis genommen worden. „Die meisten Standortleiter sind in der Gewerkschaft“, sagt Wunram. Am Montag soll die Post wieder normal ausgetragen werden.
Laut Wunram seien 85 Prozent der Beschäftigten im Unternehmen in der Entgeltgruppe eins bis drei. Zusteller verdienten demnach als Einstiegsgehalt 2.000 bis 2.400 Euro brutto. Gleichzeitig habe der Konzern im vergangenen Jahr 8,3 Milliarden Euro Gewinn verbucht – den höchsten Gewinn in der Firmengeschichte. Außerdem habe sich der Post-Vorstand vor Kurzem 24 Prozent mehr Gehalt genehmigt. Das sei Anfang Januar auf einer Info-Veranstaltung für Mitarbeiter im Bremer Pier 2 kommuniziert worden, erzählt Postbote Jores Pichardo-Uribe.

„Es ist ein von unten nach oben verteilen“, klagt lautstark eine Post-Mitarbeiterin während des Warnstreiks. „Wir schleppen heute Pakete bis 31,5 Kilo. Das haben früher Paketboten gemacht. Wir bringen es weg, wir sind an der Front bei Wind und Wetter. Das geht auf unsere Gesundheit!“, sagt sie und zeigt auf eine ältere Kollegin. „Wenn Du aufhörst, weil Du nicht mehr kannst, dann kommt ein Neuer für weniger Geld. So sieht das aus!“
Die Mitarbeiter wussten bis Freitagmorgen nichts von dem Streik, so Wunram. „Da schaute ich erst mal in verdutzte Gesichter heute früh, aber dann wussten sie: Ah, Streik!“ Wunram ist im Betriebsrat und Vertrauensperson. Heute ist er als Verdi-Mitglied vor Ort.
Nach einer sogenannten Streikregistrierung am Morgen erhalten die Post-Mitarbeiter ein Streikgeld aus der Streikkasse der Gewerkschaft für den entfallenen Arbeitstag. Postbeamte dürfen dagegen nicht am Streik teilnehmen, sie müssen arbeiten. Sie haben Arbeitsverträge aus der Zeit, als die Deutsche Post noch keine Aktiengesellschaft war, sondern ein Staatsunternehmen.

Streikbrecher, also Mitarbeiter, die nicht am Streik teilnehmen wollen, gebe es laut Wunram keine.
Ein Nebeneffekt der Aktion: Viele Post-Mitarbeiter konnten und sind vor Ort direkt in die Gewerkschaft Verdi eingetreten. So auch Karsten Jensch, der seit 24 Jahren bei der Post beschäftigt ist. Einen Streik habe er noch nie mitgemacht. „Ich wollte erst nicht und habe heute Morgen überlegt, mich dann aber doch dazu entschieden mitzumachen“, so der Dörverdener. „Gruppenzwang!“ ruft jemand in die aufgelockerte Stimmung. An einer Feuertonne wärmen sich Mitarbeiter auf, ein Grill soll später angefeuert werden.
Dabei sei die Stimmung unter den Mitarbeitern der Post gut, heißt es in der Runde: „Alle, die hier sind, machen ihren Job eigentlich gerne und die Arbeit macht Spaß, aber die Bedingungen müssen stimmen“, ergänzt eine alleinerziehende Mutter. Sie möchte namentlich nicht genannt werden. Bei ihr reiche das Geld nicht mehr.