Die Muschel-Mission: Ehrenamtliche siedeln in Twistringen Hunderte Muscheln um

In einer Tongrube neben der Alten Ziegelei Sunder in Twistringen sollen Jung und Alt künftig Fossilien sammeln können. Derzeit sammeln Ehrenamtliche dort aber noch was ganz anderes: Muscheln. Wir haben die Muschelsucher auf ihrer Mission begleitet.
Twistringen – „Oh, da hebt wi den Schiet!“ Der Gummistiefel steckt im tiefen Schlamm fest. Die Ehrenamtlichen des Twistringer Heimatvereins sowie des Fischereivereins schmunzeln, bergen den Stiefel, und weiter geht’s. Ausgerüstet mit großen Eimern suchen sie den matschigen Boden nach Muscheln ab.
In erster Linie geht es ihnen um die sogenannten Großen Teichmuscheln. In all dem Schlamm sind sie trotz ihrer recht hellen Schale kaum zu erkennen, aber die Helfer haben inzwischen ein gutes Auge dafür. Seit ein paar Tagen kommen sie regelmäßig zur Tongrube westlich der ehemaligen Ziegelei Sunder, um Hunderte Muscheln umzusiedeln. Jede Einzelne sammeln sie mit per Hand auf.

Über die Jahre war die Tonkuhle mit Regenwasser vollgelaufen. Wie berichtet, wird ein großer Teil davon jetzt abgepumpt, um eine Fossiliensammelstelle zu schaffen. Für die Muscheln heißt das: Auf zu neuen Ufern. Direkt nebenan gibt es eine weitere Tongrube voller Wasser. Die wird ihr neues Zuhause.
Ein paar Tage können Muscheln auch ohne Wasser überleben, indem sie sich im Schlamm eingraben. Die freiwilligen „Umzugshelfer“ vom Heimat- und Bürgerverein sowie vom Angelverein lassen trotzdem nie allzu lange auf sich warten. Denn zum Beispiel für Reiher wären die Muscheln ein gefundenes Fressen. Auch Nutrias oder Bisamratten, eigentlich eher Vegetarier, verspeisen dann und wann mal Muscheln.

Ehrenamtliche packen in Twistringen mit an
So oder so: Auf dem Trockenen würden die Muscheln nicht lange überleben. „Das wäre schade um die Tiere“, findet Ian Beuke vom Twistringer Fischereiverein. Deswegen packt er ehrenamtlich mit an, ebenso wie Vereinskollege Ken Knippenberg sowie Alfred Meyer und Martin Lütjen vom Heimatverein.

Die Großen Teichmuscheln deuten auf eine gute Wasserqualität hin, erklärt Martin Lütjen, während er sich auf den Weg zum nächsten Uferstück durch eine stark zugewachsene Böschung kämpft. „Diese Muschel braucht relativ klares Wasser“, erzählt er. Die Tiere selbst würden das Wasser zusätzlich reinigen: „Die Muscheln setzten sich mit ihrem Fuß im Schlamm fest. Dann öffnen sie sich und filtern das Wasser durch ihre Mundöffnung. Da bleiben kleine Schwebeteilchen stecken.“
Auch andere Tiere lassen sich in der Tonkuhle blicken, zum Beispiel der mehrere Zentimeter lange amerikanische Flusskrebs, der sich hierzulande breit macht und heimische Arten verdrängt. Was ursprünglich auch nicht in heimische Gewässer gehört, aber in der Tonkuhle zuhauf zum Vorschein kommt: alte Glasflaschen.

Die Tongrube in Twistringen ist noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich
Die Tonkuhle ist noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Bis es so weit ist, wird es auch noch ein Weilchen dauern. Selbst wenn das Wasser bis zu der Ebene, wo die Fossilien gesammelt werden sollen, weg ist, bleibt der ganze Schlamm. Die Hänge werden trocknen müssen, das braucht Zeit. „Es dauert garantiert einen Sommer, bevor das alles trocken ist“, schätzt Martin Lütjen.
Während sich die Eimer stetig beim Muschelsammeln füllen, leisten am hinteren Ende der Tonkuhle zwei Elektropumpen ihren Dienst. Sie sind auf einem Floß befestigt und leiten das Wasser in die nahe gelegene Ellernbäke. Die Bremer Firma Polycon hat die Pumpstation zusammen mit dem Bauhof aufgebaut. Jede Pumpe könnte 150 Liter pro Minute befördern, die Geräte laufen aber nicht auf voller Leistung.

In ein Restgewässer, das in der Grube bleiben wird, werden später circa 50 der aufgesammelten Muscheln zurückgesetzt, um sicherzugehen, dass die Tiere auch dort erhalten bleiben. Umgesiedelt wurden schon rund 500 Muscheln.