Auflösung abgewendet: Freilichtbühne Wagenfeld spielt wieder

Die Freilichtbühne Wagenfeld hat ihre drohende Auflösung abgewendet. Nachdem sich im Winter neue Laienspieler gefunden hatten, haben jetzt die Proben für den plattdeutschen Dreiakter „De Neegste bidde“ begonnen.
Wagenfeld – Die Freilichtbühne Wagenfeld probt wieder! Was in früheren Jahren eine eher unspektakuläre Nachricht war, weil die Laienschauspieler eben immer im Frühjahr mit der gemeinsamen Lesung für den kommenden Sommer beginnen, ist dieses Mal eine kleine Sensation. Denn lange schien es so, als wäre die Saison 2022 die letzte gewesen.
Viele altgediente Spieler wollten aufhören, neue hatten sich trotz wiederholter Aufrufe nicht gefunden, und so drohte die Auflösung kurz vor dem 60. Geburtstag, der nun in diesem Jahr doch gefeiert werden kann. Eine kleine Hintertür hatte sich die Theatergruppe offengelassen. Sollten sich über den Winter doch noch genügend neue Spieler finden, sollte es weitergehen.
Eine paar der erfahrenen Laienspieler hatten schon beim Saisonabschluss signalisiert, dass sie weitermachen wollen, doch das hätte nicht gereicht, erklärt Organisator Christian Maas. Dann kam eine E-Mail von Heike Sander. Sie hatte in der Kreiszeitung von der drohenden Auflösung und der Suche nach neuen Spielern gelesen und meldete Interesse an. „Ich fand es spannend und wollte es mal ausprobieren“, erklärt sie bei der ersten gemeinsamen Lesung, zu der die neue Truppe am Donnerstagabend zusammenkam.
Heinz Wolbers, ein Emsländer, den es aus familiären Gründen in die Region gezogen hat, wurde aus seinem privaten Umkreis für die Freilichtbühne angeworben. Lange überlegen musste er nicht. „Ich konnte mir das gut vorstellen“, sagt der Mann mit reichlich Erfahrung als Laienspieler. Denn in seiner alten Heimat stand er bereits mit zwei Gruppen auf der Bühne. Die Wagenfelder Freilichtbühne kennt er schon als Zuschauer.
Johann Kleene ist der zweite Emsländer im Bunde, der seit Kurzem in der Region wohnt und völlig unerwartet zum Schauspieler wurde. „Ich habe mein Auto zum Arzt gebracht“, sagt er schmunzelnd. Er kam mit dem Mechaniker auf plattdeutsch ins Gespräch, und bevor er sich versah, hatte der ihn überredet, es mal mit der Laienspielerei zu versuchen. Denn der „Autodoktor“ war Freilichtbühnen-Veteran Wilhelm Schröder, der übrigens ebenfalls wieder mit von der Partie ist. Außerdem können sich die Besucher auf ein Wiedersehen mit Thorsten Rumpke, Annika Hartrampf und Timo Friedhoff freuen. Auch Susanne Döpke ist wieder dabei, „weil es zeitlich jetzt passt. In eine andere Person zu schlüpfen, finde ich sehr interessant“, beschreibt sie ihre Motivation. Der Jüngste im Ensemble ist Florian Sitzmann. Er war 2022 schon für die Technik mitverantwortlich und traut sich nun zum ersten Mal auf die Bühne.
So kam eins zum anderen. „Dann hatten wir urplötzlich neun Spieler“, erinnert sich Christian Maas. Und damit lässt sich arbeiten. Sehr gut sogar. Denn in der Vergangenheit war es oft schwierig, ein Stück für wenige Spieler zu finden. Mit einem großen Ensemble und einer guten Mischung aus jung und alt, Frauen und Männern war die Auswahl deutlich größer.
Carsten Falldorf ist als Regisseur ebenfalls wieder mit von der Partie. „Darüber sind wir sehr froh“, betont Christian Maas. Denn auch Carsten Falldorf hat schon reichlich Erfahrung auf der Freilichtbühne. „Ansonsten hätten wir uns einen auswärtigen Regisseur suchen müssen“, so Maas. Denn ohne geht es schließlich genauso wenig wie ohne Spieler. Und damit alle im rechten Licht stehen und gut zu verstehen sind, muss auch die Technik stimmen. Darum kümmert sich Leon Meyer.
„Wir freuen uns sehr, dass wir's jetzt angehen können“, sagt Christian Maas. Die Hoffnung ist natürlich groß, dass die Neuen so viel Spaß am Schauspielern finden, dass sie auch in den kommenden Jahren weitermachen – und mit ihrer Begeisterung vielleicht weitere mitziehen.
Aufführungen: Die Freilichtbühne Wagenfeld feiert wie gehabt am Wochenende nach dem Schützenfest im Alten Hestern Premiere, also in diesem Jahr am 1. Juli. Bis zum 29. Juli sind 13 Aufführungen geplant. Gespielt wird samstags und mittwochs ab 20 Uhr und sonntags ab 16 Uhr.
Das Stück: „De Neegste bidde“ von Hans Simmel
In der Arztpraxis von Dr. Brockmöller geht es normalerweise recht beschaulich zu. Man kennt seine Mitmenschen und ist auch ansonsten eher von der unkonventionellen Art, wenn es um die Behandlung seiner Patienten geht. Überweisungen gibt es nur selten, denn der Herr Doktor behandelt alles selbst. Ob es nun darum geht, dem Dorf-Casanova zu mehr Standfestigkeit zu verhelfen oder bei dem speziellen Kunden Willi auch als Psychiater tätig zu werden, ist dabei absolut unwesentlich.
Dr. Brockmöllers große Leidenschaft gehört allerdings der Forschung. In seiner Freizeit hantiert und experimentiert er mit allerlei Pülverchen und Kräutern, da er der festen Überzeugung ist, eines Tages ein Medikament zu entwickeln, das alle Krankheiten heilen kann. Versuchsobjekte hat er in Form seiner Patienten genug, bis auf einmal ein paar unbeabsichtigte Nebenwirkungen auftauchen.
Zunächst stören sie ihn und seine Probanden wenig – bis im Gemüsegärtchen von Bauer Groth, dem er eines seiner selbst entwickelten Mittelchen gegen Blasenschwäche und Rheuma verschrieben hat, die Pflanzen und das Gemüse ein gigantisches Wachstum entwickeln. Dass er zur Düngung auch seinen Eigenurin benutzt hat, erzählt Bauer Groth stolz in der Zeitung. Daraufhin dauert es natürlich nicht lange, bis einige Leute ein Geschäft wittern und die Spur bis zu Dr. Brockmöller zurückverfolgen, den sie als den Urheber des Ganzen ausmachen.