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„Unsere zukünftige Energieversorgung“: Volles Haus bei Infoveranstaltung in Twistringen

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Von: Katharina Schmidt

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Volles Haus: Die Informationsveranstaltung ist gut besucht.
Volles Haus: Die Informationsveranstaltung ist gut besucht. © Schmidt

Um Energie, Wärme, Elektromobilität und Klimaschutz drehte sich eine gut besuchte Bürgerinformationsveranstaltung im Twistringer Rathaus. Sie wurde organisiert von der Initiative Bürgerdialog Stromnetz, der Stadt Twistringen und der Volkshochschule (VHS).

Twistringen – Die Folgen des Klimawandels könnten Deutschland bis zum Jahr 2050 bis zu 900 Milliarden Euro kosten. Mit diesem alarmierenden Ergebnis einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz beauftragten Studie leitete Jonas Töpken am Dienstagabend die Bürgerinformationsveranstaltung „Unsere zukünftige Energieversorgung“ im Twistringer Rathaus ein.

Jonas Töpken ist regionaler Ansprechpartner vom Bürgerdialog Stromnetz, einer Informationsinitiative vom Bundeswirtschaftsministerium. Bürgerdialog Stromnetz hatte gemeinsam mit der Stadt Twistringen und der Volkshochschule (VHS) zu der Veranstaltung im Rathaus eingeladen. Mehr als 80 Zuhörerinnen und Zuhörer lauschten kurzen Vorträgen rund um das Thema Energie.

„Ich weiß nicht, wann der Ratssaal diese Fülle hatte, toll!“, freute sich Bürgermeister Jens Bley. In einem Grußwort prognostizierte er den Anwesenden: „Sie werden in Zukunft noch mehr Windräder sehen als jetzt schon, und das ist auch gut so.“ Windkraft sei eine tragende Säule der Energiewende. Ebenso spiele Photovoltaik eine große Rolle.

Weiter führte Bley aus: „Wir werden uns in Twistringen auch mit dem Thema Wärmeplanung auseinandersetzen: Wo ist eigentlich der Wärmebedarf, wo wird Wärme produziert, und wo wird vielleicht zu viel Wärme verbraucht?

Der menschengemachte Klimawandel müsse eingedämmt werden, ohne dabei die Gesellschaft zu spalten – Stichwort Energiepreise. Bley: „Ich bin mir gewiss: Wenn wir auch mal Wege gehen, die vielleicht vor fünf bis zehn Jahren niemals gegangen wären, und diesen Mut beweisen, dann finden wir Lösungen.“

Impulsvortrag bei Veranstaltung im Twistringer Rathaus: Über den steigenden Energiebedarf

Dr. Thomas Leveringhaus von der Universität Hannover war einer der Referenten bei der Informationsveranstaltung. „Der Energiebedarf der Welt, Europas und Deutschlands wird steigen. Er wird immens steigen“, erklärte er. Die Industriestaaten hätten jetzt schon einen hohen Verbrauch, Entwicklungs- und Schwellenländer würden nachziehen. Leveringhaus lieferte mehrere Gründe, warum nicht alles so bleiben kann, wie es jetzt ist. „Die Importe von Energierohstoffen kosten Europa und Deutschland viel Geld“, führte er als einen Grund an. Außerdem enge die Rohstoffabhängigkeit von anderen Ländern den politischen Handlungsspielraum ein. Nicht zuletzt zwinge der durch Treibhausgase verursachte Klimawandel zu einer Energiewende.

Rund ein Drittel Solar- und zwei Drittel Windenergie: So sieht laut Leveringhaus die Grundlage für ein nachhaltiges Energiesystem aus. Außerdem „müssen wir natürlich Energie sparen, wo wir können.“ Als weitere wichtige Bausteine für die Energiewende nannte er den nationalen und internationalen Austausch von Energie, Speichersysteme, biogene und synthetische Kraftstoffe sowie mehr Effizienz.

Ein spannender Randaspekt aus Leveringhaus’ Vortrag: Deutschland war bis 2010 Weltmarktführer in der Solarbranche. China hat diese Rolle übernommen und liefert heute rund 90 Prozent der weltweiten Solarmodule.

Forschungsprojekt: Energieplattform in Twistringen

Das Energieunternehmen Avacon stellte das Projekt Energieplattform Twistringen vor. Dabei handelt es sich um einen Feldversuch in der Twistringer Ortschaft Abbenhausen, der Teil des europäischen Forschungsprojektes Platone ist. Im Kern geht es darum, durch bessere Steuerung das Stromnetz zu entlasten und somit noch mehr Grünstrom aufnehmen zu können. Herzstück des Versuches ist ein großer Batteriespeicher, der zum Beispiel die Energie von privaten Solaranlagen vorübergehend speichert.

Elektromobilität leistet Beitrag zur Energiewende

Oliver Krüger, unter anderem bekannt durch seinen Elektroauto-Blog und Youtube-Kanal „163 Grad“, sagte den Zuhörerinnen und Zuhörern voraus: „Ob Sie Elektroautos doof finden oder nicht: Sie werden elektrisch fahren. Punkt, aus“. Die Förderung fossiler Brennstoffe sei teuer, Deutschland müsse diese Stoffe importieren und es entstehe CO2 beim Verbrennen. Außerdem seien fossile Brennstoffe limitiert. „Das heißt: Irgendwann wird jemand ins Loch gucken und sagen: Da ist nichts mehr drin“, verdeutlichte er. Dann werde es übel, denn Erdöl werde zum Beispiel auch für die Produktion von Medikamenten verwendet. Öl, Gas und Kohle seien „zu schade, um sie zu verbrennen“.

Und wenn abends alle auf einmal den Stecker reinstecken, um ihr Auto zu laden? Krüger zog einen Vergleich: Auf einem Kreuzfahrtschiff für 2500 Passagiere würden es auch keine 2500 Toiletten oder 2500 Stühle im Restaurant geben. „Die wollen nicht alle dasselbe zur selben Zeit.“ Genauso sei es bei E-Autos. Ein weiterer Vergleich, den Krüger brachte: Rein rechnerisch würden momentan auf eine Zapfsäule für Sprit in Deutschland 599 Autos kommen – und die würden auch nicht alle gleichzeitig tanken.

Die Ladeinfrastruktur müsse natürlich trotzdem ausgebaut werden, insbesondere an Orten, an denen sich Menschen aufhalten, damit sie zum Beispiel beim Einkaufen nebenbei laden können.

„Das Elektroauto alleine rettet nicht die Welt. Aber in einer geretteten Welt fahren alle Autos elektrisch“, fasste Krüger zusammen.

Wärmewende: Häuser richtig dämmen

Zum Abschluss gab Hauke Herdejürgen von der Klimaschutzagentur Mittelweser Impulse zum Thema „Die Wärmewende – wo geht die Reise hin?“ 29 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland würden auf Privathaushalte fallen, berichtete er.

Hauke Herdejürgen von der Klimaschutzagentur.
Hauke Herdejürgen von der Klimaschutzagentur. © Schmidt, Katharina

Um die Energieeffizienz von Gebäuden zu steigern, lautete sein erster Ratschlag: „Dämmen Sie, was zu dämmen geht.“ Weitere Punkte seien zum Beispiel eine effiziente Wärmeversorgung mit einem Heizsystem, was zum Eigentümer passt – nicht jeder kann zum Beispiel Holzpellets schleppen und lagern – sowie effiziente Lüftungs- und Klimaanlagen.

Die Klimaschutzagentur Mittelweser informierte unabhängig und neutral Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen rund um Energiesparen und Klimaschutz.

Im Anschluss an die Impulsvorträge hatten die Zuhörerinnen und Zuhörer Gelegenheit, sich an Infoständen mit den Referenten auszutauschen.

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